2011

Landnahme und die Grenzen kapitalistischer Dynamik

Eine Ideenskizze

17 Seiten | Autor: Klaus Dörre

Seit ihrer Entstehung zeichnen sich kapitalistisch formierte moderne Gesellschaften durch eine enorme Anpassungsfähigkeit aus. Selbst schwerste ökonomische Krisen haben in der Vergangenheit allenfalls als Treiber für eine Revitalisierung kapitalistischer Dynamik gesorgt. Der Kapitalismus ist kein fester Kristall, keine geronnene Struktur, er „ist nichts, wenn er nicht in Bewegung ist“. Auf die Selbstverwertung von Wert programmiert, beziehen kapitalistische Gesellschaften ihre Dynamik geradezu aus der Fähigkeit dominanter Akteure, immanente Grenzen kapitalistischer Akkumulation zumindest zeitweilig zu umgehen oder zu überwinden, wobei „jede Schranke von einer anderen abgelöst werden kann“. Angesichts der anhaltenden Krisenprozesse (nicht nur) in den Kernregionen des globalen Nordens, scheint es jedoch, als büße dieser Imperativ dynamischer Selbststabilisierung nunmehr seine Fraglosigkeit ein, denn mit konventionellem Wirtschaftswachstum ist ausgerechnet das bislang wichtigste Mittel zur Überwindung ökonomischer Krisen ökologisch zum Problem geworden. Die ökonomisch-ökologische Doppelkrise drängt zu einer erneuten gesellschaftlichen Transformation, die nun ausgerechnet jenes Gesellschaftssystem erfasst, das Bevölkerungsmehrheiten in den osteuropäischen Gesellschaften vor zwei Jahrzehnten als Ziel eines erwünschten Systemwandels galt. Wie Gesellschaften jenseits konventionellen Wirtschaftswachstums aussehen könnten, ist vorerst wissenschaftlich wie politisch eine offene Frage. Nachfolgend wird der Vorschlag präsentiert, das Konzept kapitalistischer Landnahmen zu nutzen, um die Problematik einer solchen Transformation theoretisch wie zeitdiagnostisch zumindest in einigen ihrer Dimensionen auszuloten. Die Begründung dieses Vorschlags erfolgt in drei Schritten. Zunächst wird das Landnahmekonzept in seinen wachstumskritischen Implikationen erläutert, es folgt eine Skizze seines zeitdiagnostischen Potentials. Abschließend werden einige theoretische Schlussfolgerungen präsentiert.

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Die Zeit des Kapitalismus

(Post-)Moderne Kapitalismustheorie – mit, gegen und nach Marx

16 Seiten | Autor: Raj Kollmorgen

In der Postmodernediskussion der 1980er und frühen 1990er Jahre haben Kapitalismus und Marxsche Theorie eine polarisierende Rolle gespielt. Ein mächtiger Strang hat die Beschäftigung mit dem Kapitalismus und überhaupt Fragen der sozioökonomischen Verhältnisse und Dynamiken angesichts westlichen Massenwohlstands, des Abschieds von der Klassengesellschaft und der Aufwertung von Wissen, Kunst und Kultur als weitgehend unfruchtbar und gegenwartsdiagnostisch irrelevant eingestuft. Zugleich erschienen Marx und der Marxismus als antediluvianische Gestalten, deren Geschichtsphilosophie (die „große Erzählung“ über die „historische Mission der Arbeiterklasse“), Substanz-, Subjekt- und Totalitätsdenken sowie Ökonomismus genau jene (alte) Moderne verkörperten, die im postmodernen Denken aufzusprengen und zu überwinden seien. Zwar ist diese Postmoderne-Strömung bereits ab Mitte der 1990er Jahre wieder in den Hintergrund sozialwissenschaftlicher Zeitdiagnosen getreten, in ihrer transformierten und zugleich multiplen Gestalt als Poststrukturalismus ist sie hingegen auch heute präsent und einflussreich.

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How soon is now?

Zur Verschränkung von Struktur und Semantik in der Hypermoderne

14 Seiten | Autor: Nicklas Baschek, Jan-Paul Klünder

Zeichnet man die Entwicklungslinien der Moderne/ Postmoderne-Debatte mit grobem Pinsel nach, kann der Postmoderne ein sukzessiver Siegeszug bis zum Ende der 1980er Jahre attestiert werden, der von einer Wiederkehr klassisch moderner Wissens- und Deutungsangebote nach dem Zusammenbruch des Ostblocks abgelöst wurde. Während selbst die arriviertesten Sozialtheoretiker im skeptischen Deutschland wie Jürgen Habermas Mitte der 1980er Jahre die Durchschlagskraft postmoderner und poststrukturalistischer Deutungsangebote anerkennen mussten und sogleich publizistisch gegen die Verwüstung der Oasen modernhumanistischen Denkens und Lebens ins Feld zogen, änderte die scheinbare Auflösung der ideologischen Differenz der Blöcke in West und Ost die Kräfteverhältnisse wieder grundlegend: Ironischerweise brachte der Neokonservative Francis Fukuyama unter Bezug auf den Marxisten Kojève das Fallen des Eisernen Vorhangs auf einen Begriff: Das „Ende der Geschichte“ sei gekommen, der Weltenlauf der Differenzen zu einer begrüßenswerten Aufhebung gelangt und das westliche Modell habe auf den Grundpfeilern individuelle Freiheit, Rechtsstaat und Marktwirtschaft seine Überlegenheit endlich voll entfaltet. Das Ende der Geschichte sollte gleichsam der Debatte zwischen „der Moderne“ und „der Postmoderne“ das Grab schaufeln – indem die Moderne als Siegerin endgültig in Stein gemeißelt wird. Nun brauchte es offenkundig nur wenige Jahre, um die These vom Ende der Geschichte und der nunmehr friedlichen globalen Überwältigung durch die Moderne westlicher Prägung zu erledigen. Die Auseinandersetzung zwischen Modernen und Postmodernen, zwischen Universalisten und Partikularisten, zwischen Identitätsphilosophie und Differenztheorie ist offenkundig weiterhin von großer Bedeutung

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Makrosoziologie nach der Moderne. Von der Gesellschaft zum Sozialen

14 Seiten | Autor: Johannes Angermüller

Von einem Ende der Moderne kann keine Rede sein. In der öffentlichen Debatte zeigt sich dies, wenn Politiker und Politikerinnen eine „moderne Wirtschaftspolitik“ (Gerhard Schröder) oder eine „moderne Gesellschaftspolitik“ (Angela Merkel) fordern. Das zeigt sich auch, wenn über „moderne“ Technologien (z.B. Windkraft oder Kernenergie) oder „moderne“ soziale Bewegungen (z.B. den Feminismus) diskutiert wird. Gemein ist diesen Verwendungen von modern, dass dem entsprechend attribuierten Gegenstand ein imaginärer Entwicklungspfad unterlegt wird, der auf ein höheres Ziel gerichtet ist. Modern ist das, was für jemanden als fortgeschrittener, entwickelter, erfolgreicher etc. gilt. Demnach erteilt modern weniger Auskunft über einen Referenten in der Welt als über die Sprecherin oder den Sprecher, die oder der eine bestimmte Vorstellung eines Davor und Danach transportiert.

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Silke van Dyk, Alexandra Schauer: „…daß die offizielle Soziologie versagt hat“

Soziologie im Nationalsozialismus

3 Seiten | Autor: Michael Eckardt

Selten ist die soziologische Fachliteratur in Deutschland – in der Bleiwüsten á la Luhmann die Regel sind – mit einer buchgestalterisch so vortrefflichen Klappenbroschur beglückt worden wie dieser. Hier stimmt von der Typographie, über den leserfreundlichen Satzspiegel, dem Papier, den passend eingestreuten und der Farbgebung des Einbandes in Sepia angepassten Abbildungen bis hin zu den Dokumentenauszügen und dem wissenschaftlichen Apparat einfach alles. Zu verdanken ist dies einer Kooperation zwischen den Soziologen der Universität Jena und Gestaltungsstudenten der Bauhaus-Universität Weimar – ohne Zweifel ein Glücksfall für den Büchermarkt. Hervorgegangen ist die Broschur aus der anlässlich des 34. Soziologiekongresses in Jena konzipierten Ausstellung zur Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, zu deren 100. Geburtstag diese Publikation erschienen ist.

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Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 2011
Sozial & ökologisch
160 Seiten

Frank Ruda: Hegels Pöbel

Eine Untersuchung der „Grundlinien der Philosophie des Rechts“

3 Seiten | Autor: Olaf Briese

In den letzten Jahrzehnten fand an Hegels Rechtsphilosophie vor allem Interesse, wie sie sich zu den modernen Anforderungen von Demokratie und Freiheit positioniert. Es wurde diskutiert, ob und wie sie trotz ihrer prekären Grundannahmen für moderne gesellschafts- und politiktheoretische, für staats- und rechtsphilosophische Diskurse – mithin für die „bürgerliche Gesellschaft“ – fruchtbar gemacht werden kann. Ihre soziale Dimension wurde bisher nur selten thematisiert, und diesem Defizit möchte die vorliegende Studie begegnen. Am Faden der 1821 publizierten „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ untersucht sie, wie Hegel das Phänomen von Armut verortet, und zwar nicht von Armut als solcher, sondern der Armut eines spezifischen Standes, dessen Armut sich gerade aufgrund seiner Standesmerkmale ergibt, sich aufgrund dieser Standeszugehörigkeit potenziert und zementiert: des Pöbels. Dieses Phänomen „Pöbel“, so die These von Frank Ruda, stellte das verborgene (und bis heute auch der Forschung verborgene) Zentralthema des Buchs dar. Das, was Hegel in den §§ 241-245 entwickelt, erweist sich als der Kern von Hegels Rechtsphilosophie und als der Kern ihres „Scheiterns“.

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Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 2011
Sozial & ökologisch
160 Seiten

Hans-Jörg Sandkühler (Hg.): Enzyklopädie Philosophie,

zweite, überarbeitete und erweiterte Ausgabe 2010

6 Seiten | Autor: Mariele Nientied

Die Rezension einer Enzyklopädie ist ein einschüchterndes Unterfangen, dessen Resultat aus arbeitstechnischen Gründen nicht auf der Lektüre aller Artikel beruhen kann. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, an dieser Stelle grundsätzliche Überlegungen zu Konzeption und Zielsetzung der Enzyklopädie Philosophie und allgemein zur Ordnung, Präsentation und Vermittlung von Wissen anzustellen, sowohl mit Blick auf die aufklärerische Tradition als auch die derzeit einflussreichste Enzyklopädie, Wikipedia. Dies soll als Initialzündung dienen, um zu einem kollektiven Rezensionsprojekt anzuregen: Der Vergleich eines Artikels der Enzyklopädie Philosophie mit Beiträgen zum gleichen Stichwort im Historischen Wörterbuch der Philosophie und Wikipedia (ggf. auch in anderen einschlägigen Nachschlagewerken) dürfte aufschlussreiche Ergebnisse zu Konzeption, Ausrichtung und Qualität dieser Nachschlagewerke gewinnen lassen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 2011
Sozial & ökologisch
160 Seiten

Eva Bettina Görtz (Hg.): Eduard Bernsteins Briefwechsel mit Karl Kautsky (1912 – 1932)

2 Seiten | Autor: Wladislaw Hedeler

Nach einer Pause von sieben Jahren findet die Edition des Briefwechsels Eduard Bernsteins mit Karl Kautsky endlich ihre Fortsetzung. Die 2003 von Till Schelz-Brandenburg unter Mitarbeit von Susanne Thurn herausgegebenen zwei Teilbände enthielten die Korrespondenz vom 15. Oktober 1895 bis 19. Januar 1905, insgesamt 309 Briefe. Der außergewöhnlich intensive Briefwechsel, „für die Kernzeit im Mittel mehr als fünf Schreiben pro Monat“, bricht zwischen 1900 und 1912 quasi ab für diesen Zeitraum sind elf Korrespondenzen, darunter vier Briefe, nachweisbar – auf die Gründe, insbesondere die Revisionismusdebatte, wird in den Einleitungen zu den Ausgaben 2003 und 2011 ausführlich eingegangen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 2011
Sozial & ökologisch
160 Seiten

Peter Krause, Ilona Ostner (Hg.): Leben in Ost- und Westdeutschland

Eine sozialwissenschaftliche Bilanz der deutschen Einheit 1990–2010

5 Seiten | Autor: Raj Kollmorgen

Das Jahr 2010 war Anlass für vielfältige Bilanzierungen der deutschen Vereinigung. Der rezensierte Band ordnet sich hier ein – wie der Untertitel unmissverständlich anzeigt – und unternimmt einen voluminösen Versuch aus sozialwissenschaftlicher Perspektive zu bilanzieren. Schon die Anzahl der AutorInnen, der Beiträge sowie der Umfang des Buches sind Respekt erheischend und lassen erahnen, welcher editorische Aufwand hinter diesem Projekt gesteckt haben muss.

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Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 2011
Sozial & ökologisch
160 Seiten

Eli Rubin: Synthetic Socialism:

Plastics and Dictatorship in the German Democratic Republic

3 Seiten | Autor: Robert Stock

Im März 1960 blickte die Ausgabe des Komikheftes „Mosaik“ auf die kommenden Sommerfreuden. Das Titelbild zeigt eine Szene auf einem Campingplatz mit Badestrand. Die Szene scheint an sich nichts Besonderes darzustellen, wären da nicht eine Unmenge kleiner Sternchen, die die diversen Gegenstände kennzeichnen. Es handelt sich bei diesen um Schwimmringe, Luftmatratzen, Campinggeschirr, Federballschläger, Angeleimer, Schallplatten usw. Der Text auf dem Titel erläutert: „Daran könnt ihr sehen, welche große Rolle die Kunststoffe in unserem Leben spielen.“ Die Abbildung findet sich in Eli Rubens Monographie “Synthetic Socialism”, die sich mit dem Zusammenhang von Diktatur und Plastik in der DDR auseinandersetzt und damit einen differenzierten Blick hinter die beschriebene Kulisse erlaubt.

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Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 2011
Sozial & ökologisch
160 Seiten