Berliner Debatte Initial
Chancen und Blockierungen eines demokratischen Sozialismus
9 Seiten | Autor: Wolfgang Fritz Haug
Ende Januar 1990 fand an der Humboldt-Universität eine Diskussionsveranstaltung statt. Auf ihr stellte ein westlicher Marxist, um Positionsbestimmung gebeten, sich als „häretischer Marxist“ vor. Ketzerischer Marxist - mir ging durch den Kopf, wie schnell solche Bestimmungen veralten. Die marxistisch-leninistische Staatskirche ist zusammengebrochen, es gibt keine Inquisition mehr. Wir Ketzer von gestern müssen uns erst daran gewöhnen. Nun treffen wir uns also, unter der Schirmherrschaft der Theologie: westliche Marxisten mit östlichen und den, wenn ich so sagen darf, Marxisten des Südens im Boot des demokratischen Sozialismus.
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West-östliche Große Krisen
10 Seiten | Autor: Elmar Altvater
Der Zusammenbruch der Gesellschaften des realen Sozialismus in Osteuropa, der „Übergangsgesellschaften“, wie sie lange Zeit in Ermangelung besserer Begriffe bezeichnet worden sind, ist vom amerikanischen Präsidenten George Bush selbstbewußt zum Sieg des „freien Westens“ im Kalten Krieg erklärt worden. Nach dem 40jährigen Dauerversuch, eine sozialistische Alternative zur kapitalistischen Gesellschaft zu errichten, steht das sozialistische „institution building“ allerdings vor einem Desaster von ökonomischer Krise, politischer Delegitimierung, sozialer Desintegration, ökologischer Katastrophe, individueller Enttäuschung, Verzweiflung und Empörung. Das Scheitern dieses Versuchs ist so deutlich, daß mit der Offensichtlichkeit erstens auch die Ursachen auf der Hand zu liegen und zweitens die jahrzehntelangen theoretischen und ideologischen Anstrengungen, die Überlegenheit kapitalistischer Marktwirtschaften zu belegen, nun eindrucksvoll durch die Geschichte nicht-marktwirtschaftlicher Gestaltung der gesellschaftlichen Organisation bestätigt zu sein scheinen, so daß nachfragende Reflexionen überflüssig erscheinen.
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Der DM-Nationalismus
8 Seiten | Autor: Jürgen Habermas
Ein Vierteljahr nach der demokratischen Revolution drüben reichen sie sich die Hand - die Politiker, die sich zu Geschäftsleuten, die Intellektuellen, die sich zu Sängern der deutschen Einheit gemausert haben. Im Feuilleton wird Günter Grass denunziert, in der Talk-Show verwandelt schon der Anblick eines linken Wirtschaftsprofessors die freundlichen Damen und Herren vom Mittelstand in Mob. Das selbstquälerisch-überflüssige Thema gewinnt heute seine Berechtigung: Was wird aus der Identität der Deutschen? Lenken die wirtschaftlichen Probleme den Einigungsprozeß in nüchterne Bahnen? Oder wird die D-Mark libidinös besetzt und in der Weise emotional aufgewertet, daß eine Art wirtschaftsnationale Gesinnung das republikanische Bewußtsein überwältigt? Die Frage ist offen, aber sie drängt sich auf angesichts des mentalen Flurschadens, den der Feldzug der West-Parteien im Ost-Territorium bereits angerichtet hat.
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Wende in der DDR als Indikator eines „Post-Histoire“?
6 Seiten | Autor: Eberhard Bruckner
Für viele, die in einem proklamierten „Sozialismus“, der allein schon dadurch Gesellschaftsalternative sein sollte und als solche vorzeigbar war, weil es gelungen war, ihn zeitweilig real zu etablieren, eine Chance sahen, wie auch immer die Negativa der kapitalistischen Ausprägungsform der im Austausch realisierten menschlichen Gesellschaftlichkeit zu überwinden, war es ein tiefer weltanschaulicher Schock, als im Ergebnis der Wende im Oktober und November 1989 das stalinistische Herrschaftsprinzip in seinem Wesen für alle sichtbar öffentlich unwiderruflich zur Schau gestellt war.
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Gerechtigkeit durch Dissens?
2 Seiten | Autor: Hartwig Schmidt
Der Begriff „Widerstreit“, der dem rezensierten Buch das Thema gibt, ist bereits aus der kantischen Definition für „Antinomien“ bekannt. Als „Widerstreit der Gesetze“ hatte Kant die Antinomien bestimmt, gleich notwendige (denknotwendige) Bestimmungen schließen dabei einander aus. Der Ausdruck „Widerstreit“ war in dieser Definition gewiß austauschbar. Aber einmal eingesetzt, ist „Widerstreit“ in der späteren deutschsprachigen Literatur wiederholt auf antinomische Konstellationen bezogen worden. So bei Karl Marx, Nikolai Hartmann, Michael Landmann und anderen. An diese Traditionslinie knüpft Lyotard an, wenn er das französische „differend“ mit dem deutschen „Widerstreit“ übersetzen läßt. Dem entspricht es, daß er die sogenannten dynamischen Antinomien als Widerstreitfälle par excellence herausstellt.
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SOPHO-DIALOGE
7 Seiten | Autor: Dario Canale
Die „Sopho-Dialoge“ sind eine Art „Kritik der menschlichen Unvernunft“. Die italienische Literaturkritikerin Maria Dazzi bezeichnet sie als „Prämisse für eine post-atomare Philosophie“.
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Brief an die Christen in der Deutschen Demokratischen Republik
3 Seiten | Autor: Frei Betto
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn der Hoffnung! Am 12. Februar beendete ich meine zweite Reise in die DDR. Bei der ersten, im Jahre 1988, wurde das Buch „Fidel und die Religion“ herausgegeben. Diesmal hat mich Leonardo Boff begleitet, der brasilianische Theologe, und wir folgten einer Einladung der Sektion Theologie der Humboldt-Universität.
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"Soziologie im Prozeß der Erneuerung"
4 Seiten | Autor: Helmut Steiner
Die Anführungszeichen im Titel hatten die Veranstalter im offiziellen Programm selbst gesetzt. Sicher waren sie sich des Unterfangens bewußt, inmitten eines gesellschaftlichen Umbruchs ungeahnten Ausmaßes einen wissenschaftlichen Kongreß darüber abzuhalten. Das schloß ein, den Standpunkt sowie die Funktionen der eigenen Wissenschaftsdisziplin für die Vergangenheit und für die Zukunft neu zu bestimmen und zu analysieren. Keine unbescheidene Zielstellung. War sie deshalb von Anfang an in Anführungszeichen gesetzt?
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Wie weiter mit der sowjetischen Wirtschaft?
12 Seiten | Autor: Nikolai Schmeljow
Als Ökonom mache ich mir gegenwärtig keine allzu großen Sorgen über die langfristigen Perspektiven unserer Entwicklung. Ich denke, daß wir nicht drauf und dran sind, nationalen Selbstmord zu begehen. Nachdem wir in unserer nicht sehr langen Geschichte alle möglichen und unmöglichen Methoden der Organisation des Wirtschaftslebens einschließlich Konzentrationslager ausprobiert haben, müssen wir ganz einfach jenen Weg einschlagen, den Lenin bereits in den zwanziger Jahren, in seinen letzten beiden Lebensjahren gewiesen hat.
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Über den Mythos der Vergesellschaftung der Produktion
7 Seiten | Autor: Gennadi Lissitschkin
Die Wirtschaftspraxis der Sowjetunion wird noch immer stark von theoretischen Dogmen beeinflußt, die sich in der Periode des Stalinkults eingebürgert hatten. Daraus erklärt sich, warum die Umgestaltung der Wirtschaft, mit der die Lösung der unzähligen großen und kleinen Probleme beschleunigt werden soll, so langsam und inkonsequent verläuft. Eines dieser Dogmen ist die traditionelle Vorstellung von den Prozessen der Vergesellschaftung der Produktion.
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