2022

Franz Fühmanns Erzählung „Barlach in Güstrow“

6 Seiten | Autor: Kirsten Thietz

Franz Fühmanns 1963 erschienene Novelle „Barlach in Güstrow“ ist der Zeit und den Umständen ihrer Entstehung nach einem Komplex erzählender Texte zuzuordnen, die Fühmanns Ankunft als Autor im Rostocker Hinstorff Verlag markieren. Der 1959 in Volkseigentum überführte Traditionsverlag ging daran, sich unter Nutzung seines regionalen mecklenburgischen Potenzials im kulturpolitischen Feld der DDR zu positionieren. Dem entsprach das Anliegen, das in Güstrow bewahrte Erbe des eigenwilligen Expressionisten Ernst Barlach für die DDR zu erschließen. „Barlach in Güstrow“ ist eine essayistische Annäherung an den Bildhauer und Dichter im Gewand einer klassischen Künstlernovelle. Kirsten Thietz erklärt, warum sich Fühmann Barlach verbunden fühlte und weshalb es Anfang der 1960er Jahre kulturpolitisch riskant war, Barlachs Leben und Werk in der Form, die Fühmann wählte, zu thematisieren.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

50 Jahre „Grenzen des Wachstums“

Eine kritische Würdigung

12 Seiten | Autor: Petra Dobner, Jasper Finkeldey

1972 veröffentlichte der Club of Rome den Bericht zur Lage der Menschheit „Die Grenzen des Wachstums“ fast zeitgleich in 12 Sprachen. Der Bericht sollte als Weckruf an die Menschheit dienen. Seine zentrale Botschaft: In einer begrenzten Welt führt ein unbegrenztes Wachstum zu unabsehbaren Katastrophen. Erstmals wurde in dem Werk eine computergestützte Langzeitprognose getroffen, bei der fünf zentrale Welttrends – Industrialisierung, Bevölkerungswachstum, Nahrungsmittelproduktion, Ausbeutung von Rohstoffen und Umweltverschmutzung – in ihrem wechselseitigen Einfluss modelliert wurden. In diesem Aufsatz würdigen Petra Dobner und Jasper Finkeldey dieses Jahrhundertwerk kritisch. Sie thematisieren die historischen Wurzeln des Berichts, seine zentralen Inhalte und Methoden, die Kritik und den bleibenden Beitrag zur heutigen Diskussion über die ökologische Zukunft.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Einsam in China

Digitale Mediennutzung älterer Menschen in der Corona-Pandemie

13 Seiten | Autor: Cornelia Bogen

Die Covid-19-Pandemie hat viele Gesellschaften und Individuen weltweit vor große Herausforderungen gestellt. Bei der Gruppe der Älteren verdichten sich jedoch mehrere Problemlagen, weil sie durch ihre Lebensweise, ihren Gesundheitszustand und ihre eingeschränkte Medienkompetenz besonders stark von Kontakteinschränkungen betroffen sind. Während wir ansatzweise eine Ahnung von dem damit verbundenen Leidensweg älterer Menschen in Deutschland haben, wissen wir wenig darüber, wie China als autokratisches Land mit einem rasanten technologischen Wandel auf die Notlage der „digitalen Immigranten“ reagiert hat. In ihrer explorativen Studie skizziert Cornelia Bogen, welche Probleme und Lösungsangebote chinesische Journalisten, Internetnutzer, IT-Entwickler und staatliche Akteure im öffentlichen Diskurs identifiziert und unterbreitet haben. Dabei zeigt sich, dass die diagnostizierte Einsamkeit der älteren Generation als Gefahr für den Zusammenhalt und neue Technologien als gesellschaftlicher Kitt betrachtet werden.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Kodokushi

Einsame Tode in Japan

9 Seiten | Autor: Mika Toyota

Seit Mitte der 1990er Jahre rückte das Phänomen des ‚einsamen Todes‘ oder ‚einsamen Sterbens‘ zunehmend in den Fokus der japanischen Öffentlichkeit. Seit den 2000er Jahren wurde einsames Sterben nicht nur für ältere Menschen, sondern generationenübergreifend zum Problem erklärt. Anhand der Mediendarstellung des einsamen Todes in diesen drei Jahrzehnten zeigt Mika Toyota, wie sich die öffentliche Wahrnehmung verändert hat. In den 1990er Jahren wurde der einsame Tod mit Naturkatastrophen und schlecht konzipierten Hilfsprogrammen in Verbindung gebracht und daher als Ausnahme betrachtet, für welche die Regierung zuständig sein sollte. In den 2000er Jahren stieg die Zahl der Fälle von einsamem Tod rapide an. In der Öffentlichkeit erschien der einsame Tod nun als Folge mangelnder gesellschaftlicher Solidarität und Forderungen an die Kommunen wurden laut, etwas gegen die Ausbreitung des Phänomens zu tun. Unbeabsichtigt verstärkten solche Handlungsaufrufe jedoch die Stigmatisierung des einsamen Sterbens. Seit Mitte der 2010er Jahre wurde schließlich das einsame Sterben als unvermeidlicher Fakt diskutiert und als Teil der gesellschaftlichen Normalität verstanden – als eine Angelegenheit, auf die man sich praktisch vorbereiten muss.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Nicht immer einsam und allein

Obdachlose in Gesellschaft

8 Seiten | Autor: Britta-Marie Schenk

Ein besonders hohes Einsamkeitsrisiko wird häufig Obdachlosen zugeschrieben. Britta-Marie Schenk überprüft diese Annahme. Sie stellt die schmale empirische Basis solcher Einschätzungen heraus und zeigt, dass es sich bei der Vorstellung einer vereinzelnden Wirkung von Obdachlosigkeit um ein Vorurteil handelt.

Schlagworte: Obdachlosigkeit | Einsamkeit | Asyl

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

„Selbstgewählte Isolation“

Chronobiologie in Andechs und die Ethik des Einsamen

11 Seiten | Autor: Jonathan Holst

393 Personen wohnten zwischen 1964 und 1989 zeitweise isoliert in einem in der bayerischen Gemeinde Andechs zur Erforschung der „inneren Uhr“ errichteten „Bunker“ des Max-Planck-Instituts für Verhaltensforschung. Vom Andechser Bunker aus sollte gleichwohl nicht nur Wissen von menschlichen Rhythmen in die Öffentlichkeit dringen; dort arbeitende Forscher:innen und Versuchspersonen wurden bald auch zu gefragten Zeugen einer „gewollten Einsamkeit“. Der Beitrag analysiert ausgehend vom „Bunker“ die experimentelle Konstruktion und gesellschaftliche Zirkulation dieser Einsamkeitsemphase. Sie entwickelte sich im ausgehenden 20. Jahrhundert vom Ideal einer kleinen Elite hin zum universalen Versprechen und changierte zwischen Emanzipation und einer neuen Normativität, die bisweilen partikulare Privilegien zu universalen, aber zugleich exklusiven Idealen der Lebensführung erhob.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Einsamkeit und ihre sozioökonomischen Grundlagen

13 Seiten | Autor: Ulrich Busch

Die gegenwärtige Welt ist eine Welt einsamer Menschen. Einsamkeit ist aber nicht nur ein individual-psychisches, sondern auch ein soziales Phänomen: Nur unter bestimmten Bedingungen ist Alleinsein mit dem Gefühl von Einsamkeit verbunden. Voraussetzung dafür sind Individuation und Säkularisierung, wofür Arbeitsteilung, Privateigentum und Industrialisierung die sozioökonomische Basis bilden. Deren Genesis hängt mit dem Übergang zur kapitalistischen Produktionsweise, zur Markt- und Geldwirtschaft sowie zur bürgerlichen Moderne zusammen. Dieser Prozess erstreckt sich in Europa vom 15. bis ins 19. Jahrhundert. Seitdem ist er widersprüchlich, was teils zur Überwindung, teils zur Verfestigung und Vertiefung von Einsamkeit führt. Breite Resonanz und Rezeption erfuhr das Einsamkeitsgefühl im 18. und 19. Jahrhundert, im Sentimentalismus und in der Romantik. Die Parallelität von Wirtschafts-, Geistes- und Kulturentwicklung wird biographisch anhand repräsentativer „Einsamkeitsvirtuosen“ (Rousseau, Hölderlin, von Arnim, Tieck und Nietzsche) dargestellt. Dabei werden die materiellen und ideellen Ursprünge von Einsamkeit als Zeitphänomen deutlich, aber auch die Analogie und Differenz zur Gegenwart. Zugleich wird sichtbar, dass Einsamkeit als Massenphänomen nicht nur ideengeschichtlichen Ursprungs ist, sondern sozioökonomische Grundlagen hat, die für eine plausible Erklärung ebenso wichtig sind wie psychologische Ansätze.

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Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Emanzipation und Isolationsbedrohung

Zur Genese der Einsamkeitsangst moderner Gesellschaften

16 Seiten | Autor: Janosch Schobin

Dass in modernen Gesellschaften immer mehr Menschen vereinsamen, ist eine beliebte Verfallsdiagnose. Sie wird oft mit dem Verlust traditionaler Bindungen begründet. Viele Faktoren sprechen jedoch gegen die panische Vorstellung von einer „Einsamkeitsepidemie“, zumindest in westeuropäischen Gesellschaften. Besonders die zunehmende Gleichstellung der Frauen dürfte der Zunahme von Vereinsamungserfahrungen entgegengewirkt haben. Im Rahmen des Emanzipationsprozesses steigern moderne Gesellschaften strukturell die Kontrolle der Einzelnen über die Fortführung, aber auch über die Gestaltung von Freundschaften, Partnerschaften und Familienbeziehungen. Der Artikel argumentiert anhand international vergleichender Daten des ISSP 2017, dass diese Zunahme relationaler Autonomie den Anteil der kündbaren Beziehungen am persönlichen Netzwerk der Menschen erhöht. Dadurch kommt es zu einer Dynamisierung der Nahwelt, deren widersprüchliches Ergebnis ist, dass negative Einsamkeitserfahrungen seltener werden, die Bedrohung durch soziale Isolation dagegen zunimmt: Nicht die Einsamkeit selbst verbreitet sich daher in den westeuropäischen Gegenwartsgesellschaften, sondern die Angst vor Vereinsamung.

Schlagworte: Angst | Einsamkeit | Moderne | Isolation | Netzwerke

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Einsamkeit und Freiheit im Elfenbeinturm?

Humboldt, Schelsky und die solitäre Praxis der Geisteswissenschaften

13 Seiten | Autor: Kathrin Wittler

Im Umgang mit akademischer Einsamkeit herrscht heutzutage eine gewisse Verlegenheit. Einerseits als Bildungsideal hochgehalten, gilt sie andererseits als menschlich und politisch suspekte Abkehr von der Gesellschaft. Mit einem kursorischen Rückblick auf die begriffsgeschichtliche Karriere der bildungspolitischen Forderung nach ‚Einsamkeit und Freiheit‘ bei Wilhelm von Humboldt und Helmut Schelsky sowie auf die Gebrauchsgeschichte des politischen Schlagworts ‚Elfenbeinturm‘ geht Kathrin Wittler den Ursachen dieser Verlegenheit nach. Überwinden lässt sie sich nicht auf rhetorisch-begrifflicher Ebene, so das Plädoyer, sondern durch eine praxeologische Selbstreflexion, die das epistemologische Potential einsamer Geistesarbeit anzuerkennen erlaubt. Dieses Potential liegt in der Virtualität einsamer Kommunikation: Sieht man von der emotionalen und politischen Aufladung des Einsamkeitsbegriffs ab, lässt sich geisteswissenschaftliches Lesen, Denken und Schreiben als produktives solitäres Gesellschaftsspiel bestimmen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Gesellschaft im Spiegel der Einsamkeit

10 Seiten | Autor: Angelika Schwarz

Für die intellektuelle Auseinandersetzung mit Einsamkeit in Europa war die Aufklärung ein Kristallisationspunkt neuer Denkimpulse. Philosophen diskutierten Einsamkeit vor dem Hintergrund von Geselligkeitsanforderungen. Zwei zentrale Akteure im deutschsprachigen Raum waren Christian Garve und Johann Georg Zimmermann. Sie stehen im Zentrum des Artikels von Angelika Schwarz. Sie untersucht, wie diese beiden Popularphilosophen auf je eigene Weise das Verhältnis von Geselligkeit und Einsamkeit neu bestimmten und welche Rolle Medien dabei spielten.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten