Niklas Luhmann und die Überwindung des soziologischen Eurozentrismus
13 Seiten | Autor: Moritz von Stetten
Über 30 Jahre hat Niklas Luhmann an einer Theorie der modernen Gesellschaft gearbeitet, die keine Ideologie, sondern eine soziologische Beschreibung bieten soll. Soziologie verstand er als eine Beobachtung über und innerhalb des funktional ausdifferenzierten Gefüges der modernen Gesellschaft, auf einer „Ebene höherer Amoralität“. Immer wieder erntete er dafür den Vorwurf, mit kritikimmunen Begriffsvorschlägen aufzuwarten, die mit äußerst abstrakten soziologischen Erklärungen verbunden sind. Manche Kritikerinnen und Kritiker betrachten Luhmanns Soziologie daher als Versuch, die ethnozentrische Stoßrichtung der Systemtheorie zu verbergen. Aus deren Sicht steht die Evolutionstheorie der Gesellschaft für Fortschrittsvorstellungen, der Anspruch der Adäquatheit für normative Richtigkeit und die Möglichkeit einer amoralischen Beschreibung für verdeckte Zeitdiagnostik. Außerdem reproduziere Luhmann die Rhetorik von „modernen“ und „komplexen“ europäischen Gesellschaften, die sich von „primitiven“, „traditionalen“ und vergleichsweise „einfachen“ Gesellschaftsformen nicht westlicher Art abheben.4 Konstruiert Luhmann also unter dem Deckmantel der „höheren Amoralität“ eine eurozentrische oder gar hegemoniale Weltordnung? Ist die moderne Gesellschaft möglicherweise nur das Spiegelbild einer westlichen Gesellschaftsform? Oder bietet der Unterschied von Soziologie und Gesellschaftstheorie möglicherweise noch einen anderen Blick auf die Luhmannsche Systemtheorie?
PDF: 3,80 €
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