„Man hat etwas anderes vermutet ...“

Zur Phänomenologie des kulinarischen Geschmacks

18 Seiten | Autor: Michael Jäckel, Daniel Kofahl

Dass menschliche Organismen Nahrung aufnehmen müssen, erscheint als anthropologische Universalie. Die Form der Ernährung hingegen ist offensichtlich beeinflusst von sozialen Begebenheiten. Bereits Georg Simmel beobachtete, dass das „eigentümlicherweise Egoistischste, am unbedingtesten und unmittelbarsten auf das Individuum Beschränkte“, nämlich die Nahrungsaufnahme, sozialisiert wurde, indem man die gemeinsamen Mahlzeiten über Tischsitten und Essvorschriften überindividuell normierte. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist dann eine fortlaufende spezielle Kommunikation über Essen und Geschmack zu einer eigenen, selbstreferentiellen sozialen Sphäre geworden, welche sich in der Kommunikation der Gesellschaft stabilisierte. Dass es sich hierbei um eine an Eigenwerten orientierende Kommunikation handelt, die ihre biologische Umwelt zwar in Anspruch und auf sie Bezug nimmt, aber gerade nicht ihre sprachliche Abbildung, sondern eine emergente soziale Konstruktion ist, sieht man unter anderem daran, dass nicht jede Handlung, die im weitesten Sinne der Nahrungsaufnahme dient, in diese Spezialkommunikation Eingang findet.

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Erschienen in
Berliner Debatte 2 | 2009
Wege aus der Krise
158 Seiten

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