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Journal

„Warum soll’n wa nich boxen dirfen?“

Vom Varieté zur Profiszene: Die Geschichte des deutschen Frauenboxens

Im Juni 1921 mußte der Kolumnist der in Berlin erscheinenden „Täglichen Rundschau“ von Schrecklichem berichten: „Preisboxen für Damen“, regelmäßig im Berliner Metropol-Theater stattfindend. Der Kolumnist zeichnete mit dem Pseudonym „Rumpelstilzchen“, hieß in Wirklichkeit Adolf Stein und war gleichermaßen Major a.D. wie empört: „Man begehret nimmer zu schauen, was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen: eine von diesen armseligen Figuren ist gar nur 153 Zentimeter hoch und macht einen infantilen Eindruck. Der Sweater müßte eigentlich eine Blecheinlage haben, um den für Frauen so gefährlichen Mammalien- Stoß zu parieren. Die Haube schließlich mag eine notwendige Vorsorge dafür sein, daß nicht am Ende einer der Damen eine Haarnadel in die Kopfhaut gehauen wird. Innerhalb des viereckigen Kampfplatzes, den man ,Ring‘ nennt, ist nun noch ein kleineres Viereck abgegrenzt. Auf diesem wird geboxt. Unsäglich komisch geboxt. Um die Federgewichts-Meisterschaften von Mittelgalizien. Eigentlich geben sich die Damen nur operettenhafte Ohrfeigen. Alles ist einstudiert, auch der Sieg der angeblich deutschen über angeblich ausländische Boxerinnen, auch das angeblich impulsive Lospauken der angeblichen Ilona Kowacs, einer drallen Köchinnenfigur, die wegen unfairer Kampfesweise – sie tritt die Gegnerin vor die Schienbeine – distanziert wird und nun dem Manager zu Leibe geht und ihm einen Blecheimer an den Kopf wirft.“

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

Frauenboxen und verwandte Aktivitäten

Eine Einführung in Bilder und Bedeutungen

Dieser Aufsatz ist explorativ sowohl im Umgang mit den Tatsachen als auch in der Analyse. Der Hauptgrund dafür ist, daß das Frauenboxen ebenso wie die Ausübung anderer traditioneller Männersportarten durch Frauen von der Geschichte weitgehend vergessen worden ist. Meine frühen Untersuchungen mündeten so in einen Überblick über die Geschichte dieses Sports, beginnend mit dem „Savate“-Kampf über das Wettkampfboxen bis hin zu Boxerobic. Im folgenden werde ich analytische Möglichkeiten aufzeigen, indem ich für alle Varianten des Frauenboxens ein Spektrum möglicher Bedeutungen diskutiere. Ich beziehe mich dabei auf Ideen von Pierre Bourdieu und Michel Foucault, um darauf hinzuweisen, daß es fruchtbringend wäre, deren Theorien systematischer anzuwenden, als mir dies angesichts des hier zur Verfügung stehenden Platzes möglich ist.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

„Harte“ Frauen und „weiche“ Frauen

Die soziale Konstruktion der Identitäten von Boxerinnen

Die Untersuchung der Prozesse sozialer und geschlechtlicher [sexual] Differenzierung, die den Sport formen, läßt uns Verhaltensweisen verstehen, die bestehende soziale Beziehungen produzieren, reproduzieren oder sich ihnen widersetzen. So hat beispielsweise die (relativ neue und partielle) „Feminisierung“ des Sports neue Identitätsformen geschaffen, während zugleich traditionelle Muster geschlechtlicher Differenzierung aufrechterhalten werden, weil der weibliche Sportkörper immer noch in erster Linie aufgrund seiner ästhetischen und expressiven Aktivitäten gewürdigt wird. Darüber hinaus wird die Situation verkompliziert durch die Teilnahme von Männern an „weiblichen“ sowie von Frauen an „männlichen“ Aktivitäten, so begrenzt diese auch sein mag. Verschiedene Formen von Männlichkeit und Weiblichkeit können sich in diesen „unnatürlichen“ Praktiken ausdrücken, ohne die hegemoniale Männlichkeit zu stören. So schaffen männliche „Cheerleader“ ein männliches Bild [image] ihrer Tätigkeit, indem sie Akrobatik, Hebeübungen und körperlich anspruchsvolle Bewegungen einsetzen, während in ähnlicher Weise Fußballspielerinnen ihren Sport gegenüber dem männlichen Spiel als taktischer darstellen, da er eher auf technischem Können als auf körperlicher Stärke beruhe – allerdings ist hierfür der objektive Beweis erst noch zu erbringen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

Darf ich Sie zur nächsten Runde auffordern?

Boxen als Tanzsport

Stellen Sie sich folgendes vor: Ein Wettkampf über zwölf Runden von je drei Minuten Dauer, in der blauen Ecke Gene Kelly, in der roten Fred Astaire. Zwei Tänzer gehen in Kampfstellung. Ein unwahrscheinliches Szenario? Gewiß. Das Boxhandwerk paßt wahrhaftig nicht zu diesen beiden Tänzern.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

„Die Deutschen haben keinen Arsch mehr in der Hose!“

Zur sozialen Logik von Kampfsport, Migration und Unterprivilegierung bei Berliner Amateurboxern

Die sozial und räumlich segregierten Stadtteile der deutschen „Unterschichten“ und der Migranten gelten als Krisenherde und Entstehungsorte für soziale und ethnische Konflikte. Besonders den männlichen Jugendlichen, gemeinhin beschrieben als perspektivlos, ohne Ausbildung und Job, wird dabei eine Rolle zugeschrieben, die derjenigen längst vergessen geglaubter „gefährlicher Klassen“ entspricht. Sie seien besonders gewalttätig, ein ständiger Unruheherd, überdurchschnittlich kriminell und so weiter. Ihre Hinwendung zu den Kampfsportarten wird als Teil dieses Syndroms beschrieben: Hier herrsche Action-Orientierung vor, und die Zunahme der Gewaltbereitschaft sei daran abzulesen. Das wird oft in einem Atemzug mit dem Konsum von Gewaltvideos genannt, letztlich gehe es bei diesem Interesse um die Einübung männlich-autoritärer Konfliktbewältigungsmuster.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

Training versus Wettkampf

Boxen zwischen Leistungsethos und Lucky Punch

Der Faustkampf war seit 688 v.u.Z. Bestandteil der Olympischen Spiele und galt im antiken Hellas als idealtypische Verkörperung der Arete. Die Akzentuierung von physischer Leistungsfähigkeit, Härte und Mut, die „durch gründliche Körperschulung erworben und im Kampf und im Wettkampf bewiesen werden mußten“, läßt sich fast bruchlos in die Epoche des modernen Boxens und seines Pflichtenkanons transferieren. Trotz der unbestrittenen historischen Dimension des Boxens und seiner Persistenz als Inbegriff der kämpferischen Auseinandersetzung zweier Kontrahenten nach bestimmten Regeln war die akademische Beschäftigung mit diesem Thema lange Zeit unterrepräsentiert. So konstatierte denn auch der amerikanische Historiker Jeffrey T. Sammons Ende der achtziger Jahre: „Es geschieht nicht häufig, daß ein Geschichtswissenschaftler über Preisboxen schreibt, einen Sport, der mehr Menschen dazu gebracht hat, die Nase zu rümpfen, als nach einem Stift zu greifen.“ Der Stellenwert des Boxens als Sport, vor allem aber auch als gesellschaftliches und soziales Phänomen, ist seit jeher umstritten gewesen. Diese kritische und oft ausdrücklich negative Sichtweise hat sich in der Einschätzung reproduziert, das Boxen sei kein angemessener Gegenstand einer wissenschaftlichen Studie. John Welshman pointiert diese traditionelle akademische Meidbewegung, wenn er schreibt: „Es ist unterstellt worden, daß das Boxen wegen seiner besonderen Eigenart für professionelle Sozialhistoriker als ein nicht sehr vielversprechendes Thema gilt und daß der Widerwille diesem Sport gegenüber das akademische Interesse abgeschreckt hat.“ Während sich im englischsprachigen Raum in den letzten Jahren ein ernstzunehmender Diskurs zu etablieren beginnt4, treffen die o.g. Aussagen auf Deutschland, wo die Diskussion über das Boxen lange Zeit völlig marginalisiert war, noch stärker zu. Doch auch hier nimmt, ausgelöst durch den temporären Boxenthusiasmus der neunziger Jahre, die Beschäftigung mit dem Boxen als gesellschaftlichem, kulturellem und literarischem Phänomen allmählich zu.

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Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

„Busy Louie“ im Ring:

Ein Soziologe unter Preisboxern

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

Opfer

Über die Berufsethik des Preisboxers

Jedes Gewerbe hat seinen ethischen Kodex, eine Reihe von Regeln und Auflagen, die für seine Mitglieder den rechten Charakter, das richtige Verhalten und den entsprechenden Umgang miteinander festlegen. In einigen Berufen wird dieser Kodex formalisiert, rezitiert, sogar durch Schwur bekräftigt. In anderen ist er eine lose verbundene Sammlung von Normen und Richtlinien, die im Prozeß der Verfolgung der eigenen Geschäfte selbst erlernt und angewandt werden. So legen Mediziner den hippokratischen Eid ab und Staatsbeamte geloben der öffentlichen Behörde, in deren Namen sie handeln, die Treue, während neue Fabrikarbeiter von ihresgleichen beiläufige, aber deutliche Instruktionen darüber erhalten, wie hart zu arbeiten ist und wann die Kontrolleure in der Werkstatt zu hintergehen sind.

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Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

Arbeit und Anmut des Boxens

Der Boxer eignet sich zum Helden verschiedener Weltsichten. Radikale können in ihm den unerschrockenen Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit erblicken, den Rebellen gegen das Establishment und die Ausbeutung, deren Zeichen er sichtbar und stolz trägt. Konservative bevorzugen den Garanten von Recht und Gesetz, die starke, ordnende, Unbotmäßige notfalls strafende Hand. Liberale schätzen den flexiblen Unternehmer, der sein eigenes, körperliches Kapital riskiert, um sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, und auf authentische Weise – körperlich und direkt – die Chancen des freien Wettbewerbs demonstriert. Diese Vorbilder mischen sich leicht. So ist der junge Herausforderer nicht dagegen gefeit, einmal nach oben gelangt, allein die Bedingungen seiner Regentschaft zu diktieren und schnell selbst zum Despoten zu werden. Ebenso vertragen sich konservative und liberale Vorbilder gut. Etwa, wenn der Berufsboxer als Alternative zum Sozialhilfeempfänger, zum Abhängigen von Wohlfahrt und Staat erscheint – Mike Tyson, der Bürgerschreck, kann sich immerhin zugute halten, daß seine Kinder einmal nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein werden. Neokonservative und Neoliberale treffen sich dort, wo sie unter der Losung „weniger Staat!“ Märkte deregulieren, Sozialleistungen kürzen und zugleich den „starken Staat“, also „mehr“ Staat, fordern, um die wenig Wettbewerbsfähigen oder -willigen besser kontrollieren zu können, damit sie auf die Verunsicherung ihrer Lebensverhältnisse nicht ihrerseits mit Störungen der bürgerlichen Ruhe und Ordnung antworten. Das wiederum kann dem Bild des „starken Mannes“ als Überwinder der Kluft von Recht und Gerechtigkeit Auftrieb geben. Usf.

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Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

Chistiane Eisenberg: „English sports“ und deutsche Bürger

Zur Einführung

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