Berliner Debatte Initial
Solschenizyns Gulag-Schock
14 Seiten | Autor: Ahmet Cavuldak
Als 1974 „Der Archipel GULAG“, das erzählerische Dokumentarwerk Alexander Solschenizyns über die sowjetischen Straflager, in Paris erschien, blieb das nicht ohne Folgen für die intellektuelle Atmosphäre in Frankreich. In diesem Beitrag wird gezeigt, wie zwei französische Linksintellektuelle mit dem Marxismus und der Sowjetunion in literarisch-philosophischer Weise abrechneten: André Glucksmanns und Bernard-Henri Lévys moralisierende „Abrechnungsschriften“ und Pamphlete gelangten in der französischen Öffentlichkeit und teilweise darüber hinaus zu großem Einfluss. Beide Autoren sind keine politischen Denker mit einem analytischen Blick oder gar mit einem systematischen Begründungsanspruch, sondern schriftstellernde Philosophen in der französischen Tradition, die den Marxismus und die Sowjetunion radikal in Frage stellten und letztlich an der Politik schlechthin verzweifelten.
PDF: 0,00 €
Dualismen, Dichotomien und Dogmatik
13 Seiten | Autor: Nicole Balzer, Johannes Drerup
In Debatten über die (Begründung der) Kinderrechte und den rechtlichen, moralischen und politischen Status von Kindern wird häufig mit überaus scharf konturierten Dualismen und Dichotomien operiert. Hierzu gehören zum einen die Entgegensetzung von partizipativ-emanzipatorischen und paternalistisch orientierten Deutungen der Kinderrechte, zum anderen eine Dualisierung von Ansätzen, die den Konstruktionscharakter von Kindheit(sbildern) betonen, und Ansätzen, die Kindheit als eine anthropologisch verankerte Lebensphase interpretieren. Im Beitrag werden die theoretischen Prämissen dieser tradierten dualistischen Zuordnungslogiken und Begriffspolitiken auf den Prüfstand gestellt. Diese sind, so die leitende These, einer angemessenen Bearbeitung der relevanten kinderrechtlichen Problemvorgaben nicht nur wenig förderlich, sondern sie tragen auch zu einer Verunklarung der theoretischen Frage- und Frontstellungen bei und versperren einen hinreichend differenzierten theoretischen Zugang zu Fragen der Begründung der Kinderrechte.
PDF: 0,00 €
Kinderrechte als emanzipatorische Menschenrechte?
13 Seiten | Autor: Fabian Kessl
Kinderrechte sind Menschenrechte. Diese weithin geteilte Prämisse wird anhand der menschenrechtstheoretischen Differenzierung von affirmativen versus emanzipatorischen Perspektiven, wie sie der Philosoph Christoph Menke vorschlägt, auf ihre konzeptionelle Ausprägungsform hin befragt. Der potenzielle Rechtsträger, historisch symbolisiert in der Figur des Sklaven, sucht nur eine menschenrechtliche Berücksichtigung seiner selbst durch die Herrschenden und keine wirkliche Anerkennung. Das würde nämlich eine Infragestellung der Herr-Knecht-Ordnung selbst nach sich ziehen. Analog und doch auch different zum Sklaven werden innerhalb der Fachdebatten um Kinderrechte Kinder zu potenziellen Rechtsträgern erklärt, denen allerdings im Unterschied zum Sklaven eine konstitutive Vulnerabilität zugeschrieben wird. Die vorgelegte menschenrechtstheoretische Problematisierung wird in diesem Aufsatz um eine zeitdiagnostische Kontextualisierung der jüngsten Konjunktur der Kinderrechtsperspektive ergänzt. Vor diesem Hintergrund lässt sich eine emanzipatorische Ausrichtung von Kinderrechten als Menschenrechten markieren.
PDF: 0,00 €
Prekäre Autonomie – Kinderrechte zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge
14 Seiten | Autor: Ferdinand Sutterlüty, Sarah Mühlbacher
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge, das den Diskurs um Kinderrechte bestimmt. Dabei rekonstruieren die Autor_innen die Gegenüberstellung der Forderungen nach gleichberechtigter Partizipation und Teilhabe sowie nach besonderem Schutz und Fürsorge für Kinder nicht nur, sondern hinterfragen diese auf ihre Prämissen. Ausgehend von der These, dass Subjekte als Gesetzgeber und Rechtsanwenderinnen das Recht gestalten, das Recht vice versa ein spezifisches Selbstverhältnis der Rechtsubjekte konstituiert, begreifen wir kindliche Unmündigkeit mitunter als Effekt eines juridischen Autonomieideals. Anhand einer hermeneutischen Analyse geltender Gesetzestexte untersuchen wir, inwiefern das Kindschafts- und Familienrecht auf diesen Sachverhalt Bezug nimmt und ihn gleichzeitig systematisch ausblendet, indem es die kindlichen Interessen und Bedürfnisse naturalisiert. Der Versuch, die Autonomie von Kindern unter Berücksichtigung ihrer besonderen Verletzlichkeit zu garantieren, mündet so in eine einseitige Privilegierung biologischer Elternschaft, wodurch paradoxerweise für Kinder bedeutsame Bindungen bisweilen gefährdet werden.
PDF: 0,00 €
Wohl und Würde
9 Seiten | Autor: Georg Lohmann
Die 1990 in Kraft getreten UN-Konvention über die Rechte des Kindes (KRK) fördert und fordert eine gegenüber traditionellen, patriarchalischen Familienauffassungen geänderte Sicht des Kindes. In dem Beitrag werden zunächst die indirekten, über Recht und staatliches Handeln laufenden Einwirkungsmöglichkeiten der KRK skizziert. Die neue normative Ausrichtung der KRK wird normalerweise nur mit Bezug auf die dominierende Rolle erläutert, die die Beachtung und Förderung des Kindeswohls in der Konvention darstellt. Der Beitrag zeigt, dass darüber hinaus der in der KRK eher randständig verwandte Begriff der Würde des Kindes diese Ausrichtung auf eine gleichstellende Partnerschaft und altersgemäße Achtung der Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes vertieft. Lässt die Bestimmung des Kindeswohls durchaus kulturell unterschiedliche Realisierungen zu, so markiert die zu beachtende Würde des Kindes einen Kernbereich, in dem die prinzipielle Gleichwertigkeit und rechtliche Gleichstellung, die Achtung der Selbstbestimmung und der Anspruch auf ein Leben in Würde entgegenlaufenden Entscheidungen gewissermaßen entzogen sind. So sind traditionell noch erlaubte Gewaltanwendungen gegen Kinder prinzipiell verboten und die zu fordernde Nichtdiskriminierung von Mädchen wendet sich gegen traditionelle, patriarchalische Familienauffassungen.
PDF: 0,00 €
Vorgeschichte und Praxis der völkerrechtlich vereinbarten Kinderrechte
11 Seiten | Autor: Lothar Krappmann
Der handlungstheoretische Begriff des Subjekts findet in den Auseinandersetzungen und Aktivitäten der Kinderrechtler_innen, die sich für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention einsetzen, wenig Aufmerksamkeit. Aber Elemente der Subjekthaftigkeit des Kindes, nach der Konvention junge Menschen bis zum Alter von 18, wie das Streben nach Anerkennung und Respekt, das Verlangen nach Berücksichtigung von Interessen und Wohl sowie die Forderung, gehört zu werden und mitwirken zu können, durchziehen die Entstehungsgeschichte der Konvention und, nach der Übernahme der Konvention in die Rechtsordnung der Vertragsstaaten, die Anstrengungen zur Umsetzung der zuerkannten Rechte. Der Aufsatz richtet den Blick auf Momente der Rechtsgeschichte und auf bedeutsame Bestimmungen der Konvention, in denen aufschimmert, dass die Konvention zu dem umfassenden sozialen Prozess gehört, unhintergehbare Subjektqualitäten des Kindes aufzuklären und zu stärken.
PDF: 0,00 €
Wer ist das Subjekt der Kinderrechte?
9 Seiten | Autor: Teresa Behrends, Johanna Mierendorff, Ralf Mayer
Der Themenschwerpunkt „Kinderrechte – Menschenrechte“ diskutiert die gängige Annahme, Kinderrechte durch den Bezug auf Menschenrechte begründen zu können. Welche theoretischen und praktischen Konsequenzen diese Annahme hat, ist weitgehend offen. Wer ist das Subjekt der Kinderrechte? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch den Themenschwerpunkt. In ihrer Einleitung stellen Teresa Behrends, Johanna Mierendorff und Ralf Mayer die einzelnen Beiträge vor und umreißen das Verhältnis von Kinder- und Menschenrechten sowie die Beziehungen zwischen Kinderrechtsdiskurs einerseits und Kindheitsforschung andererseits.
PDF: 0,00 €
Kinderrechte – Menschenrechte
ISBN 978-3-945878-53-8 | ISSN 0863-4564 | 150 Seiten
Die Idee, Kinder als rechtsfähige Subjekte zu begreifen (und nicht als Besitz ihrer Eltern), reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Und doch hat es rund 200 Jahre gedauert, die Rechte von Kindern weltweit festzuschreiben. Das wichtigste zeitgenössische Dokument hierfür ist die 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedete Kinderrechtskonvention. Mit ihr liegt ein völkerrechtlicher Rahmen vor, der zum Ausgangspunkt für politische Auseinandersetzungen wie für fachwissenschaftliche Debatten wurde. Aktuell dreht sich der politische Streit in Deutschland etwa um die Frage, ob Kinderrechte auch im Grundgesetz verankert werden sollten. In der wissenschaftlichen Diskussion stehen konzeptionelle Fragen im Vordergrund, die sich auf den für die Kinderrechtskonvention zentralen Begriff des Kindeswohls und auf die Auslegung der ihn flankierenden Konzepte participation, protection und provision beziehen. Der Themenschwerpunkt Kinderrechte – Menschenrechte widmet sich dieser Diskussion. Im Fokus steht die gängige Annahme, Kinderrechte durch den Bezug auf Menschenrechte begründen zu können. Welche theoretischen und praktischen Konsequenzen diese Annahme hat, ist jedoch offen. Wer ist das Subjekt der Kinderrechte? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch den Themenschwerpunkt. In ihrer Einleitung stellen Teresa Behrends, Johanna Mierendorff und Ralf Mayer die einzelnen Beiträge vor und umreißen das Verhältnis von Kinder- und Menschenrechten sowie die Beziehungen zwischen Kinderrechtsdiskurs einerseits und Kindheitsforschung andererseits.
Inhalt
-
-
Wo ist das Subjekt?
-
Zum antiautoritären Charakter der Bestimmung des Kindes in der Kinderrechtskonvention
-
-
Eine Problematisierung der deutschsprachigen Kinderrechtsdebatte
-
Kritische Anmerkungen zur Debatte über die Begründung der Kinderrechte
-
Die Abrechnung der französischen Linksintellektuellen mit Kommunismus und Sowjetunion
-
-
Dokumentation eines Kolloquiums
-
Drei Beiträge im Paket
-
-
-
-
Politiken des Mittelbaus
55 Seiten | Autor: Carsten Bünger, Kerstin Jergus, Andrea Lange-Vester, Tobias Peter, Angelika Schenk, Sabrina Schenk, Ramona Schürmann, Christel Teiwes-Kügler
Die Beiträge des zweiten Schwerpunkts zum Vorzugspreis – Die fünf Beiträge dieses Schwerpunkts behandeln ein hochschul- und wissenschaftspolitisches Thema von großer Aktualität: Die Lage des Mittelbaus an deutschen Hochschulen gilt aufgrund von Zeitverträgen und damit verbundenen ungewissen Zukunftsperspektiven der Beschäftigten als prekär. Angesichts dieser Situation, die in den hier versammelten Artikeln theoretisch wie empirisch untersucht wird, drängt sich die Frage auf, welche politischen Gestaltungsmöglichkeiten sich dem „wissenschaftlichen Nachwuchs“ in einer Hochschullandschaft bieten, in der die Ideologie der unternehmerischen Universität Flurschäden größeren Ausmaßes hinterlassen hat, die nicht ohne Folgen für das Selbstverständnis wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben. Darüber hinaus stellt sich gerade für die Sozial- und Geisteswissenschaften die Frage, wie sie mit ihren eigenen theoretischen „Bordmitteln“ zur Analyse der Lage des Mittelbaus und seinen Beziehungen zu anderen Statusgruppen beitragen können.
PDF: 0,00 €
„Russland in Blut gewaschen“
96 Seiten | Autor: Christa Ebert, Thomas Grob, Wladislaw Hedeler, Christian Hufen, Michael Leetz, Gabriele Leupold, Christina Links, Fritz Mieraus, Andrej Platonow
Die Beiträge des Schwerpunkts zum Vorzugspreis – Das 100-jährige Jubiläum der Russischen Revolution 1917 ruft vielfältige Formen der Erinnerung hervor. Die zahlreichen, in den letzten Jahren erschienenen Neu- und Widerentdeckungen russischer bzw. sowjetischer Prosa über Revolution und Bürgerkrieg legen es nahe, die historischen und politikwissenschaftlichen Betrachtungen um den Blick der Literatur zu erweitern. Die literarischen Spiegelungen der Revolution und ihrer Folgen eröffnen einen eigenen Zugang, in dem sich subjektive und historische Sicht verschränken. Die Beiträge des Schwerpunkts gehen den Fragen nach: Wie werden die Revolution und ihre Folgen in der Literatur dargestellt und verarbeitet? Welche Sicht auf die Geschichte eröffnen die Texte? Wie zeigt sich in ihnen der „Einbruch der Geschichte“ ins Leben des Einzelnen? Und was erzählen die Rezeption und die Übersetzungen über die jeweilige Sicht auf die Revolution und die Auseinandersetzungen mit ihr? Mit Beiträgen u. a. zu Iwan Bunins Revolutionstagebuch „Verfluchte Tage“, zu Isaak Babels „Reiterarmee“ und deren deutschen Übersetzungen, zu Fedor Stepun und dessen Sicht auf die Bolschewiki, zu Maximilian Woloschin und seiner Künstlerkolonie auf der Krim sowie zu Andrej Platonow.
PDF: 0,00 €