Berliner Debatte Initial
Der doppelte Populismus
12 Seiten | Autor: Robert Feustel, Peter Bescherer
Der Beitrag diskutiert den Begriff des „Populismus“ und dessen analytische Treffsicherheit. Anhand der Unterscheidung zwischen Politik und dem Politischen wird gezeigt, dass Populismus zunächst eine urdemokratische Geste gegen die zunehmende Entpolitisierung der Politik darstellt, die auf Öffnung formalisierter demokratischer Verfahren zielt. Im alltäglichen Sprachgebrauch meint Populismus hingegen meist eine „arche-politische“ Schließung des Feldes der Politik. Die Autoren werben für eine Schärfung des Populismusbegriffs, um reaktionäre und nationalistische Positionen und Programme nicht mit einem Impuls der Demokratisierung zu assoziieren, dem sie fernstehen.
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Ende oder Transformation des Eigentums?
13 Seiten | Autor: Jürgen Leibiger
Jürgen Leibiger diskutiert im Hinblick auf die Commons-Bewegung, inwieweit sich in deren Diskussion über das „Ende“ oder das „Verschwinden“ des Eigentums Bezüge auf anarchistische Traditionen zeigen. So etwa zu Proudhons Devise „Eigentum ist Diebstahl“, die als Aufforderung, das Eigentum abzuschaffen, interpretiert wird. Die Commons-Theoretiker gehen davon aus, in der künftigen Gesellschaft gebe es kein Eigentum mehr, dieses würde durch Besitz oder Zugang (access) ersetzt. Leibiger stellt dem entgegen, dass Eigentum nicht mit Privateigentum gleichzusetzen sei, sondern als soziales Verhältnis in der gesellschaftlichen Produktion verstanden werden müsse. In diesem Sinne verschwinde es nicht, sondern unterliege auch künftig Formwandlungen und Transformationen.
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Arbeitsfeindschaft in Marxismus und Anarchismus
10 Seiten | Autor: Peter Seyferth
Unter dem Motto „Arbeitsfeindschaft“ beleuchtet Peter Seyferth gegenwärtige Vorstellungen zur Befreiung von der Arbeit im Marxismus und Anarchismus. Er greift damit ein Thema auf, das quer zu der üblichen Konfliktlinie Autoritarismus versus Antiautoritarismus steht: Produktivismus versus Antiproduktivismus. Arbeitsfeindschaft (und Arbeitsbejahung) gibt es im Anarchismus wie im Marxismus. Plädieren Neomarxisten wie André Gorz vor allem für ein bedingungsloses Grundeinkommen, setzten Anarchisten auf direkte Aktionen gegen die Arbeit. Seyferth arbeitet die Unterschiede zwischen marxistischem und anarchistischem Antiproduktivismus heraus, plädiert jedoch dafür, dass sich die beiden Strategien ergänzen und strategische Koalitionen eingehen können.
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„Feindliche Brüder“
10 Seiten | Autor: Jan Hoff
Jan Hoff skizziert, welche Verständigungsversuche es zwischen den „feindlichen Brüdern“ gegeben hat. Mit dem Bild der feindlichen Brüder ist sowohl gegnerische Distanz wie gegenseitige Nähe angedeutet. Während die Gegnerschaft häufig im Mittelpunkt des historischen Interesses steht, ist die Nähe oftmals übersehen worden. Über die Epochenbrüche von 1914/17, 1945 und 1989/90 hinweg gibt es eine bemerkenswerte Kontinuität von Interesse, Offenheit und Diskussionsbereitschaft bezeugenden Bezugnahmen seitens marxistischer wie auch anarchistischer Theoretiker auf Ideen oder Personen der jeweils anderen Strömung. Anhand einzelner Vertreter wird exemplarisch auf die politischen Motive und historischen Hintergründe von Verständigungsversuchen zwischen Marxisten und Anarchisten eingegangen, ohne die politischen und theoretischen Differenzen zu negieren.
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Viktor Chaim Arlosoroffs Kritik der Marx’schen Klassentheorie
9 Seiten | Autor: Mathias Lindenau
Vor dem Hintergrund der Frage, wie der sozialistische Aufbau eines jüdischen Gemeinwesens in Palästina bewerkstelligt werden könne, setzte sich Viktor Chaim Arlosoroff mit dem Marx’schen Klassenbegriff und den daraus abgeleiteten Dogmen des Marxismus auseinander. Mathias Lindenau zeichnet Arlosoroffs Auseinandersetzung nach und geht den über Martin Buber vermittelten Einflüssen Gustav Landauers auf Arlosoroff nach. Arlosoroffs Konzeption eines jüdischen Volkssozialismus, die als Antwort auf Marx’ Klassentheorie gelesen werden kann, entspricht in vielem Landauers republikanischen Anarchismus. Arlosoroff folgt Landauer nicht nur in der Ablehnung einer historischen Gesetzmäßigkeit der Entwicklung der Gesellschaft hin zum Kommunismus sowie in der Kritik einer strikt materialistischen Auffassung, die aus veränderten ökonomischen Verhältnissen den „neuen Menschen“ des Sozialismus zwangsläufig entstehen sehe, sondern weist ebenfalls die Auffassung zurück, dass allein das Proletariat das revolutionäre Subjekt des geschichtlichen Prozesses sei und diesem somit eine Avantgarde-Funktion zukomme.
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Gustav Landauers Auseinandersetzung mit dem „Vorwärts“
14 Seiten | Autor: Anatole Lucet
Anatole Lucet rekonstruiert die Auseinandersetzung von Gustav Landauer mit dem „Vorwärts“, der offiziellen Stimme der deutschen Sozialdemokratie und deren marxistischer Orthodoxie. Der anarchistische Denker und Aktivist Landauer, Redakteur der Zeitschrift „Der Sozialist“, spielte eine wichtige Rolle im Protest gegen die marxistische Vorherrschaft in der Linken. Ausgehend von der wechselseitigen Kritik, zeigt Lucet den hinter der heftigen Polemik stehenden Konflikt auf: die grundsätzliche theoretische und strategische Kontroverse über zwei entgegengesetzte Auffassungen des Sozialismus. Diese wird in ihren zentralen Merkmalen nachgezeichnet
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Anarchismus versus Marxismus zwischen 1872 und 1914
13 Seiten | Autor: Philippe Kellermann
Philippe Kellermann gibt einen Überblick über die Kämpfe zwischen Marxisten und Anarchisten in der Zeit von der Internationalen Arbeiter-Assoziation (IAA, 1864–1877) bis zum Ersten Weltkrieg. Er widmet sich einer Zeitspanne, in der die sozialistische und Arbeiterbewegung ihre Ausprägung erhielt und ihre Kernauseinandersetzungen führte. Anarchismus und Marxismus bildeten hierbei zwei zentrale Denkgebäude und agierende Strömungen. Sie werden hier unter dem Bild „feindlicher Brüder“ (Johann Most) betrachtet. Wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass beide keineswegs in sich geschlossen sind und es bisweilen Übergänge zwischen verschiedenen Akteuren gab.
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Marxismus auf eigene Faust?
10 Seiten | Autor: Olaf Briese
Der Aufsatz verortet Friedrich Engels zwischen anarchistischen Affinitäten und marxistischer Orthodoxie. Olaf Briese zeigt, dass Engels durchaus eigenständige und von Marx unabhängige Positionen vertrat. Als Anhänger der ersten Stunde gilt er zwar als erster „Marxist“, aber auch als erster unorthodoxer Marxist und erster „Abweichler“. So zeigte er sich etwa empfänglich für anarchistische Einflüsse: als jugendlicher Rebell, der sich von seinem pietistischen Elternhaus löste; als aktives Mitglied des anarchistischen Kreises der Berliner Freien 1841/42; als „wahrer Sozialist“ in den Jahren 1844/45, in denen er dezidiert die Position „Gesellschaft versus Staat“ verfocht; als „Experimentalkommunist“, der nach Erscheinen von Max Stirners „Der Einzige und sein Eigenthum“ gegenüber Marx davon ausging, dass kommunistische Theorie unbedingt an Stirner anknüpfen müsse. Diese anarchistische Affinität zeigt sich dezidiert auch in Engels Spätwerk. Von Engels stammen die das Marxismus-Bild prägenden Thesen über das kommunistische ‚Absterben des Staats‘. Ausgehend davon wird gefragt: Stehen Engels’ anarchistische Affinitäten im Widerspruch zu Marx? Wären mit Bezug darauf Vermittlungen im traditionellen Antagonismus von Marxismus und Anarchismus denkbar?
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Louis-Auguste Blanqui als Konspirateur von Profession
11 Seiten | Autor: Anna Migliorini
Der Beitrag betrachtet die Beziehung zwischen Karl Marx und Louis-Auguste Blanqui. Ausgehend von Überlegungen Walter Benjamins greift Anna Migliorini die Figur des Berufsverschwörers auf, wie sie Marx und Friedrich Engels in ihrer Rezension zu Adolphe Chenus „Die Verschwörer“ entwickelt hatten. Anhand des Bild des Berufsverschwörers, des „Konspirateur von Profession“, fragt sie im Folgenden, inwieweit der für den Berufsverschwörer charakteristische Widerspruch zwischen Programm und Aktion auch für Blanqui gilt, und was sich aus Marx’ Analyse des Verschwörertums und seiner Sicht auf Blanqui für sein Verhältnis zum Anarchismus ableiten lässt.
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Streit ums Geld
13 Seiten | Autor: Ulrich Busch
Die Auseinandersetzung Karl Marx’s mit dem Anarchismus wird meist an der Rolle des Staates festgemacht. Sie lässt sich aber nicht hierauf reduzieren. So nutzte Marx bei der Ausarbeitung seiner Geldtheorie die Polemik mit Pierre Joseph Proudhon, um den kleinbürgerlichen Charakter der anarchistischen Geldauffassung offen zu legen, u. a. in „Das Elend der Philosophie“ (1847) und „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie“ (1857/58), in welchen Marx insbesondere Proudhon und dessen Geldauffassung heftig attackierte. Ulrich Busch zeichnet diese Kontroverse nach und zeigt ihre Bedeutung für die Ausformung der Marx’schen Geldtheorie bis 1857, welche dann ein Jahrzehnt später im „Kapital“ (1867) fertig vorlag.
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