DDR

DSS-Arbeitspapiere 30 | 1996

Sicherheitspolitische Aspekte der Entwicklung nach der deutschen Wiedervereinigung

ISSN 1436-6010 | 36 Seiten

Nach der bedingungslosen Kapitulation im Jahr 1945 und der Aufteilung des Deutschen Reiches in vier Besatzungszonen war die Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949 ein erster Schritt zu neuer Staatlichkeit. Aber erst 1955 ging die Besatzungszeit offiziell zu Ende. Die Bundesrepublik wurde Mitglied der NATO und damit auch ein (fast) souveräner Staat. Die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges behielten sich die Verantwortung für „Deutschland als Ganzes und Berlin“ vor. Die Bundeswehr wurde nach außerordentlich kontroversen Diskussionen in Öffentlichkeit und Parlament im gleichen Jahr gemäß Art. 87 a „zur Verteidigung“ aufgestellt. Sie war von Anbeginn fest in die Strukturen der NATO eingebunden. Sie besaß keinen Oberbefehlshaber, keinen Generalstab und damit auch keine nationale Führungsfähigkeit. Für ihren Umfang (500.000 Mann, 12 Divisionen) und ihre Bewaffnung gab es Auflagen. Die Politik der Bundesrepublik ging von Anfang an dahin, sich gegen den anderen auf deutschem Boden entstandenen Staat, die „Deutsche Demokratische Republik“, abzugrenzen. Sie erkannte die DDR nicht nur selbst nicht an, sondern betrachtete deren Anerkennung durch andere Staaten als unfreundlichen Akt, der nach der Hallstein-Doktrin in der Regel (Ausnahme Sowjetunion) mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen beantwortet wurde. Wegen dieser Politik kam auch ein Beitritt der Bundesrepublik zur Organisation der Vereinten Nationen nicht in Frage. Die Sowjetunion hätte ein Beitrittsgesuch der Bundesrepublik mit ihrem Veto verhindert, wenn nicht gleichzeitig die DDR aufgenommen worden wäre. So blieben zunächst beide deutsche Staaten vor der Tür der Weltorganisation, obwohl Art. 24 des Grundgesetzes die Bundesrepublik ausdrücklich ermächtigte, sich zur Wahrung des Weltfriedens einem „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ anzuschließen.

DSS-Arbeitspapiere 33 | 1997

Die führende Rolle der SED in der Nationalen Volksarmee

Eine kritische Nachbetrachtung

ISSN 1436-6010 | 24 Seiten

„Die Nationale Volksarmee wird geführt durch die SED“ – dieser Satz, sowohl generelle Forderung als auch gesellschaftliche Realität, war in jeder Hinsicht von großer Tragweite. Diese allgemeine Feststellung fordert dazu heraus, sich mit dem Funktionieren dieser Führungsrolle in der Armee der DDR auseinanderzusetzen. Dabei sind für eine kritische Nachbetrachtung vor allem zwei ambivalente Gesichtspunkte bedeutsam: Erstens war die SED in der DDR mit einem nahezu uneingeschränkten Macht-, Führungs- und Wahrheitsanspruch etabliert. Sie nahm damit eine zentrale und unangefochtene Stellung in allen gesellschaftlichen Bereichen ein, so auch in der Nationalen Volksarmee. Die Partei, genauer: die Parteiführung, nahm für sich in Anspruch, die Gesellschaft als Ganzes zu steuern. So wurden Beschlüsse der Parteitage, des Zentralkomitees und des Politbüros der SED ohne „Umwege“ über die Volkskammer oder den Ministerrat der DDR direkt in der NVA ohne Einschränkungen um- und durchgesetzt. Das war verbunden bzw. war erst möglich mit einer tiefgreifenden ideologischen und moralischen Disziplinierung der Mitglieder der SED. Zweitens kann man nicht daran vorbeigehen, daß die SED mit ihren Organisationsformen bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit gewährte, in demokratischer Weise Einfluß auf unterschiedliche Bereiche des militärischen Lebens zu nehmen. Hinzu kam ein breites Feld sozialer Betreuung. In den unteren Einheiten nahmen Politorgane und SED-Basisgruppen vielfach die Interessen der Armeeangehörigen wahr, suchten unnötige Härten des militärischen Dienstes zurückzudrängen und wandten sich entschieden gegen alle Erscheinungen des Machtmißbrauchs durch einzelne Vorgesetzte. Den SED-Mitgliedern in der Truppe, ob militärischer Vorgesetzter oder Politoffizier, war es ernst mit dem, was damals mit dem Begriff „sozialistische Menschenführung“ bezeichnet wurde. So kann man ihnen im nachhinein auch nicht pauschal absprechen, Richtiges und Gutes für ihre Unterstellten getan zu haben.

Schlagworte: Sicherheitspolitik | Militär | Frieden | DDR | SED | NVA

DSS-Arbeitspapiere 37 | 1997

Geheime Verschlußsache

Die Spezialpropaganda der Nationalen Volksarmee

ISSN 1436-6010 | 23 Seiten

Mit meinem Beitrag zu der Reihe „Rückblicke“ will ich an einen Aufgabenbereich der Nationalen Volksarmee erinnern, mit dem ich den größeren Teil meiner Dienstjahre befaßt war und dessen Betrachten aus heutiger Sicht durchaus geeignet sein kann, kritisches, aber unvoreingenommenes Verständnis für den Auftrag der Streitkräfte der DDR, vor allem aber für das Denken, Fühlen und Handeln derer, die seiner Realisierung verpflichtet waren, zu unterstützen. In bisherigen Nachbetrachtungen kann man darüber kaum etwas oder gar nichts finden, ja selbst als die NVA noch existierte, war das meiste nur Insidern bekannt, was u. a. der nicht immer nachvollziehbaren Geheimniskrämerei geschuldet ist, an die ich mich nun nicht mehr gebunden fühle. Die Rede ist von einem kleinen Dienstbereich, dem zugedacht war, auf den Gegner nicht mit Kanonen zu schießen, sondern, das Wirken der Waffen vorbereitend, begleitend und verstärkend, mit der Kraft des gesprochenen oder geschriebenen Wortes auf ihn einzuwirken .

DSS-Arbeitspapiere 38 | 1997

Das Institut für Konversion der Streitkräfte (IKOS) des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung der DDR (8. Juni bis 2. Oktober 1990)

Erinnerungen und Zeitzeugnisse zu einer vertanen Chance

ISSN 1436-6010 | 36 Seiten

Am 8. Juni 1990, wenige Monate vor dem Ende der DDR, wurde das Institut für Konversion der Streitkräfte (IKOS) als wissenschaftliche Einrichtung des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung gegründet. Die Gründungsveranstaltung fand in den Räumen der Militärakademie „Friedrich Engels“ der Nationalen Volksarmee in Dresden statt. Das Medieninteresse war groß, der Gründungsaufwand beachtlich, die Gästeliste lang. Das Ende dieses Institutes fiel noch in das gleiche Jahr. Die Medien und die Öffentlichkeit nahmen kaum Notiz davon. Das verwundert auf den ersten Blick – war das IKOS doch keineswegs eine Institution der DDR- bzw. NVAVergangenheit, die ohnedies zur Abwicklung anstand, sondern ein Kind der Wende, ein Ergebnis des zu Ende gehenden Ost-West-Konfliktes, auf das große Hoffnungen gesetzt wurden. Diese Kurzzeitexistenz des IKOS entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Als typisches Produkt jener Zeit wurde es zunächst euphorisch gefeiert und ebenso schnell der Vergessenheit anheimgestellt. Obwohl es einem dringenden gesellschaftlichen Bedürfnis dieser Zeit entsprach, wurde es nie so richtig geliebt. Das IKOS besaß keine Lobby bei den Teilen der politischen Klasse, die dauerhaften Einfluß auf das Geschehen zum schnellen Anschluß der DDR an die BRD hatten.

Schlagworte: Sicherheitspolitik | Militär | Frieden | DDR

DSS-Arbeitspapiere 71 | 2004

Russlands Raketenschnellboote und ihre Hauptbewaffnung – gestern, heute und morgen

Autor: Egbert Lemcke

ISSN 1436-6010 | 52 Seiten

Im Verlauf der vergangenen 50 Jahre erlangten Raketenschnellboote (im Westen auch als Flugkörperboote bezeichnet) in vielen Flotten der Welt eine große Verbreitung. Gegenwärtig ist es üblich, unter dieser Klasse Kampfschiffe mit einer Wasserverdrängung von bis zu 500–600 t zu erfassen, deren Hauptbewaffnung aus Antischiffs-Flügelraketen besteht. Mit derartigen Booten sind die Flotten von mehr als 50 Staaten der Welt ausgestattet. Einige Staaten, in deren Flottenbestand Raketenschnellboote mit einer Wasserverdrängung von 400–600 t die Grundlage der Flotte bilden, bezeichnen diese auch mitunter bereits als Raketenkorvetten. In diesen Staaten, die zumeist nicht über die Möglichkeiten zum Unterhalt von großen Überwasserschiffen verfügen, werden die Vorzüge dieser Einheiten entscheidend. In Ländern, wie Norwegen, Dänemark, Griechenland, Türkei, Israel, Ägypten, Südkorea bilden Raketenschnellboote gegenwärtig die Grundlage der Überwasserschlagkraft. Ähnliches gilt für mehr als 40 Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.

DSS-Arbeitspapiere 75 | 2005

Als Offizier und Wissenschaftler der NVA im deutsch-deutschen sicherheitspolitischen Dialog (1987–1990)

Ein Zeitzeugenbericht

ISSN 1436-6010 | 130 Seiten

Ich beginne diesen Bericht im Herbst 2003, etwa 13 Jahre nachdem ich mit dem Ende der DDR auch meine Laufbahn als Offizier und Wissenschaftler der NVA beendet habe. Es waren über 35 Jahre, die ich in den Streitkräften der DDR gedient habe und die mein Berufsleben bestimmten. Für mich ist es eine wechselvolle und interessante Zeit gewesen – voller Wendungen, Widersprüche und Brüche. Ich bekenne: Ich habe bei meiner Tätigkeit als Soldat viel Befriedigung erfahren. Ich habe diese Arbeit zumeist gern getan, und ich schäme mich ihrer nicht, auch wenn ich heute zahlreiche Irrtümer und Illusionen klarer erkenne. Nach meiner Offiziersausbildung war ich zunächst über 10 Jahre als Politoffizier im Bereich der Luftstreitkräfte und Luftverteidigung der DDR tätig, bevor ich nach einem Forschungsstudium an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED 1975 an die Offiziershochschule Franz Mehring in Kamenz versetzt wurde. In der Zeit von 1987 bis Ende 1990, über die ich hier Auskunft geben will, war ich Hochschullehrer an der Militärpolitischen Hochschule Wilhelm Pieck in Berlin-Grünau. Meine offizielle Funktion war Leiter der Fachgruppe Politische Ökonomie des Kapitalismus im Lehrstuhl Politische Ökonomie und Militärökonomie. Dabei beschäftigte ich mich besonders mit Fragen der Rüstungswirtschaft in Westeuropa, was mich ab 1985 zu einer intensiven Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Problemen führte. Den Dienstgrad Oberst erhielt ich 1983, die Berufung zum Außerordentlichen Professor 1988. Die Wende des Jahres 1989 brachte mir für die Übergangszeit noch die Aufgabe des Aufbaus und der Leitung eines nichtstrukturmäßigen Wissenschaftsbereichs Sicherheitspolitik an meiner Hochschule.

DSS-Arbeitspapiere 86 | 2007

Von einer Militärdoktrin der Abschreckung zu Leitsätzen entmilitarisierter Sicherheit (1987–1990)

Ein Zeitzeugenbericht

ISSN 1436-6010 | 114 Seiten

Eigentlich hatte ich mit meinem militärischen Berufsleben Ende 1990 abgeschlossen. Ich war mehr als 35 Jahre Soldat und hatte sowohl die Gründung der NVA als auch ihre Auflösung unmittelbar miterlebt. 1955 trat ich im Alter von 18 Jahren freiwillig in die Kasernierte Volkspolizei ein. Ich war der festen Überzeugung, damit am besten dazu beizutragen, dass Deutschland nie mehr von einem Krieg überzogen wird. Die Kindheitserfahrungen in den Luftschutzkellern Dresdens, das schreckliche Erlebnis der über mir explodierenden Bomben, die uns den Atem nahmen, hatten mich traumatisiert. Diese Geschehnisse haben mich bis heute geprägt und bestimmten auch meine Haltung als Soldat. Den in den 50er Jahren eskalierenden Kalten Krieg empfand ich als bedrohlich. Ich mache daher auch keinen Hehl daraus, dass mich in all den Jahren bei den Streitkräften der DDR die mehrfache Zuspitzung der internationalen Spannungen beunruhigte und für meinen Beruf motivierte – und mich in meiner Haltung, alles zur Verhinderung eines Krieges zu tun, bestärkte. Meinen ersten Truppendienst als junger Offizier absolvierte ich bei den Funktechnischen Truppen der Luftstreitkräfte und Luftverteidigung (LSK/LV). In wenigen Jahren lernte ich alle Führungsebenen von der Kompanie bis zum Kommando der LSK/LV kennen. Als ich die Chance zu einer sozialwissenschaftlichen Ausbildung erhielt, nutzte ich sie und wurde Lehrer – zunächst an der Offiziershochschule der LSK/LV in Kamenz, danach an der Militärpolitischen Hochschule in Berlin- Grünau. Meine wissenschaftliche Arbeit führte mich vor allem in den 80er Jahren – ausgehend von militärökonomischen Themen – mehr und mehr zu sicherheitspolitischen Fragestellungen. Beeinflusst von den Überlegungen an der Militärakademie in Dresden – vor allem von der Gruppe um Wolfgang Scheler – zu einem neuen Herangehen an die Fragen von Krieg, Frieden und Streitkräften sowie von dem neuen sicherheitspolitischen Denken in der Sowjetunion unter Gorbatschow, das auch in der Führung der SED Unterstützung fand, geriet ich nach 1987 in die Debatte um eine eigene Militärdoktrin der DDR.

DSS-Arbeitspapiere 95 | 2009

Militärakademie „Friedrich Engels“

Historisch-kritische Nachbetrachtung zum 50. Jahrestag ihrer Gründung; Beiträge zum Kolloquium am 10. Januar 2009 im Rathaus Dresden
Herausgeber: Siegfried Schönherr

ISSN 1436-6010 | 310 Seiten

Die Militärakademie „Friedrich Engels“ war die höchste militärische Bildungseinrichtung der DDR zur Aus- und Weiterbildung des militärischen Führungspersonals, von Kommandeuren, Stabsoffizieren, ingenieurtechnischen Kadern und Politoffizieren der NVA, der Grenztruppen der DDR und anderer bewaffneter Organe. Als solche war sie das bedeutendste Zentrum wissenschaftlicher Arbeit in der Armee mit dem Recht, den akademischen Grad eines Wissenschaftszweiges und eines Doktors der Wissenschaften zu verleihen. Das Ministerium für Nationale Verteidigung führte den Prozess der Gründung und Entwicklung der Militärakademie zielstrebig. Die Kommandos der Teilstreitkräfte der Nationalen Volksarmee und das Kommando der Grenztruppen der DDR gaben wertvolle Unterstützung. Auch sowjetische Militärspezialisten mit großen Erfahrungen in der Truppenführung, der Lehre und der militärwissenschaftlichen Arbeit unterstützten die Militärs und die anderen Mitarbeiter der Akademie aktiv und kameradschaftlich bei der Erfüllung des Auftrages. Die Militärakademie wirkte in der Zeit des Kalten Krieges und der Blockkonfrontation. Davon geprägt, befähigte sie die Kader, gemeinsame Aufgaben zum Schutz der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages unter modernen Bedingungen zu lösen. Daran, dass aus dem Kalten Krieg kein heißer Krieg wurde, haben die DDR und ihre Streitkräfte großen Anteil. Aus Anlass der Gründung der Militärakademie vor 50 Jahren lud die Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e.V., die seit Jahren Probleme von Frieden, Krieg und Streitkräften bearbeitet, zu einem wissenschaftlichen Kolloquium in das Dresdener Rathaus ein. In einer historisch-kritischen Nachbetrachtung analysierten der Referent und die Diskussionsredner, darunter ehemalige Offiziere der Nationalen Volksarmee sowie ein Vertreter des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes und ein General a. D. der Bundeswehr, den Weg der Akademie.

DSS-Arbeitspapiere 104 | 2011

Krieg und Frieden im marxistischen philosophischen Denken der DDR

Autor: Ulrich Knappe

ISSN 1436-6010 | 110 Seiten

Im Dezember 1990 verteidigte ich an der Militärakademie Dresden, wenige Tage vor ihrer endgültigen Auflösung, eine Dissertation, die sich der Entwicklung von Auffassungen zu Krieg und Frieden im marxistischen philosophischen Denken in der DDR zuwandte. Rechtlich erklärt sich diese Merkwürdigkeit daraus, dass weder Pfarrer Eppelmann als Minister für Abrüstung und Verteidigung der Regierung de Maiziere, noch der Einigungsvertrag die Militärakademie aufgelöst hatte und diese folglich noch bis zu ihrer Auflösung zum 31.12.1990 das Promotionsrecht besaß. Als Philosophielehrer an der Militärakademie abgewickelt und aus dem Dienst entlassen, hängte ich notgedrungen 1991 die Philosophie an den Nagel. Die Dissertation geriet in Vergessenheit. Seitdem hat das Thema für mich 21 Jahre geruht, und es ist ein notwendiger Abstand gewachsen. Warum kehre ich jetzt in die Diskussion zurück? Einfach gesagt finde ich, es ist an der Zeit. Konkrete Anlässe bestanden zum einen darin, dass mich mein Mentor, Wolfgang Scheler, Anfang dieses Jahres ermunterte, die Arbeit wieder anund aufzunehmen. Zum anderen hat mich das jüngst von Christa Wolf veröffentlichte Buch „Stadt der Engel …“1 tief berührt, und ich leitete daraus einen persönlichen Anspruch für mich ab. So lag es nahe, den Versuch zu wagen, aus diesem vergessenen Material etwas mehr zu machen. Der erste Schritt liegt in Gestalt dieses Heftes vor.

DSS-Arbeitspapiere 110 | 2014

Wissenschaftliche Kritik und Reformbestrebungen zum Grenzschutz der DDR zwischen 1980 und 1990

Dokumente und Kommentare aus der Distanz von drei Jahrzehnten

ISSN 1436-6010 | 117 Seiten

Mit dem 25. Jahrestag der friedlich erzwungenen Öffnung der Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten rückt erneut die Erinnerung an das rigide Grenzregime der DDR mit den daraus resultierenden Opfern in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Gleichzeitig wird der unblutige Verlauf dieses Epoche machenden Ereignisses der „Maueröffnung“ und die Besonnenheit und Zurückhaltung der eingesetzten Grenzsicherungskräfte der DDR an diesem Wendepunkt in der deutschen Geschichte als bemerkenswert, ja als spektakulär gewürdigt. In der Tat wird man in der europäischen Geschichte außer 1989 kaum eine zweite so dramatische Wende finden, die unblutig abgelaufen ist. Die Ursachen dafür sind sicher vielfältig und in wissenschaftlichen Arbeiten der letzten Jahre untersucht und beschrieben. Unbekannt geblieben ist dabei bisher, dass es in dem Grenzsicherungsorgan der DDR selbst Gesellschafts- und Militärwissenschaftler gab, die sich im letzten Jahrzehnt der Existenz der DDR kritisch mit dem existierenden Grenzregime auseinandersetzten und eine konsequente Reform sowohl des Grenzregimes als auch der Grenztruppen selbst einforderten. Diese Reformforderungen kamen zwar zu spät, zumal die politische und militärische Führung der DDR in der bereits eingetretenen Lethargie nicht gewillt war, ihnen zu folgen, dennoch beeinflussten die diesbezüglichen Dispute im Inneren des Grenzsicherungsorgans das Denken und Handeln seiner Angehörigen. Mit dem vorliegenden Heft will die Dresdener Studiengemeinschaft in der DDR verfasste wissenschaftliche Arbeiten von Angehörigen der Grenztruppen bekannt machen, die der friedlichen Revolution vorausgingen und eine Basis zu einer rechtsstaatlichen Entwicklung des Grenzschutzes der DDR bilden sollten und die rasche Überwindung der Deformationen des Grenzschutzes einforderten.