Berliner Debatte Initial
Klasse, Geschlecht und die Interaktion von sozialen Bewegungen
14 Seiten | Autor: Myra Marx Ferree, Silke Roth
In diesem Artikel argumentieren wir gegen die weitverbreitete Strategie, soziale Bewegungen – wie die Frauenbewegung, Friedensbewegung, Ökologiebewegung – getrennt zu untersuchen. Diese Vorgehensweise übersieht, daß soziale Bewegungen ständig mit einander interagieren – selbst dann, wenn sie sich darum bemühen, einander zu ignorieren. Weiterhin werden dadurch Prozesse ignoriert, die die Grenzen zwischen Bewegungen erzeugen und aufrechterhalten oder aber verwischen. Diese Grenzziehungsprozesse sind in den kollektiven Selbstdarstellungen von Bewegungen erkennbar und für die Interaktion von sozialen Bewegungen zentral. Soziale Bewegungen werden zu kollektiven Akteuren, indem sie Grenzen, kollektive Selbstdarstellungen und Identitäten konstruieren, die bestimmte Individuen, Ideen und Forderungen einschließen und andere ausschließen (Taylor/Whittier 1992). Wir argumentieren, daß solche Grenzen sowohl aus der Interaktion von sozialen Bewegungen, als auch aus ihrer inneren Dynamik resultieren.
PDF: 0,00 €
Elterliche Erziehungsvorstellungen im Ost-West-Vergleich
14 Seiten | Autor: Marina Hennig
Kindheit zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in den 30er und 60er Jahren war anders als Kindsein heute. Aus zahlreichen Untersuchungen aber auch aus eigenen Studien zu Kindheit und Jugend im 20. Jahrhundert geht hervor, daß sich in diesem relativ kurzen Zeitraum von nur 100 Jahren die Lebensverhältnisse (nicht nur für die Kinder) drastisch verändert haben. Die Sozialisationsbedingungen, die heute die Kindheit prägen, sind in vielerlei Hinsicht andere, als sie es für die Generation der um 1920 oder 1940 Geborenen waren. Denkt man nur an die Veränderungen der räumlichen Umwelt (Stadt- Land-Unterschiede, Verstädterung, Verkehrsentwicklung), der Wohnbedingungen, der materiellen Ausstattung der Haushalte (z.B. Spielzeug, Medien- und Konsumangebot usw.) und der Entwicklung der Alltagsorganisation (veränderte Bildungsbeteiligung, veränderte Schulund Ausbildungszeiten, veränderte Freizeitorganisation und -angebote). Da dies jedoch wenig darüber aussagt, wie sich die sichtbaren Veränderungen in jeweils konkrete Verhaltensstandards und Wertvorstellungen umgesetzt haben, geht es mir in diesem Beitrag vor allem um die folgenden beiden Fragen: welchen Einfluß objektive Bedingungen (d.h. strukturbedingte Faktoren) und die damit verbundene Funktionsweise der Individuen in der Gesellschaftsstruktur auf die Vorstellungen über die Erziehung von Kindern haben, und wie sich dieser Wandel in entsprechend veränderten sozialen Verhaltensvorstellungen als Ausdruck von generationstypischen Sozialcharakteren wiederfinden läßt.
PDF: 0,00 €
Zur Entwicklung palästinensischer kollektiver Identitäten
14 Seiten | Autor: Baruch Kimmerling
Identität ist ein Mitgliedsausweis und ein sozialer Paß. Identitäten bestimmen die objektive und subjektive Stellung von Individuen und Gruppen innerhalb einer Gesellschaft. Und sie verweisen auf die sozialen Güter wie Prestige, Macht und Wohlstand, worauf die Mitglieder einer Gesellschaft Ansprüche haben. Kollektive Identitäten schließen sich dabei nicht notwendigerweise gegenseitig aus, sondern Individuen und Gruppen werden gleichzeitig verschiedenen Kollektiven zugerechnet bzw. betrachten sich selbst als Angehörige unterschiedlicher Gemeinschaften. Dennoch ist es fast evident, daß Individuen und Gruppen an eine Klein- oder Großfamilie, eine Gemeinde, einen Ort, eine Religion oder eine soziale Schicht gebunden sind. Für größere Gemeinschaften – ethnische, rassische oder religiöse Gruppen, Staaten, Nationen, multinationale Staaten, Imperien, Kulturen und Zivilisationen – stellen kollektive Identitäten die physischen und sozialen Grenzen, die innere soziale Ordnung und die allgemein gültigen Spielregeln her, die die Gemeinschaft regieren. Gesellschaftlicher Wandel wird aber auch durch Veränderungen innerhalb kollektiver Identitäten ausgedrückt und widergespiegelt. Fundamentale interne Kämpfe finden rund um die Annahme konkurrierender kollektiver Identitäten statt.
PDF: 0,00 €
Der „Status quo“ und der „Streit der Karren“
8 Seiten | Autor: Hagai Boas
Wie interagieren und kommunizieren soziale Gruppen miteinander, die in einer antagonistischen Beziehung gefangen sind? Wie verständigen sich Gruppen, deren Wertsysteme, Orientierungen und oft selbst materielle Lebensbedingungen einen Kontrast bilden und die dennoch die Geschichte zur Koexistenz miteinander zwingt? Dieser Beitrag wendet sich den Diskursmodi zu, die soziale Gruppen in einer solchen antagonistischen Situation praktizieren. Der Fokus liegt dabei auf den politischen und sozialen Kommunikationsweisen, die sich im Laufe der Zeit durchsetzen und manchmal sogar die komplexen Beziehungen zwischen sozialen Gruppen prägen. D.h. ich gehe davon aus, daß soziale Gruppen, die sich im Konfliktzustand befinden – sei es partiell oder umfassend, kulturell oder politisch, friedlich oder gewaltsam –, besondere Kommunikationsformen praktizieren. Da diese Spannungen und Konflikte innerhalb komplexerer antagonistischer Beziehungen auftreten, müssen sich die Akteure zunächst auf das Schlachtfeld einigen, auf dem man sich treffen will. Dieses Schlachtfeld wird oft auf der Ebene der Kommunikation bereitet, indem Rhetorik, Diskursmodi und Sprechakte als Waffen eingesetzt werden. In diesem Beitrag möchte ich die beiden Diskursmodi untersuchen, die sich im Feld der religiösen Spaltung durchsetzten und auf ihre Weise sogar die spannungsgeladenen Beziehungen zwischen säkularen und religiösen Juden in Israel konstituieren. Zuerst stelle ich den allgemeinen historischen Kontext der Beziehungen zwischen säkularen und religiösen Juden in Israel dar. Danach beschreibe ich die beiden dominanten Diskursmodi, die sich innerhalb dieser gespannten Beziehungen durchgesetzt haben. Schließen möchte ich mit einigen Bemerkungen über den Einfluß dieser Kommunikationsformen auf die israelische politische Kultur.
PDF: 0,00 €
„Bauch der Nation“ oder „moderne Mutterschaft“?
12 Seiten | Autor: Shoham Melamed
Demographische Fragen beschäftigen moderne Nationalstaaten und stehen oft im Zentrum ihrer politischen Praktiken. Der Aufstieg des demographischen Diskurses im allgemeinen und der Demographie als Fachdisziplin im besonderen ist im modernen Denken tief verwurzelt. Die demographische Agenda bewirkt, daß „Populationsmanagement“ als normativ neutral angesehen wird, und institutionalisiert so verwaltungstechnische Probleme, um welche sich staatliche Bürokraten und Experten zu kümmern haben. In dieser Hinsicht stellt der demographische Diskurs eine übergreifende Praxis dar, die primordiale Fragen mit angeblich modernen und rationalen Instrumenten bearbeitet. Wie Friedlander und Goldscheider behaupten, ist das „Bevölkerungsproblem“ für alle Nationalstaaten der heutigen Welt relevant.
PDF: 0,00 €
Im Schatten der Sicherheit
13 Seiten | Autor: Hanna Herzog
Untersuchungen zur sozialen Lage der Geschlechter in Israel belegen eine systematische Ungleichheit in allen Lebensbereichen: Frauen sind unterrepräsentiert in der Politik, ihre Beschäftigungsrate ist niedriger als die der Männer, sie verdienen weniger, sind in exponierten Führungspositionen der Wirtschaft kaum vertreten und leiden unter einer Rechtslage, die oftmals keine gleichen Rechte garantiert und/oder Ungleichheit in der familialen Arbeitsteilung reproduziert
PDF: 0,00 €
Sicherheitsdiskurs und Pluralisierung – Zwei Gegenkräfte in der israelischen Gesellschaft
9 Seiten | Autor: Uta Klein
Wer in den Tagen der sogenannten Zweiten Intifada in Israel unterwegs ist, wird neue Aufkleber entdecken. „Laßt die Armee machen!“ heißt die unmißverständliche Botschaft, und eingefordert wird damit, den aktuellen Konflikt nicht etwa politisch, sondern militärisch zu ‚lösen‘.
PDF: 0,00 €
Thilo Harth: Das Internet als Herausforderung politischer Bildung
Führt das Internet zum mündigen oder zum manipulierten Bürger? Politische Kommunikation im allgemeinen und besonders politische Bildung in Schule und Hochschule verändert sich durch das Internet, und wir wissen bisher wenig über die entsprechenden Strukturveränderungen in der Kommunikation von und über Politik. Zweifellos, der Kommunikationssektor wächst, er bezieht eine exponentiell wachsende Zahl von Menschen ein, er erfährt eine beschleunigte Entwicklung, er wird zunehmend kommerzialisiert und internationalisiert, und entsprechend hoch sind die Erwartungen an die bildungspolitischen Impulse des Internet. Von diesem wird bisweilen erwartet, daß es die aufklärerischen Bildungsideale der 70er Jahre einlöst: mehr Partizipation, breiteren Informationszugang, Abbau von Herrschaftswissen, unmittelbarer Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen, selbstbestimmtes, aktives statt allein rezeptives Lernen, die Überschreitung von nationalen Kommunikationsgrenzen und eine Art selbstorganisierter Zivilgesellschaft „von unten“ gehören zum Repertoire der Interneteuphoriker. Das Internet wird als demokratisierende Instanz gefeiert, die „netizens“ verkörpern in dieser Sicht gleichsam autonom assoziierte „citizens“.
PDF: 0,00 €
Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis: Zwischen „Mosaik“ und „Einheit“
So metaphorisch als Spiegel ihrer Gesellschaft die Zeitschriftenlandschaft der DDR begriffen wird, so metaphorisch fällt auch der Titel des Buches aus, das diese Landschaft nachzeichnen und charakterisieren will. Entsprechend sind die dargestellten Zeitschriften exemplarisch ausgewählt, jedoch systematisch gegliedert, als „Fenster zur Welt“, unter der „Macht der Institutionen“ oder als verschiedene Öffentlichkeiten. Genau diese betreffen auch eine leitende Frage des Buches: welche „Öffentlichkeit“ es in der DDR gegeben hat – im Sinne einer „Öffentlichkeit“, opponiert von einer „Gegenöffentlichkeit“, „Teil- oder Ersatzöffentlichkeiten“. Das Buch zeigt an Beispielen, wie das DDR-System, um eine bestimmte selbstbezügliche Realität zu schaffen, deren Codierung über die Inhalte der Zeitschriften übernahm, mittels deren vor allem einige illustrierte Publikums- und Jugendzeitschriften zum Transportsystem, zu „Dokumentatoren“ und „Visionären“ des Systems wurden. Ebenso wurden die Medien zu Mitteln dieser Codierung, indem andere Öffentlichkeiten ausgeschaltet wurden, Öffentlichkeit generell institutionalisiert oder die einzig zugelassene Öffentlichkeit kontrolliert durchformt wurde. Gleichzeitig bleibt unentschieden, ob und welche Öffentlichkeit es nun in den Augen der Leser oder der Zeitschriftenmacher gab. Entschieden wurde die Frage in der bisher geführten Diskussion zugunsten einer „Pseudoöffentlichkeit“ oder als „simulierte“, „eingeschränkte“ oder „geschlossene“ Öffentlichkeit. Im Buch soll dieser Formulierung auf den Zahn gefühlt werden als Sache der „Perspektive“. Diese Perspektivierung der Öffentlichkeitsfrage wird zum multidimensionalen Raum der Darstellung der einzelnen Zeitschriften, um diese Frage nicht zu entscheiden, wohl aber abzubilden und einen Blick dafür zu gewinnen.
PDF: 0,00 €