Blindflug in Kriegszeiten?
2 Seiten | Autor: Jörg Michael Dostal
Wer die Weltpolitik schon länger beobachtet, glaubt mit der Zeit Muster wahrzunehmen. Ein solches Muster ist das langsame Wachstum hoffnungsvoller Tendenzen. Dann kommt ein Schockereig- nis, welches diese Hoffnungen zerstört. Selbst die Erinnerung an die Zeit vor dem Schock erscheint danach unwirklich, unwiederbringlich verloren. Wenn wir an solche Schockwellen in den letzten 30 Jahren zurückdenken, kommt einiges zusammen. Ende der 1990er Jahre hat- ten die progressiven Globalisierungskritiker die Meinungsführerschaft errungen. Eine andere, bessere Welt schien möglich. Dann kam der 11. September 2001. Es folgte die Ausrufung des „Kriegs gegen den Ter- ror“ durch die USA. Der dauert bis heute an. Der nächste Schock war die Weltfinanzkrise von 2007 und 2008, in deren Windschatten mehr Macht in die Hände von Finanztechnokraten gelegt wurde. 2020 und 2021 standen im Zeichen des Corona-Schocks. Nun gaben Virologen Anweisungen, während Grundrechte und Verteilungsfragen beschwie- gen wurden. Vor dem Angriff russischer Truppen auf das Nachbarland Ukraine am 24. Februar 2022, dem vorerst letzten Schock, konnte man sich durchaus Gedanken darüber machen, wie (oder eher ob) die ange- sammelten Probleme noch in den Griff zu bekommen wären. Jetzt hat Putin westliche Politiker aus ihrer Legitimationskrise befreit und ihnen neues Selbstbewusstsein eingeflößt. Ein gemeinsamer Feind schweißt zusammen.
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