NVA

DSS-Arbeitspapiere 22 | 1996

Bericht über eine Meinungsumfrage unter Armeeangehörigen und Angehörigen der Grenztruppen der DDR zu aktuellen politischen Fragen und zum Verlauf der Militärreform der DDR (April 1990)

Erinnerungen an die „Wendezeit“ in der Bezirkssektion „Militärpolitik“ der URANIA
Autor: Gustav Urbani

ISSN 1436-6010 | 24 Seiten

Der folgende Bericht über eine Meinungsumfrage wurde in der letzten Phase der Existenz der DDR vom Lehrstuhl SOZIOLOGIE der Militärakademie „Friedrich Engels“ vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet. Er dokumentiert das Meinungsbild von über 100.000 Soldaten der DDR unterschiedlicher Laufbahngruppen in einer politisch außerordentlich bewegten Zeit und reflektiert bis zu einem gewissen Grade den zum Zeitpunkt der Befragung erreichten Stand der Militärreform. Es entsteht ein ziemlich deutliches Bild über die geistige Verfassung der Armeeangehörigen und der Grenzsoldaten in der sogenannten Wendezeit. Ihre Widersprüchlichkeit erklärt sich demzufolge aus dem sich vollziehenden Umbruch, in dem Zukünftiges vielfach im Unklaren lag. Die Befragung fand kurz vor der letzten Wahl zur Volkskammer, dem Parlament der DDR, vom 19. März 1990 statt. Der Prozeß der deutschen Vereinigung war längst in Gang gekommen. Wie er sich jedoch konkret vollziehen würde, war in vieler Hinsicht unklar. In besonderem Maße traf dies auf die Zukunft der Streitkräfte zu, standen sich doch die bewaffneten Kräfte beider Militärblöcke in Europa seit über 40 Jahren feindlich gegenüber. Deutlich wird, daß es hierzu vielerlei Illusionen gab, die zum Zeitpunkt der Befragung wahrscheinlich schon nicht mehr angebracht waren. Es ist nur logisch, daß davon auch die Berichterstattung über diese Meinungsumfrage nicht frei ist. Die Zeit der Befragung war zugleich durch eine weitgehende Militärreform in der DDR gekennzeichnet. Sie wird in aktuellen Publikationen über die Streitkräfte der DDR leider weitgehend verschwiegen. Zu dieser Militärreform mit tiefgreifenden Umbrüchen gehörte die Auflösung der Organisationen der SED und der Politorgane, die Bildung des Verbandes der Berufssoldaten und der Gewerkschaft der Armeeangehörigen, die Wahl von Interessenvertretern der Soldaten und Unteroffiziere in den Einheiten (Kompanien und Bataillone) und Truppenteilen (Regiment, Geschwader), die Existenz der „Runden Tische“ zur parteienübergreifenden Beratung und Entscheidungsvorbereitung, die einschneidende Veränderung der Dienstorganisation und der Gewährung von Freizeit und Urlaub u. v. a. m. Insgesamt ging es also darum, die Existenz und das Leben der Streitkräfte auf eine demokratische Grundlage zu stellen. In dieser Zeit ist eine gesonderte Zeitung speziell zu den Problemen der Militärreform herausgegeben worden.

Schlagworte: Sicherheitspolitik | Militär | Frieden | DDR | NVA

DSS-Arbeitspapiere 26 | 1996

Von der marxistisch-leninistischen Lehre vom Krieg und von den Streitkräften zum neuen Denken über Frieden, Krieg und Streitkräfte

Über die Umwälzung der weltanschaulichen Grundlagen der Militärwissenschaft und der Wehrmotivation an der Militärakademie „Friedrich Engels“ in Dresden

ISSN 1436-6010 | 36 Seiten

Im Rückblick auf die noch nicht so weit zurückliegende Zeit, in der sich Nationale Volksarmee und Bundeswehr als militärische Gegner gegenüberstanden, verdienen die weltanschaulichen Grundpositionen des Militärs besondere Beachtung. Beiderseits der Fronten des Kalten Krieges war das Selbstverständnis der Soldaten, waren die Motivation des Wehrdienstes und das soldatische Berufsethos weltanschaulich begründet. Hierzu gehörte nicht nur die weltanschauliche Einbindung in die jeweilige Gesellschaft und Wertegemeinschaft, sondern auch die weltanschauliche Haltung zu den spezifisch militärischen Zwecken. Das Unmittelbare, Nächstliegende, zu dem sich Soldaten in Beziehung setzen müssen, ist natürlich das, was sie tun, sind ihr Waffenhandwerk, der bewaffnete Kampf, der Verteidigungsfall, der Krieg, die Militärorganisation und die besonderen Erfordernisse, die alles das an Menschen im Militärdienst, an ihre Persönlichkeit und Verhaltensweisen stellt. Der Soldat kommt also nicht aus ohne weltanschauliche Haltung zum Krieg, zu militärischer Gewalt, zur Rolle von Streitkräften in der Staatsräson und bei der Wahrung von grundlegenden Lebensinteressen der Gemeinschaft, der er angehört. Im folgenden soll diese im engeren Sinne soldatische weltanschauliche Orientierung zur Rede stehen, wie sie für die Nationale Volksarmee maßgebend war, vor allem für ihre Offiziere. Worin bestanden die weltanschaulichen Ansichten der Offiziere über Krieg und Frieden, über Streitkräfte und Verteidigung? Wie wurden sie speziell an der Militärakademie bei Offizieren in mittleren und höheren Führungsfunktionen geformt? Welche Umwälzungen in den Ansichten vollzogen sich an dieser Einrichtung,

DSS-Arbeitspapiere 33 | 1997

Die führende Rolle der SED in der Nationalen Volksarmee

Eine kritische Nachbetrachtung

ISSN 1436-6010 | 24 Seiten

„Die Nationale Volksarmee wird geführt durch die SED“ – dieser Satz, sowohl generelle Forderung als auch gesellschaftliche Realität, war in jeder Hinsicht von großer Tragweite. Diese allgemeine Feststellung fordert dazu heraus, sich mit dem Funktionieren dieser Führungsrolle in der Armee der DDR auseinanderzusetzen. Dabei sind für eine kritische Nachbetrachtung vor allem zwei ambivalente Gesichtspunkte bedeutsam: Erstens war die SED in der DDR mit einem nahezu uneingeschränkten Macht-, Führungs- und Wahrheitsanspruch etabliert. Sie nahm damit eine zentrale und unangefochtene Stellung in allen gesellschaftlichen Bereichen ein, so auch in der Nationalen Volksarmee. Die Partei, genauer: die Parteiführung, nahm für sich in Anspruch, die Gesellschaft als Ganzes zu steuern. So wurden Beschlüsse der Parteitage, des Zentralkomitees und des Politbüros der SED ohne „Umwege“ über die Volkskammer oder den Ministerrat der DDR direkt in der NVA ohne Einschränkungen um- und durchgesetzt. Das war verbunden bzw. war erst möglich mit einer tiefgreifenden ideologischen und moralischen Disziplinierung der Mitglieder der SED. Zweitens kann man nicht daran vorbeigehen, daß die SED mit ihren Organisationsformen bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit gewährte, in demokratischer Weise Einfluß auf unterschiedliche Bereiche des militärischen Lebens zu nehmen. Hinzu kam ein breites Feld sozialer Betreuung. In den unteren Einheiten nahmen Politorgane und SED-Basisgruppen vielfach die Interessen der Armeeangehörigen wahr, suchten unnötige Härten des militärischen Dienstes zurückzudrängen und wandten sich entschieden gegen alle Erscheinungen des Machtmißbrauchs durch einzelne Vorgesetzte. Den SED-Mitgliedern in der Truppe, ob militärischer Vorgesetzter oder Politoffizier, war es ernst mit dem, was damals mit dem Begriff „sozialistische Menschenführung“ bezeichnet wurde. So kann man ihnen im nachhinein auch nicht pauschal absprechen, Richtiges und Gutes für ihre Unterstellten getan zu haben.

Schlagworte: Sicherheitspolitik | Militär | Frieden | DDR | SED | NVA

DSS-Arbeitspapiere 37 | 1997

Geheime Verschlußsache

Die Spezialpropaganda der Nationalen Volksarmee

ISSN 1436-6010 | 23 Seiten

Mit meinem Beitrag zu der Reihe „Rückblicke“ will ich an einen Aufgabenbereich der Nationalen Volksarmee erinnern, mit dem ich den größeren Teil meiner Dienstjahre befaßt war und dessen Betrachten aus heutiger Sicht durchaus geeignet sein kann, kritisches, aber unvoreingenommenes Verständnis für den Auftrag der Streitkräfte der DDR, vor allem aber für das Denken, Fühlen und Handeln derer, die seiner Realisierung verpflichtet waren, zu unterstützen. In bisherigen Nachbetrachtungen kann man darüber kaum etwas oder gar nichts finden, ja selbst als die NVA noch existierte, war das meiste nur Insidern bekannt, was u. a. der nicht immer nachvollziehbaren Geheimniskrämerei geschuldet ist, an die ich mich nun nicht mehr gebunden fühle. Die Rede ist von einem kleinen Dienstbereich, dem zugedacht war, auf den Gegner nicht mit Kanonen zu schießen, sondern, das Wirken der Waffen vorbereitend, begleitend und verstärkend, mit der Kraft des gesprochenen oder geschriebenen Wortes auf ihn einzuwirken .

DSS-Arbeitspapiere 43 | 1998

Zum deutsch-deutschen Dialog von Militärs in den achtziger Jahren

Erinnerungen und Zeitzeugnisse
Autor: Rolf Lehmann

ISSN 1436-6010 | 52 Seiten

Zur Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) vom 1. August 1975 in Helsinki gehört das Dokument über „Vertrauenbildende Maßnahmen und bestimmte Aspekte der Sicherheit und Abrüstung“. Es enthält Vereinbarungen über: die vorherige Ankündigung von größeren militärischen Manövern (Gesamtstärke von mehr als 25.000 Mann); den Austausch von Beobachtern; die vorherige Ankündigung größerer militärischer Bewegungen. Eines der Nachfolgedokumente des KSZE-Prozesses, die Erklärung der Konferenz in Stockholm vom 19. September 1986, geht einige Schritte weiter. Die der Ankündigung unterliegenden militärischen Aktivitäten werden relativ detailliert festgelegt, die Einladung von Beobachtern ist keine Kann- Bestimmung mehr, die Teilnehmerstaaten vereinbaren den Austausch von Jahresübersichten militärischer Aktivitäten. Nach einer Eiszeit von Jahrzehnten, nach absolutem Kontaktverbot zwischen den Militärs in Ost und West beginnt auch in diesem Bereich eine neue Ära. Dabei ist zu betonen, daß die Militärs, und ganz besonders die Militärs in beiden Teilen Deutschlands, wohl als letzte in diesen Prozeß einbezogen wurden. Bereits in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre gab es Gespräche zwischen hohen Militärs der UdSSR und der USA; Vertreter der beiden deutschen Staaten führten Gespräche zu Fragen der Wirtschaft, des Verkehrs, der Kunst und Kultur; die Gewerkschaftsverbände waren im Dialog. Für die Angehörigen der NVA blieb das in dieser Zeit ein absolutes Tabu, ganz im Gegenteil – die militärischen Bestimmungen über Kontaktverbote mit Bürgern westlicher Staaten wurden immer schärfer. Eine gewisse Lockerung begann erst mit der neuen Militärdoktrin der Staaten des Warschauer Vertrages aus dem Jahr 1987.

DSS-Arbeitspapiere 71 | 2004

Russlands Raketenschnellboote und ihre Hauptbewaffnung – gestern, heute und morgen

Autor: Egbert Lemcke

ISSN 1436-6010 | 52 Seiten

Im Verlauf der vergangenen 50 Jahre erlangten Raketenschnellboote (im Westen auch als Flugkörperboote bezeichnet) in vielen Flotten der Welt eine große Verbreitung. Gegenwärtig ist es üblich, unter dieser Klasse Kampfschiffe mit einer Wasserverdrängung von bis zu 500–600 t zu erfassen, deren Hauptbewaffnung aus Antischiffs-Flügelraketen besteht. Mit derartigen Booten sind die Flotten von mehr als 50 Staaten der Welt ausgestattet. Einige Staaten, in deren Flottenbestand Raketenschnellboote mit einer Wasserverdrängung von 400–600 t die Grundlage der Flotte bilden, bezeichnen diese auch mitunter bereits als Raketenkorvetten. In diesen Staaten, die zumeist nicht über die Möglichkeiten zum Unterhalt von großen Überwasserschiffen verfügen, werden die Vorzüge dieser Einheiten entscheidend. In Ländern, wie Norwegen, Dänemark, Griechenland, Türkei, Israel, Ägypten, Südkorea bilden Raketenschnellboote gegenwärtig die Grundlage der Überwasserschlagkraft. Ähnliches gilt für mehr als 40 Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.

DSS-Arbeitspapiere 75 | 2005

Als Offizier und Wissenschaftler der NVA im deutsch-deutschen sicherheitspolitischen Dialog (1987–1990)

Ein Zeitzeugenbericht

ISSN 1436-6010 | 130 Seiten

Ich beginne diesen Bericht im Herbst 2003, etwa 13 Jahre nachdem ich mit dem Ende der DDR auch meine Laufbahn als Offizier und Wissenschaftler der NVA beendet habe. Es waren über 35 Jahre, die ich in den Streitkräften der DDR gedient habe und die mein Berufsleben bestimmten. Für mich ist es eine wechselvolle und interessante Zeit gewesen – voller Wendungen, Widersprüche und Brüche. Ich bekenne: Ich habe bei meiner Tätigkeit als Soldat viel Befriedigung erfahren. Ich habe diese Arbeit zumeist gern getan, und ich schäme mich ihrer nicht, auch wenn ich heute zahlreiche Irrtümer und Illusionen klarer erkenne. Nach meiner Offiziersausbildung war ich zunächst über 10 Jahre als Politoffizier im Bereich der Luftstreitkräfte und Luftverteidigung der DDR tätig, bevor ich nach einem Forschungsstudium an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED 1975 an die Offiziershochschule Franz Mehring in Kamenz versetzt wurde. In der Zeit von 1987 bis Ende 1990, über die ich hier Auskunft geben will, war ich Hochschullehrer an der Militärpolitischen Hochschule Wilhelm Pieck in Berlin-Grünau. Meine offizielle Funktion war Leiter der Fachgruppe Politische Ökonomie des Kapitalismus im Lehrstuhl Politische Ökonomie und Militärökonomie. Dabei beschäftigte ich mich besonders mit Fragen der Rüstungswirtschaft in Westeuropa, was mich ab 1985 zu einer intensiven Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Problemen führte. Den Dienstgrad Oberst erhielt ich 1983, die Berufung zum Außerordentlichen Professor 1988. Die Wende des Jahres 1989 brachte mir für die Übergangszeit noch die Aufgabe des Aufbaus und der Leitung eines nichtstrukturmäßigen Wissenschaftsbereichs Sicherheitspolitik an meiner Hochschule.

DSS-Arbeitspapiere 80 | 2006

50. Jahrestag der NVA

Ansichten und Wertungen
Herausgeber: Siegfried Schönherr

ISSN 1436-6010 | 50 Seiten

Es erschien uns angemessen, an einem Jahrestag, der immerhin für ein halbes Jahrhundert steht, Rückschau zu halten auf die Nationale Volksarmee. Freilich handelt es sich nicht um ein Jubiläum, wie es die Bundeswehr ein Jahr zuvor mit allen staatlichen Ehren gefeiert hat. Aber die Nationale Volksarmee hat es über mehr als drei Jahrzehnte auf deutschem Boden gegeben – länger als die Reichswehr und die Wehrmacht – und man wird die Erinnerung an sie nicht los, indem man sie beschweigt oder sie einfach als Machtorgan eines Unrechtsstaates abtut. Wie unsicher staatliche Institutionen der Bundesrepublik im Umgang mit der anderen deutschen Armee sind, offenbart das Verdikt des Bundesministers der Verteidigung, mit dem er jegliches Gedenken an die Nationale Volksarmee in Räumlichkeiten seines Dienstbereiches verbot. Sechzehn Jahre nach der Herstellung der staatlichen Einheit, an der die NVA loyal mitwirkte, hätte man wohl mehr Souveränität und politische Vernunft erwarten können. Eine solche Behandlung der Nationalen Volksarmee lässt überdies logische Identität vermissen. Dieselben, die so verbissen an einer delegitimatorischen Bewertung der NVA festhalten, können wenig überzeugen, wenn sie den Anspruch erheben, mit der gelungenen Integration der Nationalen Volksarmee ein Beispiel für die deutsche Einheit und das Zusammenwachen von West und Ost gegeben zu haben, und die neue Bundeswehr Armee der Einheit nennen. Uns ging es bei der anberaumten Debatte jedoch hauptsächlich darum, einen Überblick zu erhalten, wie die militärgeschichtliche Forschung sich in den zurückliegenden eineinhalb Jahrzehnten der Nationalen Volksarmee angenommen hat und in welcher Weise ehemalige Berufssoldaten als Zeitzeugen persönlich daran mitgewirkt haben, die Nationale Volksarmee so zu beschreiben, wie sie wirklich gewesen ist.

DSS-Arbeitspapiere 84 | 2007

Traditionen in Bundeswehr und Nationaler Volksarmee

Herausgeber: Siegfried Schönherr

ISSN 1436-6010 | 32 Seiten

Mit Beiträgen von Winfried Heinemann, Paul Heider.