Neues deutsches Gedenken?
2 Seiten | Autor: Andrzej Sakson
Bedarf es eines neuen Gedenktages der Vertriebenen in Deutschland? Die deutsche Regierung meint Ja. Auf ihre Initiative hin wurde die Entschließung „60 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen – Aussöhnung vollenden“ im Februar 2011 angenommen. Darin spricht man von einem bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Vertreibung. Dieser Gedenktag soll der 5. August sein, also jener Tag, an dem 1950 die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ in Stuttgart angenommen wurde. Der Entschluss traf im Bundestag auf den Widerstand der Opposition – aber auch auf scharfe Kritik in Polen. 68 Historiker aus Deutschland, Polen, Tschechien, Israel, USA und weiteren Staaten erklärten in einem offenen Brief, dass „dieser Entschluss ein falsches Signal aus Sicht von Geschichte und Politik“ ist. Sie erinnerten daran, dass die „Charta“ weder ein Wort über den von Deutschland begonnenen Weltkrieg noch über seine jüdischen, polnischen und sowjetischen Opfer sowie jenen unter den Sinti und Roma verliert. Dafür spricht man vom „Verzicht auf Rache und Vergeltung“. Die Unterzeichner des Briefes betonen, dass die „Charta“ kein „wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zur Integration und Aussöhnung“ ist, wie in der Resolution des Bundestages zu lesen war, sondern vielmehr ein Produkt des Kalten Krieges, das nicht zur Versöhnung mit Polen und Tschechen beitrug. Als ein solcher versöhnender Akt sollte vielmehr das Memorandum der polnischen Bischöfe von 1965 angesehen werden, das den berühmten Satz enthält „Wir vergeben und bitten um Vergebung“, oder der Kniefall Willy Brandts vor dem Denkmal zu Ehren des Aufstands im Warschauer Ghetto im Jahre 1970.
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