Berliner Debatte Initial 1 | 2003

Republikanismus

Herausgeber: Marcus Llanque

128 Seiten

Der Schwerpunkt zum Republikanismus greift einen Begriff der amerikanischen Historiographie der 1960er Jahren auf, mit dem seinerzeit eine Reihe von politischen Autoren und Akteuren aus der Gründungsphase der USA vom Hauptstrom des Liberalismus herausgehoben wurde. Die Historiker haben damit eine Fülle interdisziplinärer Forschungen initiiert, die im vergangenen Jahrzehnt zu einer Literaturflut führte. Zunächst wurde mit „Republikanismus“ eine Richtung politischen Denkens bezeichnet, die am Ende des 18. Jahrhunderts die Freiheit in den Mittelpunkt stellte, aber in entscheidenden Punkten von den Theorien liberaler Autoren abweicht, da hier die Freiheit zur Gründung politischer Gemeinwesen mit der Aufgabe des Freiheitsschutzes im Mittelpunkt steht. Als wichtigste Voraussetzung dafür werden Bürgertugenden angesehen, die von der Fähigkeit zur politischen Partizipation bis zur Bereitschaft militärischer Verteidigung der politischen Ordnung reichen. 

Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts wanderte die historische Problematik in die moralphilosophische und ideengeschichtliche Diskussion ein. Wie Marcus Llanque (Herausgeber des Schwerpunktes) zeigt, wurde Republikanismus zum Begriff eines politischen Denkens, dessen Tradition von der Frühneuzeit bis zur Gegenwart reicht und der zusehends als Alternative zum individualliberalen Verständnis des modernen Verfassungsstaates aufgefaßt wird. 

Emanuel Richter analysiert den Europäischen Konvent und den Versuch einer europäischen Verfassungsgebung nach darin unausgesprochen zur Anwendung gelangenden Prinzipien des Republikanismus. Die Freiheit in diesem Sinne soll ihr Gehäuse in der Verfassung finden, und zwar als Ergebnis bürgerschaftlicher Selbstbestimmung. Mit dem öffentlich diskutierenden Verfassungskonvent versucht die Europapolitik, die europäische Bürgerschaft stärker in den Prozeß der Verfassungsgebung einzubeziehen.

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