Berliner Debatte Initial
Mann und Frau in Männerland
8 Seiten | Autor: Bert Thinius
Der durch seine Bundestagsstudie zur „Identitätsfindung Jugendlicher in den neuen Bundesländern“ berühmt zu werden drohende Kölner Pädagoge Professor Dr. Dr. J. Niermann bilanzierte nach jahrelangem Kopfzerbrechen, daß Forschungsarbeiten von „Forschungsinstituten und Forschern aus der ehemaligen DDR (die jetzt noch in den fünf neuen Bundesländern arbeiten), politisch respektabel“ sein können, „wissenschaftlich sind sie als Aussage über die Wirklichkeit noch nicht einmal das Papier wert“. SOFORT will er die „Absetzung aller Leitbilder: vom Erzieher über den Lehrer, Professor, Rundfunksprecher...“. Sein den Blick verzerrender Haß ist allzu deutlich. Kann sein, der Mann hat keinen Einfluß. Oder plappert er nur unvorsichtig aus, was die Stunde schlug? Sollten wir ihm dankbar mit Shakespeare entgegenhalten: „Ihr habt richtiger gesprochen, als eure Absicht war“, und es gescheiter nehmen, als er dachte?
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Ostwissenschaft im Taumel
3 Seiten | Autor: Ralf Possekel
Inzwischen ist bereits ein drittes Jahr angebrochen, ohne daß für viele akademisch Tätige im Osten Deutschlands ein Zustand vergeht, der vielleicht am ehesten als andauernde Benommenheit charakterisiert werden kann. Zumindest für viele ehemals als Gesellschaftswissenschaftler figurierende ist mit dem abrupten Wegbrechen des Jahrzehnte fixen sozialen und politischen Koordinatensystems, das offen oder unausgesprochen den Kontext von Affirmation, Vertiefung, Kritik oder Ablehnung bildete, eine Situation eingetreten, wo selbst ein genialer Gedanke sich seines Zusammenhanges mit einem fortlebenden Diskurs versichern muß, wo selbst der unbefristet Angestellte um seine Stelle bangt, oder, wie es ein prominenter Historiker einmal formulierte, wo Priesterplötzlich ohne Tempel sind. Was aus der Ferne vielleicht als von Lebenskraft zeugende Mobilität im akademischen Sektor erscheinen mag, ist wohl ein vielfach eher ohnmächtiger Taumel zwischen verschiedenen Projektideen und ungewissen Finanzierungen, zwischen Neubewerbung und Umschulung, zwischen Vorruhestand und Arbeitslosigkeit, zwischen Go West und ABM-Stelle, zwischen eigenen Ideen und den verdeckten Theoremen westlicher Diskurse, zwischen Altlasten und neu berufenen Professoren...
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Chancen für ostdeutsche Sozialwissenschaftler?
2 Seiten | Autor: Hans Bertram
Im Dezember1991 trat die „Kommission zur Erforschung des politischen und sozialen Wandels in den neuen Bundesländern“ (KSPW) mit der ersten Ausschreibung von Kurzstudien an die Öffentlichkeit. Einer Empfehlung des Wissenschaftsrates folgend war die KSPW gebildet worden, um beim Übergang aus dem DDR-Wissenschaftssystem in das der BRD speziell ostdeutschen Sozialwissenschaftlern Forschungs- und Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, solange universitätsnahe sozialwissenschaftliche Forschung noch nicht etabliert ist. Die KSPW soll aber auch Forschungsergebnisse zum sozialen Umbruch in Ostdeutschland einbringen, insbesondere auch solche, die der Politik nutzen .Naturgemäß haben die Geldgeber· das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und das Bundesministerium für Forschung und Technologie - hier besondere Interessen: „Arbeitsmarktforschung, Industrie- und Techniksoziologie, Sozialpolitik, Verwaltungs- und Kommunalpolitik, normative Regulierung von Arbeit...“ Aber auch „Lebensorientierungen, Jugendforschung, soziale Ungleichheit, Parteien und Verbände, Bildung und Erziehung, Regionalisierung“ etc. waren in der ersten Ausschreibung im Dezember 1991 gefragt.
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1989 - Das Ende einer „Langen Welle“?
5 Seiten | Autor: Erhard Crome
Nach dem epochalen Scheitern des Realsozialismus setzte naturgemäß eine erneute kritische Marxdiskussion ein. Immerhin waren die revolutionär- sozialistischen Parteien nach 1917 in Rußland und ab Mitte der 1940er Jahre in anderen osteuropäischen Ländern mit dem Anspruch angetreten, den Marxismus nunmehr in die Tat umzusetzen. Seitdem gehörte es zur Selbstlegitimation bzw. Selbstrechtfertigung der herrschenden Parteiführungen, die geübte Praxis des „sozialistischen Aufbaus“ als Verwirklichung der „Lehren des Marxismus-Leninismus“ zu deklarieren. In diesem Sinne galt ihnen die Etablierung und Entwicklung „des Sozialismus“ in den Ländern „der sozialistischen Staatengemeinschaft“ als herausragender Sieg des Marxismus, gewissermaßen als Vergegenständlichung der Marxschen Lehre.
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Immer mal wieder
5 Seiten | Autor: Uwe Kühnert
Beinahe hätte man es gar nicht mehr so recht wahrgenommen. Was in den 70er Jahren noch europaweites „linkes“ Mitgefühl ausgelöst hatte, ging jetzt- nicht zuletzt auch im Trubel der Ereignisse in Jugoslawien und der früheren Sowjetunion - fast völlig unter. Das ist jedoch nicht nur damit zu erklären. Es waren auch schon deutliche Abnutzungserscheinungen in der früher oft und gern geführten Debatte um das Leitbild sozialer Gerechtigkeit in der Marktwirtschaft zu verzeichnen.
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„Demokratischer Sozialismus“
7 Seiten | Autor: Frank Berg
Der nachfolgende Artikel erinnert in seiner Form an Begriffsbestimmungen wissenschaftlicher Wörterbücher. Diese Form ist bewußt ,gewählt, weil sie den Vorzug eines thematischen Überblicks hat und zur Konzentration zwingt. Der damit verbundene Nachteil einer eher thesenhaften, verkürzten Darstellung mag durch den Versuch gerechtfertigt erscheinen, eigene Intensionen, Interpretationen und Impulse zu entfalten. Die großen ideologischen Grundströme des 19./20. Jahrhunderts - Konservatismus, Liberalismus, Sozialismus - haben längst nicht mehr jene politische Kristallisationskraft wie noch vor Jahrzehnten. Ihre traditionellen sozialstruktureilen Grundlagen, ihre Spezifika und Differenzen haben sich sehr stark relativiert. Aber auf ihre Angebote zur Aufarbeitung der Vergangenheit, zur Bewältigung der heutigen Gesellschafts- und Menschheitsprobleme kann nicht verzichtet werden. Das trifft auch auf die Strömung des Sozialismus zu, deren Popularität gegenwärtig gegen Null tendiert. Ob allerdings das Scheitern des „realen Sozialismus“ als Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus interpretiert werden kann, ist zu bezweifeln. Weder war die untergehende Gesellschaft im modernen Sinne sozialistisch, noch funktioniert die überlegene allein gemäß der Interessen des Kapitals. Außerdem bedeutet das Scheitern des „realen Sozialismus“ nicht nur seine Niederlage im Wettbewerb der Systeme, sondern auch die Niederlage des dogmatischen, autoritären, zentralistischen Sozialismus in der 90 Jahre währenden Auseinandersetzung mit der freiheitlichen, demokratischen Traditionslinie des Sozialismus. Schon allein diese Tatsachen gebieten, das Sozialismus-Thema nicht zu vergraben. Hier ein lexikalisches Angebot.
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Eduard Schewardnadse im Gespräch mit Andrej Karauloyv
8 Seiten | Autor: Andrej Karauloyv
Über den Putsch zu sprechen, Eduard Amwrosiewitsch, scheint mir nicht notwendig, warten wir den Prozeß ab, es dauert nicht mehr lange. Aber eine Episode, als Lukjanow - erinnern Sie sich? – im Obersten Sowjet die Frage nach Deutschland aufwarf ... Warum geschah alles hinter Ihrem Rükken? Was meinen Sie?
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Europa und der Maghreb
3 Seiten | Autor: Klaus-Uwe Gunold
„Vereinigte Staaten von Europa“, die Vision der europäischen Einheit hat nicht nur ihre strikt auf Europa beschränkten Aspekte. Sie beeinflußt in sehr eingehender Weise politische Kräfte in den angrenzenden Regionen. Hoffnungen und Befürchtungen sind entstanden. Welche Aspekte überwiegen, werden sich durchsetzen?
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JOHANN - Jan - IWAN
4 Seiten | Autor: Sylwester Szafarz
Nach dem Besuch des Präsidenten Rußlands, Boris Jelzin, in Deutschland „treten die gemeinsamen Beziehungen beider Staaten in eine neue Phase“. Man könnte diese, ohne größeres Zögern, mit dem Ausdruck „totale Zusammenarbeit“ belegen. Auch für die anderen europäischen Staaten, namentlich für Polen, wird so „eine neue Qualität“ geschaffen. Doch dies ist eine höchst problematische Qualität. Der seit über tausend Jahren verbindliche Stereotyp lautet: immer dann, wenn es gut ging zwischen Deutschland und Rußland, verschlechterte sich die Lage Polens gravierend, zeitweise so sehr, daß unser Land sogar von der Landkarte schwand. Ein zweiter Stereotyp besagt: die deutsch-russische Freundschaft und Zusammenarbeit ist von besonderer Art, etwa wie die zwischen Hund und Katze. Manchmal ging aus ihnen schon grausamer Krieg hervor. Die Stereotypen existieren fort, die Entwicklung aber muß ihnen nicht notgedrungener Weise folgen. Das deutsche und das russische, die beiden großen Völker sind durchaus in der Lage, historische Schlüsse zu ziehen. Zu siegen verstehen sie, doch sie verlieren nicht gern.
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Europa in einer sich wandelnden Welt
9 Seiten | Autor: Wolfgang Kubiczek
Seit Mitte der achtziger Jahre erlebt Europa einen im Osten des Kontinents ausgelösten Wandlungsprozeß, der inzwischen nicht nur tiefgreifende Auswirkungen auf die gesamteuropäischen Abläufe, einschließlich derer in Westeuropa, und die transatlantischen Beziehungen hat, sondern der, spätestens sichtbar seit der UNO-Aktion im Golf, das gesamte System der internationalen Beziehungen dynamisiert hat. Das Tempo der Veränderungen hat seit 1985, dem Machtantritt Gorbatschows, ständig zugenommen. Höhepunkte in diesem Prozeß waren die demokratischen Veränderungen in den Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas, die Vereinigung Deutschlands und der Zerfall der Sowjetunion.
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