Was lief schief?

Beitrag auf dem Panel “Reconstruction of the Social Seiences at Humboldt-University” im Center for European Studies, Harvard University, 13-15 März 1992

4 Seiten | Autor: Mechthild Küpper

Bevor ich Ihnen meine Version von dem erzähle, was an der Humboldt-Universität schief gelaufen ist, sollten Sie wissen, daß ich nicht unparteiisch bin. Seitdem westliche Reporter die Grenze ohne behördliche Genehmigungen überqueren konnten, verfolge ich die dortigen Geschehnisse. Mein Blatt ist, soweit ich weiß, die einzige Zeitung mit einer täglichen Seite zur Hochschulbildung. Vor dem November 1989 berichteten wir zumeist von der Freien Universität. Sie wurde 1949 gegen die kommunistische Universität in Ost-Berlin gegründet, und selbst ihr Name geht auf Humboldt zurück: Freie Universität. In jenen Tagen war sie ein Hort der Freiheit und Sicherheit für jene, die nicht länger an einer kommunistischen Universität arbeiten wollten. 1968 wurde die Freie Universität ein Zentrum der Studentenrevolte. Seitdem hat sie nicht aufgehört, ihre Wunden zu lecken und Jahr für Jahr größer und größer zu werden. Für einen Reporter ist die Freie Universität heute eines der langweiligsten Themen, zu dem geschrieben werden muß. Ich habe den ganzen Sommer des Jahres 1988 damit zugebracht, die Debatte über eine Strukturreform zu verfolgen, aus der nie etwas wurde. Als die Mauer fiel und ich die Humboldt-Universität betreten konnte, fühlte auch ich mich befreit. Die Humboldt-Universität bewahrte mich davor, in meinem Job von tödlicher Langeweile befallen zu werden. Dafür bin ich dankbar.

Schlagworte:

PDF: 4,00 €

Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 1992
Frauen - multikulturell
112 Seiten

Ähnliche Inhalte