Kritische Theorie

Fernsehen und Kulturkritik

Soziologische Konturen einer selbstreflexiven Mediendeutung

17 Seiten | Autor: Gregor Balke

Seit es das Fernsehen gibt, wird es lebhaft kritisiert. Kulturkritik und Fernsehen stehen sich gemeinhin als Antipoden gegenüber. Gewöhnlich wendet sich der kulturkritische Blick eher abfällig dem Fernsehen zu – nämlich nach unten. Höhe und Tiefe verweisen als räumliche Kategorien gleichsam auf die kulturelle Wertschätzung innerhalb einer Gesellschaft, die sich in der Dichotomie von U- und E-Kultur ein gängiges Referenzsystem geschaffen hat, das Orientierung versprechen soll – mit dem (vorläufigen) Ergebnis, dass das Fernsehen als Unterschichtenmedium und „Blödmaschine“ gilt. Der schlechte Leumund des Fernsehens ist derart verbreitet, dass er sich in das Medium und seine Selbstwahrnehmung längst eingeschrieben hat. Was sich etwa daran zeigt, dass ein Pay-TV-Anbieter wie HBO in den USA jahrelang mit dem Slogan warb: „It’s not TV, it’s HBO.“ Ein Empfangsgerät überhaupt zu besitzen, scheint in nicht wenigen sozialen Kreisen zumindest so anrüchig zu sein, dass der eigene fernsehlose Haushalt immerhin eine Erwähnung in geselligen Runden wert ist und die Propagierung der televisuellen Leerstelle als Distinktionsmittel taugt. Das Fernsehen kritisch zu sehen, gehört zum gesellschaftlichen Mainstream wie zur Tradition der Kulturkritik seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Doch das Fernsehen ist nicht nur ein Medium, das gesehen wird (etwa von der Kulturkritik), es sieht auch selbst. Es ist nicht allein die passive „Erzählmaschine“, die unter dem kulturkritischen Blick verurteilt werden kann. Vielmehr ist diese Erzählmaschine selbst ein gesellschaftlicher Akteur, der massenmediale Öffentlichkeiten erschafft und deshalb auch distanziert, skeptisch, ironisch, fragend, entlarvend, verachtend, spöttisch, kurzum: kulturkritisch agiert.

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Erschienen in
Kultursoziologie 1 | 2017
Kulturkritik
122 Seiten

Kultursoziologie 1 | 2017

Kulturkritik

ISBN 978-3-945878-50-7 | ISSN 0944-8101 | 122 Seiten

Kulturkritik ist als eine diagnostisch und therapeutisch motivierte Beurteilung von menschlichen Gesellschaften, Gemeinschaften und Gruppen zu begreifen. Eingedenk dieser allgemeinen, präzisionsbedürftigen Bestimmung ist zu ergründen, worauf sich derlei Kritik genau beziehen kann und woraus sie ihre Geltung speist. Mit einem Call for Papers rief die Kultursoziologie auf, sich mit dem Status quo und mit Fällen gegenwärtiger Kulturkritik auseinanderzusetzen. Die hiermit vorliegenden Beiträge belegen die Lebendigkeit und Mannigfaltigkeit dieses Themas.

Inhalt

Dystopie im Kino

Für eine kritische Theorie

13 Seiten | Autor: Tobias Albrecht, Anastasiya Kasko

In der ambivalenten Natur von Utopie und Dystopie liegt ihre schöpferische Kraft als Mittel der ästhetisierten Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse. Zum 500. Jahrestag von Morus’ „Utopia“ scheint eine Revision dieses kritischen Potentials geboten zu sein. Ausgehend von drei Dikta der kritischen Theorie Theodor W. Adornos – das notwendige Verzichten auf die Utopie, die Sensibilität der ästhetischen Zeugnisse für die gesellschaftlichen Missstände und die immanente Tendenz der kapitalistischen Gesellschaft, alles und alle zur Ware zu machen – untersucht der Aufsatz das gesellschaftskritische Potential dystopischer Darstellungsform am Beispiel von drei Filmen: „Children of Men“, „Snowpiercer“ und „Mad Max: Fury Road”.

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Erschienen in
Berliner Debatte 2 | 2016
Die Lücke der Utopie
182 Seiten

Kritik der soziologischen Kritikkultur(en)

14 Seiten | Autor: Lucia Killius

Kritik in verschiedenen Formen wird von großen Teilen der Soziologie als eine ihrer Kernaufgaben verstanden. Gleichzeitig besteht der Anspruch der Disziplin, diesen kritischen Blick auch auf sich selbst zu richten. Ob die Soziologie ihren eigenen selbstreflexiven Ansprüchen gerecht werden kann, wird in Bezug auf verschieden Ausschluss-, Herrschaftsund Machtstrukturen innerhalb des Faches diskutiert – Beispiele sind (queer-)feministische Ansätze oder postkoloniale Theorien. Letztere nehmen eurozentrische Grundlagen verschiedener Wissenschaften in den Blick und üben dementsprechend „Eurozentrismuskritik“. Dabei stellt sich die Frage, ob jene in der (deutschen) Soziologie Erfolg hat und im Zentrum der Disziplin angekommen ist. Um diese Frage zu beantworten, wird untersucht, wie der Begriff der „Kritik“ disziplinär bestimmt ist und welche Erfolgsmaßstäbe an ihn angelegt werden, das heißt welche Kultur der „Kritik“ in der Soziologie vorherrscht. Damit erfolgt gleichsam eine Dekonstruktion dieser Frage und der soziologischen Kritikverständnisse.

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Erschienen in
Kultursoziologie 2 | 2015
Eurozentrismus der Soziologie?
108 Seiten

Kultursoziologie 2 | 2015

Eurozentrismus der Soziologie?

ISSN 0944-8101 | 108 Seiten

Gibt es einen Eurozentrismus der Soziologie? Lassen sich in der soziologischen Forschung politische Implikationen und latente ideologische Grundlagen eurozentristischen Zuschnitts identi­fizieren? Wie ist es zu erklären, dass die Kritik am Eurozentrismus eher wenig Resonanz ausgelöst hat? Diese Fragen stehen im Zentrum der aktuellen Kultursoziologie.

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