Berliner Debatte Initial

abonnierbar: 
short_name: 
Berliner Debatte
Erscheinungsweise: 
vierteljährlich
Abopreis Standard: 
40,00
Abopreis Institution: 
45,00
Abopreis Ermäßigt: 
25,00
Abo Digital: 
24,00
Abo Kombi: 
49,00
Anzeige in Liste: 
Journal

Sind unsere Prinzipien gut? oder: Die gläubigen Marxisten

10 Seiten | Autor: Alexander Zipko

In dem kürzlich veröffentlichten Tagebuch von M.M.Prischwin aus dem Jahre 1930 findet sich eine Beobachtung, die zu den Problemen unserer Perestroika einen direkten Bezug hat. Es geht dort um die Besonderheiten des Denkens der mit dem Marxismus sympathisierenden Intelligenz. M.M.Prischwin nennt diese Leute die höchsten Advokaten des Marxismus, obwohl er außer L.B.Kamenjew keinen von den herausragenden Bolschewiken erwähnt. Alle übrigen sind Mitläufer, Sympathisanten - A.M. Gorki, W.A.Rudnjew, A.J.Tichonow. „Ihre Hände sind sauber nicht nur von Blut, sondern auch von bolschewistischen Aktentaschen“, fügt M.M.Prischwin hinzu. Freilich geht es nicht um Personen, sondern um die Art und Weise ihres Denkens, wie der Autor des Tagebuches an gleicher Stelle schreibt. Die Eigentümlichkeit dieser Leute, meinte Prischwin, besteht darin, daß sie einerseits alles sehen und andererseits überhaupt nichts sehen. Sie kritisieren die Zwangskollektivierung, verstehen gut, daß sie den Bauern außer Leiden nichts bringt, sind aber nicht in der Lage, selbst im Stillen die Dinge beim Namen zu nennen, zu sagen, daß das Geschehene ein Verbrechen ist, und die Hauptsache, sie sehen nicht und verstehen nicht, wodurch dieses schreckliche Unglück verursacht wurde. Sie - bemerkt Prischwin - können selbst den Gedanken nicht zulassen, daß die Wurzel aller schrecklichen Verbrechen nicht in Stalin zu suchen ist, sondern in der Ausgangsidee der Kollektivierung des gesellschaftlichen Lebens. Im Gegenteil: sie sind überzeugt, daß „alle Prinzipien bei uns sehr gut seien, keine Wünsche offen blieben. Oder ist etwa der Kollektivismus an sich schlecht und das Land braucht keine Industrialisierung?“

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Phantasie und Realität

Gab es eine Alternative zur Oktoberrevolution?

8 Seiten | Autor: Witali Starzew

Stellen wir uns folgende Situation vor: Ein schon sehr betagter Moskauer übergibt mir einen Packen alter, vergilbter Zeitungen. Ich löse die Verschnürung, nehme mir die oben auf liegende Zeitung zur Hand und halte erstaunt inne. Urteilen Sie selbst! Vor mir liegen die „Moskauer Nachrichten“ vom 29. November 1917. Über die ganze erste Seite reicht die Schlagzeile: „Eröffnung der konstituierenden Versammlung, des Herren der russischen Erde“. Und in großen Lettern ist zu lesen: „Gestern in Petragrad Allrussische Konstituierende Versammlung eröffnet / Ältester Deputierter, Sozialrevolutionär Schewzow, nominiert Führer der stärksten Fraktion, Sozialrevolutionär Tschernow, für die Wahl als Versammlungspräsident / Gesetz über die Bodenreform in erster Lesung angenommen / Provisorische Regierung übergibt Vollmachten an die Volksvertreter / Vorsitzender des Vorparlaments, Sozialrevolutionär Awksentjew, für Einführung eines Präsidialregimes in Rußland. Kerenski - Kandidat des ganzen Volkes für die ersten russischen Präsidentschaftswahlen / Kamenew erklärt im Namen der Bolschewiki: Um Haaresbreite am Bürgerkrieg vorbei! / Führer der Menschewiki Martow schlägt Wahl einer Regierung der nationalen Übereinkunft vor – von den Volkssozialisten bis zu den Bolschewiki / Partei der Volksfreiheit erklärt Unterstützung für eine Regierung, die ein realistisches Wirtschaftsprogramm vorstellt / Kerenski: Rußland ist nicht reif für ein sozialistisches Experiment / Konstituierende Versammlung nimmt mit Mehrheit (97 Gegenstimmen) Erklärung über ein Moratorium der Kriegshandlungen bis 1. April1918 an.“

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

War die Oktoberrevolution unvermeidlich?

6 Seiten | Autor: Anatoli Butenko

Wenn in einem Lande die Gesellschaftsordnung zusammenbricht, die sich als Sozialismus bezeichnet und auf ihre Treue zu den Idealen von Marx und Lenin geschworen hat, dann wird die Idee des Sozialismus selbst diskreditiert, werden unweigerlich sowohl der Marxismus als auch der Leninismus abgewertet. Das ist so, unabhängig davon, ob diese Ordnung tatsächlich Sozialismus oder nur ein staatlich-bürokratisches Kasernenhofregime war, ob sie sich zum Marxismus-Leninismus oder zum Stalinismus bekannte. Und in annähernd dieser Lage befinden sich heute bei aller Unterschiedlichkeit ihrer konkreten Bedingungen die Länder Osteuropas und auch die Sowjetunion.

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Zum ideologischen Nachlaß des Realsozialismus

9 Seiten | Autor: Peter Furth

Der Kalte Krieg ist mit der Niederlage des Sowjetkommunismus zu Ende gegangen. Wie ist diese Niederlage zu interpretieren? Das ist die alles beherrschende gegenwärtige Frage. Manche meinen, es sei eine überflüssige Frage, weil die Geschichte, die den Antagonismus entschieden habe, die Antwort mitliefere, die Sieger sorgten dafür, indem sie den Unterlegenen die Bedingungen ihrer Zukunft diktierten. Aber das ist wohl immer eine zu einfache Sicht. Schon die Bibel gab zu bedenken: Die Ersten werden die Letzten sein, in den Siegen stecken Niederlagen und in den Niederlagen möglicherweise Siege. Selbst wenn es sich um Niederlagen nach totalen Kriegen in der Dimension des „unconditional surrender“ handelt, ist die Realisierung der Niederlage mehr und anders als der angestrebte Sieg. Erst recht verhält es sich so, wenn es sich, wie in diesem Falle, um Eskalationsniederlagen handelt, die bei aller Endgültigkeit noch ein Moment von Unbestimmtheit an sich haben, weil die symbolische und institutionelle Ratifizierung fehlt und die Niederlage von den Betroffenen selbst in Regie genommen wird. Bei solchen Niederlagen, die nicht aus physischer Überwältigung, sondern aus der rationalen Anerkennung von Kräfteverhältnissen hervorgegangen sind, ist der Kampf mit der Beendigung des Antagonismus nicht zu Ende, sondern geht als Kampf um die Interpretation der Entscheidung weiter. Allerdings liegt bei diesem Kampf der Interpretationen, der zum Vollzug von Niederlagen gehört, der Akzent nicht auf dem Kampf, sondern auf der Interpretation. Das ist ein Sachverhalt, der chancenreich, aber auch tief problematisch ist.

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Krise des Sozialismus?

8 Seiten | Autor: Klaus Peter Kisker

Wir sind Zeugen grundlegender Umwälzungen von Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen, die bei allen Unterschieden das Gemeinsame hatten, daß sie sich aus ihrem Selbstverständnis heraus sozialistisch nannten. Diese Gesellschaften sind nach anfänglichen Erfolgen bei der Entwicklung der Produktivkräfte und der Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Arbeit an immanente Grenzen der Entwicklung gestoßen. Dies muß als Folge systembedingter Grenzen der Selbstkorrektur und des Fehlens innerer Entwicklungskraft akzeptiert werden. Die Frage ist: Was ist hier eigentlich untergegangen, und welche Konsequenzen sind aus dem Umbruch zu ziehen?

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Bucharin und Gramsci

5 Seiten | Autor: M.N. Gretzkij

Die in den „Gefängnisheften“ enthaltene philosophische Polemik des italienischen Marxisten Antonio Gramsci mit Nikolai lwanowitsch Bucharin gehört zu den interessantesten Aspekten der Geschichte der marxistisch-leninistischen Philosophie. Aus Gründen, die unschwer zu erraten sind, wurde diese Polemik (sechzig Seiten im italienischen Text) nicht in die dreibändige Ausgabe der „Ausgewählten Werke“ aufgenommen. Erstmalig wurde ein Fragment im Jahre 1980 veröffentlicht. Offensichtlich ist die Zeit herangereift, sich dieser Polemik in vollem Umfang zuzuwenden, um ihren Stellenwert im geschichtsphilosophischen Prozeß und ihre Bedeutung für die Erneuerung des philosophischen Erbes zu bestimmen.

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Gramsci in der Sowjetunion

4 Seiten | Autor: Sabine Kebir

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Über Risiken und Chancen der modernen Moderne

Ein kulturwissenschaftlicher Essay

8 Seiten | Autor: Richard Albrecht

Was US-amerikanische Wissenssoziologen Anfang der siebziger Jahre in einem sensiblen politischen Essay als individuelle Freisatzungstendenz im Modernisierungsprozeß bezeichneten und was ich selbst kürzlich als neue reflexive Vergesellschaftungstendenz und subjektive Lebens-Sinn-Suche infolge zunehmender gesellschaftlicher Komplexität, Reflexivität, Differenzierung, Pluralisierung und Individualisierung beschrieben habe, wirft insbesondere im Bereich der kleinen Lebenswelten, Milieus, Primär- und Intimgruppen - kurz: im sozialen Kleingruppenbereich - neue Probleme auf. Denn wenn beispielsweise alle personalen, als Lernprozesse verstehbaren Identitätsbildungsprozesse als notwendige Voraussetzungen für erwerbbare und lebensnotwendige Handlungskompetenzen immer Kontinuitätsmomente enthalten müssen, dann werden hier in unserer Zeit beschleunigten Wandels und sozialer Brüche und Diskontinuitäten neue Probleme entstehen, die sich auch als strukturelle Gefährdungen von Identitätsbildungsprozessen deuten lassen.

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Bürgerbewegungen - politisches Subjekt des 21. Jahrhunderts?

2 Seiten | Autor: Reinfried Musch

... Unabhängig von den konjunkturellen Entwicklungen der Politik marschieren wir mit rasantem Tempo in eine Verschärfung der globalen Probleme. Es wird bei dem Wert »Grün« ganz deutlich: Die einzigen, die sich um eine drohende Umweltkatastrophe kümmern, sind die Bürgerbewegungen und ein wachsender Teil der Unternehmen selbst. Ich habe an der französischen Grenze ein Stahlwerk gesehen, das nur unter dem Druck der französischen und deutschen Bürgerbewegungen und der Konkurrenz saniert wurde.

Schlagworte:

PDF: 0,00 €

Bürgerbewegung - Verbindung zwischen Parteienparlamentarismus und Basisdemokratie?

4 Seiten | Autor: Rainer Land

... Es gab auch bei uns Diskussionen darüber, ob eine Gesellschaft ohne festgefügtes, mit klaren ideologischen Kontexten versehenes Institutionengefüge, einschließlich Parteien auskommen kann - ob es eine Alternative zum Parteinparlamentarismus gibt. Die eine Antwort ist, daß dieses parteienparlamentarische System eine Menge Gestaltungsmöglichkeiten nicht progressiv nutzen kann. Ganz deutlich wurde dies am deutschen Einigungsprozeß. Ich glaube, es fehlt ein Korrektiv in diesem System. Insofern liegt der Gedanke nahe zu sagen: die Bürgerbewegung sind dieses Korrektiv.

Schlagworte:

PDF: 0,00 €