2011

Kurt Bohr, Arno Krause (Hg.): 20 Jahre Deutsche Einheit

Bilanz und Perspektiven

4 Seiten | Autor: Günter Krause

Diskurse um die jüngere deutsche Geschichte sind bis heute Kampffelder von politisch wie wissenschaftlich unterschiedlich orientierten Kräften. Gerade das Beispiel der Historisierung von Phänomenen und Prozessen der deutschen Einigung belegt dies überzeugend. Jürgen Kocka machte bereits vor einiger Zeit darauf aufmerksam: „Wie sehr einige unserer Kategorien in der Erfahrung und intellektuellen Verarbeitung des West-Ost-Konflikts verankert waren, beginnt sich erst langsam zu zeigen“1. Doch wo Bemühen um Offenheit und Gleichberechtigung für unterschiedliche Perspektiven, wo erkenntnisbringende Differenzierung und Distanz geboten sind, dominiert nicht selten ein Drang zur Fortschreibung eigener Überzeugungen und Denkmuster.

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In Rußland vor und nach 1989: Zweierlei Grenzüberschreitungen

3 Seiten | Autor: Wladislaw Hedeler

Beide hier vorzustellenden Bücher fußen auf langjährigen, von der Universität Tübingen geförderten Forschungsprojekten. Sie handeln von sowjetischen Lebens- und Erfahrungswelten, die im Westen kaum bzw. nur einem kleinen Kreis von Wissenschaftlern bekannt sind. Dem Buch von Gesine Drews-Sylla über den „Moskauer Aktionismus“ liegt ihre im Sommersemester 2007 an der Eberhard Karls Universität Tübingen angenommene Dissertation zu Grunde. Bei der Studie „Sowjetisch wohnen“ von Sandra Evans, heute am Slavischen Seminar tätig, handelt es sich um die 2008 vorgelegte Dissertationsschrift, die im Rahmen des DFG-Projektes „Intime Texte, intime Räume. Intimität und Nähe der russischen Kultur“ entstand.

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Ans Vergessen erinnern

Über Christian Meiers „Das Gebot zu vergessen und die Unabweisbarkeit des Erinnerns. Vom öffentlichen Umgang mit schlimmer Vergangenheit“

11 Seiten | Autor: Sebastian Huhnholz

Wie fruchtbar die nur vermeintlich „alte“ Geschichte für unsere Gegenwart ist, hat der große Gelehrte Christian Meier schon häufig gezeigt. Umso bemerkenswerter ist, dass sich in seinem neuen Buch über Erinnerungs- bzw. Vergessenspolitik Alte Geschichte und Gegenwart eher aneinandergereiht sehen, getrennt in zwei ungleich gewichtige Kapitel. Ums Vergessen soll es gehen, auch ums Erinnern, womöglich auch um Gedenkstile und -möglichkeiten angesichts von unzähligen, ja manch monströsen „schlimmen Vergangenheiten“. Entsprechend fragend steht man vor Meiers neuem Buch, in dem ein schon berühmter, älterer und vor allem universalhistorisch angelegter Text über die Nachkriegsoptionen früherer Konfliktparteien kombiniert wird mit einem ausschließlich zeitgenössisch relevanten Beitrag, der uns seine Gedanken zur neuen deutschen Gesellschaft näherbringt.

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Judith Butler: Die Macht der Geschlechternormen und die Grenzen des Menschlichen

2 Seiten | Autor: André Häger

Es gibt eine Reihe von Einführungsbüchern und Überblicksdarstellungen zum Denken von Judith Butler, aber das jüngste Buch der prominenten Theoretikerin kann selbst als Einführung dienen. Das gilt für die darin versammelten elf Aufsätze, die von 1997 bis 2004 bereits an anderer Stelle veröffentlicht wurden, in dreierlei Hinsicht.

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Bundeswehr als Paradigma für die Umfunktionierung einer Institution: Eine Armee für „das Gute“

13 Seiten | Autor: Manfred Lauermann

Grundidee dieses Textes ist eine Theorie des (politischen ) Umbaus von Institutionen. Das Fallbeispiel Bundeswehr (hier in der Zeit von 1956 bis 1987) ist zu einem Modell für andere Institutionen geworden – Psychiatrie, Hochschule, Gerichte, Staatsbürokratien, allesamt Typen der „Postdemokratie“: unter Beibehaltung des äußeren Institionendesigns, fast aller formalen Merkmale wird die Institution entkernt. Daher – so die These, die ich in einem Aufsatz für die aktuelle Bundeswehrsituation vorgelegt habe – können die nach 1987 durchgeführten Auslandseinsätze und kann auch die längst überfällige Entscheidung 2010/20111 zur Abschaffung (Tarnname: Aussetzung) der zuvor nur noch fiktiven allgemeinen Wehrpflicht, die überdies entgegen dem Gleichheitsgrundsatz Artikel 3(2) GG nicht für Frauen galt, das sich 1956-1987 herausgebildet habende, mit Max Weber als Idealtypus zu definierende Modell einer nichtkampffähigen Armee, einer für „das Gute“, nicht rückgängig machen.

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Governance-Diskurs in der Volksrepublik China

12 Seiten | Autor: Izabella Goikhman, Barbara Herrmann

„China to launch new round of reform for good governance”, meldete die Regierungsnachrichtenagentur „Xinhua” im Oktober 2010. Good Governance sei das Ziel der umfassenden politischen und wirtschaftlichen Reformen, welche im Rahmen des 12. Fünfjahresplanes (2011-2015) vorgesehen sind.1 Nach fünfzehn Jahren Diskussionen unter chinesischen Wissenschaftlern ist Governance in der chinesischen Politik angekommen.

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Kritik an einem Ideal der Weimarer Republik: Das Motiv des Boxers in László Moholy-Nagys Sport-Fotomontagen

15 Seiten | Autor: Joann M. Skrypzak

Im Jahr 1924 fertigte der Bauhaus-Lehrer László Moholy-Nagy mit „Boxen„ und „Adam Sportartikel„ zwei Versionen einer Fotomontage an, die besondere Beachtung verdienen, weil er sich mit ihnen von den eher idealistischen oder utopischen Darstellungen weg hin zu den Realitäten der Sportkultur in der Weimarer Republik und speziell denen des Boxens wandte. In diesen Arbeiten veranschaulicht der Boxer nicht Moholy-Nagys Ideal des „ganzen Menschen„, ein utopisches Wesen, das ein natürliches Gleichgewicht von psychischen, physischen und emotionalen Fähigkeiten besitzt, die es durch ein breites Spektrum an Erfahrungen statt durch enge, spezialisierte Ausbildung entwickelt hat, vielmehr ist er hier weniger durch selbstbestimmtes Handeln als durch äußere Umstände gekennzeichnet. Im Unterschied zur bisherigen Forschung, in der Moholy-Nagys Sportbilder als Teil einer allgemeineren Begeisterung für die Weimarer Sportbewegungen verstanden wurden, behaupte ich, dass „Boxen„ und „Adam Sportartikel„ eine tiefergehende Untersuchung dieses Phänomens vornehmen. Mit Humor und Biss portraitieren diese Arbeiten den Boxer unter gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, welche die Integrität von Moholy-Nagys „ganzem Menschen„ verkomplizierten oder gar gefährdeten. Dennoch sollten wir Moholy- Nagys Boxer nicht als eine Antithese zu seinem utopischen Ideal betrachten, sondern als eine Figur, die Aspekte der Weimarer Kultur erhellt, die dessen Verwirklichung im Wege standen. Eine Untersuchung der zwei Werke im Vergleich mit Arbeiten anderer zeitgenössischer Künstler und im Kontext der Sportgeschichte, von Ereignissen und Diskursen der Zeit hilft zu entdecken, wie Moholy-Nagy mit ihnen breitere gesellschaftliche Realitäten und Ängste visualisierte und zugleich didaktische Zwecke verfolgte.

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Die Rahmung der Gewalt

17 Seiten | Autor: David Scott

Der Boxring ist einer der anziehendsten und beunruhigsten Räume der modernen Zivilisation. Unter den Boxschriftstellern mit auch nur etwas aktiver Erfahrung in diesem Sport gibt es nur wenige, die sich nicht über die komplexen und sogar gegensätzlichen Gefühle von Beklommenheit und Begeisterung, die sie beim Eintritt in ihn überkamen, äußerten. Für das Publikum dagegen bietet der erhöhte Ring mit dem blendend weißen oder (in jüngerer Zeit) blauen Boden und den ihn einschließenden Seilen einen Fokus für den Blick und ein Rahmenwerk für die bevorstehende Aufregung, die in der Welt des Sports und der Unterhaltung wahrscheinlich nicht ihresgleichen hat. Ein großer Teil dieser Anziehungskraft und Angst ist natürlich die Funktion einer Projektion: Für den Kämpfer ist der Ring ein Theater potentiellen Schmerzes, von Erschöpfung und Gefahr, während er zugleich die Möglichkeit von Sieg und entsprechendem Ruhm und Reichtum (verschiedenen Ausmaßes) bietet. Er ist ein leeres Blatt, auf dem vielleicht ein Kapitel einer Sportkarriere, ein Schicksal oder sogar ein ganzes Leben geschrieben wird. Für das Publikum ist es ein Theater, in dem ein improvisiertes Stück aufgeführt wird – nach konventionellen Regeln, doch mit einem Ausgang, den niemand mit Gewißheit voraussagen kann. Es handelt sich um einen Wettkampf, in den beide Kombattanten finanzielle, ethnische, nationale, kulturelle oder andere symbolische Werte investiert haben mögen, in dem sich in Abhängigkeit von seinem Verlauf aber die Loyalitäten ändern können. Vielleicht muß der regierende Champion einem Underdog weichen oder dem Außenseiter gestatten, sich der Meisterkrone zu bemächtigen. Ein besonderes Paradox dieses Raumes ist, dass er sowohl ein Ort der Ordnung als auch einer potentiell chaotischen Handlung ist. Seine geometrische Form, die Seile, die Bodenoberfläche und die erhöhte Lage zeichnen ihn als einen höchst sichtbaren und regulierten Raum aus, aber die Handlung in ihm beschreibt Parabeln von Bewegungen, Stellungsverschiebungen, Gestöber von Aktionen und ein Dénouement, das so verheerend wie unvorhersehbar sein kann. Obgleich der Boxring, wie das Gym, soziologisch gesehen, einen Platz für das kontrollierte Freilassen von Aggression bereitstellt, die sonst vielleicht auf der Straße ausbricht, bietet er aus psychologischer Perspektive auch ein Ventil für die Zurschaustellung gewalttätiger und aggressiver Handlungen. Das Zusammenspiel dieser zwei Tendenzen – Freisetzung einerseits, Kontrolle andererseits – erzeugt die spezielle Spannung und Erregtheit, die untrennbar mit der Boxerfahrung verbunden ist.

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Ringcraft – Im Bannkreis des Boxens

10 Seiten | Autor: Lynda Nead

Boxen ruft extreme Reaktionen hervor. Es kommt selten vor, dass sich jemand zum Boxen indifferent äußert, die Menschen lieben oder hassen das Boxen, hegen sentimentale Gefühle dafür oder wollen diesen Sport verboten sehen. Boxen ist nicht die Welt des Ausgleichs. Viele haben zudem beobachtet, zuweilen überrascht, dass Boxen einige der besten Texte der Sportliteratur hervorgebracht hat. Und sicherlich kann man sagen, dass wir dem Boxen einige der visuell faszinierendsten Bilder [images] von Körpern in Aktion verdanken. Boxen kann man als die rudimentärste Form von Körperlichkeit betrachten und als das am stärksten verdichtete Spektakel des Körpers im Raum. Es ist daher nicht überraschend, dass es so intensive Reaktionen bei uns auslöst. Im Folgenden möchte ich dazu einladen, über diese üblichen instinktiven Reaktionen hinaus zu denken und darüber zu reflektieren, was Boxen für uns in sozialer, kultureller und psychologischer Hinsicht bedeutet. Das kann bedeuten, lang gehegte Annahmen und Sichtweisen zu ändern und sogar uns zu erlauben, uns in den Bann der Ringcraft zu begeben.

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Boxen: Ästhetische Perspektiven

Zur Einführung

5 Seiten | Autor: Wolf-Dietrich Junghanns

Die Geschichte des modernen Boxens währt schon etwa 300 Jahre und hat eine kaum überschaubare Menge an Literatur über diese Geschichte, ihre Protagonisten, über Technik und Taktik und die Faszination dieser Sportart, die in der westlichen Welt lange zu den populärsten und umstrittendsten zählte, hervorgebracht. Die Geschichte der wissenschaftlichen Erforschung der Boxgeschichte ist freilich wesentlich kürzer und steht in keinem Verhältnis zu der von diesem Sport und um ihn herum erzeugten öffentlichen Aufmerksamkeit. Auch wenn man das in Rechnung stellt, fällt auf, dass es bis heute trotz hinreichender Anhaltspunkte keine systematische und umfassende Studie über die Form und Konstruktion des Box- „Ringes“, deren historische Entwicklung, die Veränderungen der Art und Weise der Besetzung und Verwendung des Ringes als Raum und der spezifischen Raumerfahrungen in und an diesem gibt. Dabei handelt es sich um einen der interessantesten Räume, den die Moderne hervorgebracht hat, wie schon die Metaphern nahelegen, mit denen seine Symbolik und die der Aktionen in ihm hervorgehoben wird: Altar, Bühne bzw. Theater, Käfig und Zelle, Richtplatz, Tanzboden usw. Dass der „Ring“ gar keinen Kreis bildet, ist letztlich bloß ein äußerer Hinweis darauf, dass seine Konstruktion historisch das Ergebnis bestimmter technischer Probleme und von Interessenkonflikten in der Institutionalisierung des Sports im 18. und 19. Jahrhundert ist. So wird das sogenannte Seilviereck bis heute einfach für die geeignete Form für die Austragung von Wettkämpfen in dieser speziellen Körper- und Bewegungsdisziplin gehalten. Die Mehrheit der Interessenten scheint keine Notwendigkeit zur Veränderung gesehen zu haben. Versuche mit kreisförmigen Ringen gab es wiederholt, aber offenbar überzeugten sie nicht und das wohl nicht allein aus Gründen der fehlenden Symbolik für Gegensätze. Ein Streitpunkt im Zuge der Bemühungen, das Boxen äußerlich zu zivilisieren und dem Geschmack des aufstrebenden Bürgertums anzupassen, war die Frage, ob die Möglichkeit, den Gegner in die Ecke zu drängen und dort besonders zu gefährden, beibehalten werden sollte. Offenbar haben die meisten Anhänger – und Anhängerinnen – in den entsprechenden Angriffs- und Verteidigungsmanövern der Raumverengung bzw. -gewinnung einen wesentlichen Bestandteil der Spannungskonfiguration und „Kunst“ des Boxens gesehen. Dazu kam die praktische Schwierigkeit, eine kreisförmige Begrenzung herzustellen, die maßvoll elastisch ist – eine Bedingung für Verletzungsschutz und Kampfdynamik – und zugleich gut einsehbar – eine Bedingung für Öffentlichkeit. Darüber, ob sich im runden Ring über die Beseitigung der vier engeren Gefahrenräume hinaus etwas an der Raumwahrnehmung und dem Raumverhalten der Athleten, z.B. in der Distanzfindung zum Gegner, änderte, scheinen keine Berichte überliefert worden zu sein.

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