Berliner Debatte Initial
Offshore-Windkraft als Plan B der Energiekonzerne?
12 Seiten | Autor: Mario Neukirch
Windparks auf dem Meer sollen sich in den kommenden Jahren zu einer wichtigen Komponente der Energiewende entwickeln. Für das Jahr 2020 rechnet das Bundesumweltministerium mit einer Gesamtkapazität von zehn Gigawatt in Nord- und Ostsee. Bis 2030 sollen 15 Prozent des Strombedarfs, entsprechend circa 25 Gigawatt, aus dieser Quelle geliefert werden. Doch die meisten Projekte liegen bereits seit Jahren im Verzug und es erscheint aus heutiger Sicht fraglich, inwieweit sich die ambitionierten Pläne überhaupt umsetzen lassen werden. So prognostizierte das Bremer Energie-Institut im Jahr 2007 allein für die deutsche Nordsee eine installierte Gesamtkapazität von 3.100 Megawatt (MW) bis 2012. Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung aus dem Jahr 2005 lag bei 2.000 bis 3.000 MW installierter Kapazität für das Jahr 2010. Der tatsächlich erreichte Wert lag im Januar 2013 bei 280,3 MW. Legte man frühere Ankündigungen der Branche zugrunde, fiele das Bild noch pessimistischer aus.
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Die Geburt des amerikanischen „Neokonservatismus“
11 Seiten | Autor: Oliver Neun
Während noch Mitte der 1990er Jahre ein Aufgehen des „Neokonservatismus“ im Konservatismus erwartet wurde, ist der Begriff seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und dem amerikanischen Irak-Krieg 2002/2003 wieder stark in den Medien präsent. Man kann sogar von einer „Neoconmania“ sprechen. Das neu erwachte Interesse spiegelt sich auch in der Fülle wissenschaftlicher Publikationen zu dem Thema wider.
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Michael Nedo (Hg.): Ludwig Wittgenstein
4 Seiten | Autor: Mariele Nientied
Im Rahmen der Wittgenstein-Ausstellung im Schwulen Museum Berlin im vergangenen Jahr wurde Wittgensteins Tweedjacke in einer Vitrine ausgestellt. Im Gemeindehaus von Kirchberg am Wechsel – ein kleiner Ort in Niederösterreich, in dem jährlich die internationale Wittgenstein-Konferenz stattfindet, weil Wittgenstein in der Gegend als Volksschullehrer gearbeitet hat – wird seine Klarinette und ein Fensterflügel seines Hauses in Norwegen präsentiert. Man kennt dies von Reliquienverehrung in der katholischen Kirche oder von Exponaten in historischen Museen – aber im Zusammenhang mit einem Philosophen? Hilft es dem Verständnis eines philosophischen Ansatzes, die persönlichen Gegenstände zu sehen, auch Familienfotos und Dokumente wie Schulzeugnisse oder handschriftliche Notizen als Faksimile? Wenn der Wittgenstein-Kenner Michael Nedo gleich im Vorwort seines biographischen Albums behauptet, mit eben solchen Exponaten werde der Zusammenhang zwischen Leben und Werk deutlich und befördere das Verständnis der Philosophie, bejaht er diese Frage, um ein solches Buch zu motivieren.
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Wolfgang Uwe Eckart: Medizin in der NS-Diktatur
3 Seiten | Autor: Regina Casper
Arzt sein heißt Leben retten, Leben erhalten, Leben schützen. Bis heute ist es unerklärlich, warum Ärzte unter den Nationalsozialisten Leben zerstörten, Leben gefährdeten und Leben für unwert erklärten. Nicht alle Ärzte wurden zu Mördern, nur wissen wir, dass um 1934 ein Drittel der Ärzte und 10 Jahre später 45 % der NSDAP angehörten und von diesen wurden fast alle zu parteihörigen Lebensvernichtern. Allerdings dokumentiert Wolfgang Uwe Eckart, dass auch der Partei nicht zugehörige Ärzte, Akademiker eingeschlossen, zunächst an der Sterilisierung von Epileptikern und zu schwachsinnig oder geisteskrank Erklärten und später an der Tötung chronisch kranker und schwacher Menschen teilgenommen haben – aus ideologischen Gründen und/ oder aus opportunistischem Kalkül. Eckart beherrscht sein Sujet, dennoch: “Freiräume des Handelns” waren nicht die Ursache, die gab es immer. Es gab Weisungen, denen die meisten Ärzte bereitwillig gefolgt sind. Die Teilnahme an Sterilisation und Euthanasie war nicht erzwungen und doch: Vor Gericht zur Rechenschaft gestellt, wiesen die Schuldigen jede Verantwortung zurück. Viele der Justiz entflohenen Ärzte praktizierten in Deutschland nach dem Krieg trotz ihrer Verbrechen unbehelligt ihren Beruf.
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Zwei unangepasste Intellektuelle: Karl Radek und Chaim Zhitlowsky
4 Seiten | Autor: Wladislaw Hedeler
Ob sich Karl Radek (31.10.1885–19.5.1939) und Chaim Zhitlowsky (19.4.1865–6.5.1943) je begegnet sind, ist nicht überliefert. Bis 1908 wäre es denkbar, denn die Lebenswege beider kreuzten einander. Es ist kaum anzunehmen, dass sich Radek vor seinem Zerwürfnis mit Rosa Luxemburg über Zhitlowsky unterhalten hat, gegen den Lenin seinerzeit erbittert zu Felde gezogen war. Rosa Luxemburg bezeichnete ihn im Briefwechsel als „gründlichen Kenner der Philosophie“, auch wenn seine Beweisführung daneben geht.1 Doch weder Kay Schweigmann- Greve noch Wolf-Dietrich Gutjahr, die Verfasser der vorliegenden Bücher über Zhitlowsky und Radek, verfolgen diese Spur weiter.
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Gunther Teubner: Verfassungsfragmente
4 Seiten | Autor: Oliver Römer
Probleme der Rechts- und Verfassungstheorie auf gesellschaftstheoretische Fragestellungen zurückzubeziehen, ist weder in den Rechtsnoch in den Sozialwissenschaften eine Selbstverständlichkeit. Eine wichtige Ausnahme bilden die Arbeiten des Rechtswissenschaftlers Gunther Teubner, der mit Rechtstheorie den Sinn der Rechtswissenschaften für die gegenwärtige soziologische Diskussion zu schärfen versucht. Dabei ist das in den Sozialwissenschaften eher randständig behandelte Problem der Konstitutionalisierung von rechtlichen Regulativen jenseits des Nationalstaates für Teubner zuletzt immer weiter in den Vordergrund getreten. In einer Reihe von Aufsätzen und in dem gemeinsam mit Andreas Fischer-Lescano verfassten Buch „Regime-Kollisionen“1 wird versucht, der gesellschaftlichen Funktionsweise des Rechts unter Globalisierungsbedingungen auf den Grund zu gehen. Im Zentrum dieser Überlegungen steht das Phänomen einer „Selbstkonstitutionalisierung globaler Ordnung ohne Staat“ (87), das in Teubners neuestem Werk „Verfassungsfragmente“ eine Zuspitzung erfährt: Gegenstand ist nun die Frage nach der Herausbildung von verfassungsmäßigen Integralen in einer nicht mehr nationalstaatlich formierten Weltgesellschaft.
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Symbolisches Kapital und soziale Klassen
10 Seiten | Autor: Pierre Bourdieu
Jedes wissenschaftliche Klassifikationsvorhaben muss der Tatsache Rechnung tragen, dass soziale Akteure objektiv durch zwei unterschiedliche Arten von Eigenschaften charakterisiert erscheinen: einerseits materielle Eigenschaften, die sich, angefangen beim Körper, wie jedes andere Objekt der physischen Welt zählen und messen lassen, andererseits symbolische Eigenschaften, die ihnen in der Beziehung zu anderen, zur Wahrnehmung und Bewertung dieser Eigenschaften fähigen Subjekten zukommen und nach ihrer spezifischen Logik erfasst werden müssen. Dies bedeutet, dass es zwei unterschiedliche Arten gibt, die soziale Wirklichkeit zu interpretieren: einerseits Ansätze, die sich mit einem objektivistischen Gebrauch der Statistiken wappnen, um Verteilungen (im statistischen wie auch im ökonomischen Sinne) zu ermit teln, quantifizierte, anhand von „objektiven Indikatoren“ (d.h. materiellen Eigenschaften) erfasste Ausdrücke für die Verteilung eines bestimmten Quantums sozialer Energie auf eine große Zahl konkurrierender Individuen, andererseits Ansätze, die sich bemühen, Bedeutungen zu entziffern und die kognitiven Operationen aufzudecken, mit denen die Akteure sie produzieren und sie entziffern. Der erste Ansatz will eine objektive, der gewöhnlichen Erfahrung gänzlich unzugängliche „Realität“ festhalten und „Gesetze“ zutage fördern, das heißt, signifikante Beziehungen – signifikant im Sinne von nicht zufällig – zwischen Verteilungen, der zweite Ansatz hat nicht die „Realität“ selbst zum Objekt, sondern die Vorstellungen, die sich die Akteure von ihr machen und die in einer nach Art der idealistischen Philosophen als „Wille und Vorstellung“ gedachten sozialen Welt die ganze „Realität“ darstellen. Ansätze der ersten Art, die die Existenz einer „von Bewusstsein und Willen des Individuums unabhängigen“ sozialen „Realität“ anerkennen, gehen bei ihren wissenschaftlichen Konstruktionen logischerweise von einem Bruch mit den gewöhnlichen Vorstellungen von der sozialen Welt (Durkheims „Vorbegriffen“) aus. Ansätze der zweiten Art, die die soziale Realität auf die Vorstellung reduzieren, die sich die Akteure von ihr machen, befassen sich logischerweise mit dem Primärwissen von der sozialen Welt1: Als bloßer „account of accounts“, wie Garfinkel das nennt, bloße Konstruktion zweiten Grades, kann diese „Wissenschaft“, deren Objekt eine andere „Wissenschaft“ ist, nämlich die, welche die sozialen Akteure in ihrer Praxis anwenden, nichts weiter tun, als die Erfassungen einer sozialen Welt zu erfassen, die in letzter Instanz nichts weiter wäre als das Produkt von mentalen, also sprachlichen, Strukturen.
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Symbolische Macht und Gruppenbildung
18 Seiten | Autor: Loïc Wacquant
Pierre Bourdieus Neubetrachtung der Klassenfrage veranschaulicht die Hauptelemente seiner Soziologie in globo, sodass ein genaues Lesen seiner Schlüsseltexte zu diesem Thema einen direkten Weg in den Kern seines wissenschaftlichen Projekts eröffnet. Es verdeutlicht die wesentlichen konzeptionellen Wandlungen, die der französische Soziologe in dem Bestreben anstieß, eine der widerspenstigsten Problematiken der Sozialgeschichte und Sozialtheorie neu zu fassen und zu lösen. Im Zuge dessen schmiedete Bourdieu Werkzeuge, die ihm helfen sollten, die allgemeine Politik von Gruppenbildungsprozessen zu erhellen: jene sozio-symbolische Alchemie, aufgrund derer ein abstraktes mentales Konstrukt in den Köpfen Einzelner sich in eine konkrete soziale Realität verwandelt, die ihrerseits eine über und außerhalb der Individuen stehende, existenzielle Wahrhaftigkeit und historische Wirkmacht entfaltet. Im Folgenden stelle ich sechs miteinander verwobene Charakteristika von Bourdieus Neufassung des Klassenbegriffs heraus, die die klassischen Perspektiven erweitern, miteinander vermischen und in einem eigenständigen Theoriegebäude verschmelzen.
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Zwischen Zentrum und Peripherie
16 Seiten | Autor: Jurek Sehrt, Tobias Reckling
Im Sommer 2012 debattierte das Madrider Abgeordnetenhaus einen Antrag der Partei Izquierda Unida (IU, Vereinigte Linke) über die Schaffung eines Museo de la Memoría Democrática (Museum der demokratischen Erinnerung) in der spanischen Hauptstadt. Die Realisierung dieses Museums, welches u.a. den Opfern des Franquismus gewidmet sein sollte, wurde mit den Gegenstimmen der rechtskonservativen Partido Popular (PP, Volkspartei) mit der Begründung abgelehnt, dass “nach vorne geschaut werden [müsse] anstatt die Spanier zu spalten, alte Wunden aufzureißen, die Geschichte zu verzerren, und damit den neuen Generationen Hass und Ressentiments einzuimpfen“.
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Urbane Erinnerungspolitik und Dekolonisierung
11 Seiten | Autor: Robert Stock
Die Beschaffenheit der gegenwärtigen europäischen Erinnerungskulturen zeichnet sich durch einen hohen Grad an Heterogenität aus. Mit Claus Leggewie kann man davon ausgehen, dass „Europas kollektives Gedächtnis nach 1989 [...] ebenso vielfältig wie seine Nationen und Kulturen [...] und genauso – im doppelten Sinne – geteilt wie seine Staatenund Gesellschaftswelt“ ist. Demzufolge lässt sich die europäische Erinnerungslandschaft als eine Formation von sieben Kreisen denken: Dabei bildet die Vernichtung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Terrorregime den zentralen negativen Gründungsmythos des heutigen Europas, der im Internationalen Holocaust-Gedenktag einen Kristallisationspunkt findet. Auch die Verbrechen der nationalsozialistischen und kommunistischen Diktaturen stellen wichtige Marker der europäischen Erinnerung dar, ebenso wie die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und die damit verbundene Vertreibung ganzer Bevölkerungsteile. Zum heterogenen Feld erinnerungspolitischer Formationen sind weiterhin der Genozid an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs, Sklaverei und Kolonialismus sowie Emigration und die europäische Integration zu zählen. Es versteht sich, dass diese historischen Ereignisse und Prozesse je eigene Nachwirkungen produzierten, die nicht nur an bestimmte Nationen gebunden sind. Vielmehr werden diese Vergangenheiten unter bestimmten Gesichtspunkten in der Gegenwart rekonstruiert und sich von bestimmten sozialen Gruppen angeeignet, die sie für ihre jeweiligen Interessen heranziehen.
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