Theresa Wobbe: Weltgesellschaft

Daß die Analyse sozialer Prozesse und Strukturen im globalen Maßstab zu den großen Herausforderungen der Soziologie im beginnenden 21. Jahrhundert gehört, steht außer Frage. Eine mittlerweile unüberschaubare Literatur zum Thema „Globalisierung“ macht deutlich, daß die Soziologie, deren theoretische und empirische Analy sen im 20. Jahrhundert weitgehend von nationalstaatlichen Horizonten bestimmt waren, einer grundbegrifflichen Revision bedarf. Mit ihrem Buch hat Theresa Wobbe eine erste, so bislang nicht vorhandene Einführung in das theoretische Konzept der „Weltgesellschaft“ vorgelegt, ein Konzept, das auf die grundbegriffliche Revision des für die Soziologie zentralen Gesellschaftsbegriffs zielt. Das Konzept der Weltgesellschaft pointiert Wobbe in Abgrenzung sowohl von der breiten soziologischen Debatte um Globalisierung (Beck, Giddens, Robertson, Sassen) als auch von neo-marxistischen Theorien des Weltsystems (Wallerstein) und eher politikwissenschaftlichen Theorien internationaler Beziehungen (Senghaas, Zürn). Dabei lautet ihre zentrale These, daß „das Konzept der Weltgesellschaft ein soziologisches Erklärungspotential sui generis bietet, um den Wandel der Grenzen und Horizonte der gegenwärtigen Gesellschaft zu analysieren und um eine soziologische Kompetenz für die Untersuchung globaler Prozesse zu beanspruchen“. Der besondere Erkenntnisgewinn gerade einer solchen theoretischen Perspektive bestehe darin, daß durch die Analyse globaler Strukturen und Prozesse mit Hilfe des Begriffs der Gesellschaft, verstanden als umfassendstes soziales System, eine Emergenzebene jenseits des nationalstaatlichen Bezugsrahmens sichtbar gemacht werden könne. In Auseinandersetzung mit den Weltgesellschaftstheorien Niklas Luhmanns, des Züricher Entwicklungssoziologen Peter Heintz und des Bildungs- und Organisationssoziologen John W. Meyer und seines Stanforder Forschungsteams entfaltet Wobbe diese Ausgangsthese in zwei Schritten: In einem ersten Teil untersucht sie die drei ausgewählten Theorien im Hinblick auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Problemstellung und theoretischer Reichweite, um in einem zweiten Teil einen Überblick über deren jeweilige Umsetzung in empirischen Forschungen zu geben. Dem Einführungscharakter des Buches tragen sowohl der leicht verständliche Stil als auch ein umfassendes und mit Lektüre-Empfehlungen versehenes Literaturverzeichnis Rechnung.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2001
Arbeit und Anmut des Boxens
173 Seiten

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