Kompetenzen als Humankapital
15 Seiten | Autor: Jörg Nicht, Thomas Müller
Die moderne Sicht auf Bildung als Quelle individuellen und gesellschaftlichen Wohlstands wird im zeitgenössischen Reformdiskurs zugespitzt und radikalisiert. Nun gilt nicht mehr allein, dass Wohlstand und sozialer Zusammenhalt von Bildung abhängen, sondern dass Bildung eine existentielle Voraussetzung darstellt, um im globalen Wettbewerb zwischen Nationen bestehen zu können und in einer wissensbasierten Ökonomie konkurrenzfähig zu sein. Postulate wie diese befördern eine „Grammatik der Sorge“, mit der Reformen innerhalb des Bildungssystems gefordert und initiiert werden. In Deutschland haben vor allem internationale Schulleistungsvergleichsstudien wie PISA (Programme for International Student Assessment) der Sorge um die Bildung – als Sorge um die Zukunft der Gesellschaft – Nachdruck verliehen. So wurde PISA nicht nur zum medienöffentlichen Großereignis, sondern auch zum Referenzpunkt für anschließende bildungspolitische Maßnahmen. PISA ist jedoch nur ein Beispiel für eine breit angelegte Restrukturierung des pädagogischen Feldes, die mithilfe transnationaler Agenturen wie der Organisation for Economic Co-Operation and Development (OECD) seit mehr als drei Jahrzehnten forciert wird. Schlagworte wie „Wissensgesellschaft“, „Neoliberalismus“ und „Ökonomisierung der Bildung“ erfassen diese globale Restrukturierung und ihre vielgestaltigen empirischen und theoretischen Voraussetzungen indes nur teilweise.
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