Für Entmilitarisierung der Sicherheit
ISSN 1436-6010 | 245 Seiten
Vor einem Vierteljahrhundert, inmitten einer Zeitenwende, gründete sich die Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Gerade befand sich eine Weltordnung in Auflösung, und eine neue war noch nicht entstanden. Mehr als vier Jahrzehnte hatte der Kalte Krieg zwischen zwei Welten die gesamte Menschheit mit dem Atomtod bedroht. Die alte Weltordnung war geprägt von der gefährlichen Konfrontation zweier Gesellschaftssysteme und Machtblöcke, und dennoch hatte sie die längste Friedensperiode für Deutschland und Europa gebracht. Was man den Kalten Krieg nannte, war ein besonderer Frieden zwischen den beiden Kontrahenten im Ost-West-Konflikt. Es war ein waffenstarrender Frieden, aufrechterhalten vor allem mit der Fähigkeit zum alles vernichtenden Krieg unter dem Namen atomare Abschreckung. Ihr Versagen hätte den Tod der menschlichen Gattung bedeutet. Als die Gefahr für das Überleben der Zivilisation in den achtziger Jahren nicht mehr abweisbar ins öffentliche Bewusstsein drang, erhob sich in nie gekannter Dimension eine vielschichtige Friedensbewegung. Sie rebellierte gegen den Irrsinn, Frieden mit dem System gegenseitiger Zerstörung aufrechterhalten zu wollen. Eine sich rasch entwickelnde Friedensforschung gab ihr Zielklarheit und zeichnete einen realistischen Weg aus der Gefahr. Beflügelt von der Politik der Perestroika in der Zweiten Welt ergriff ein neues Denken über Frieden und Sicherheit die öffentliche Meinung und erzeugte Resonanz auch in verschiedenen Kreisen der Ersten Welt. So konnten erste wichtige Schritte der atomaren und konventionellen Abrüstung in Europa gegangen werden. Auf die politische Agenda gelangte die Aufgabe, eine stabile europäische Friedensordnung zu schaffen, beruhend auf der Anerkennung gleicher Sicherheit für alle Staaten, auf Vertrauen und Zusammenarbeit, auf Gewaltverzicht und Abrüstung. Mitten in diesem hoffnungsvollen Aufbruch zu einer neuen europäischen Friedensordnung, zu einem gemeinsamen Haus Europa, erschütterte eine Welle demokratischer Revolutionen das eine der beiden im Konflikt befindlichen Gesellschaftssysteme. Die Zweite Welt, die sich sozialistische Staatengemeinschaft nannte, begann sich aufzulösen und brach von ihrer Peripherie her zusammen. Kaum war die reale Möglichkeit entstanden, dass die beiden hoch militarisierten Machtblöcke und ideologischen Antipoden aus Einsicht in die Notwendigkeit des Überlebens die militärische Konfrontation beenden und zu einer Sicherheitspartnerschaft finden, da änderte sich gravierend die politische Konstellation. Plötzlich schien die den Frieden bedrohende Feind7 schaft zweier Welten aufgehoben und der Weg frei für den Aufbruch in ein neues Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der Einheit in Europa und auch darüber hinaus in einem weltumspannenden Raum von Vancouver bis Wladiwostok. So vereinbarten es jedenfalls die KSZE-Staaten im November 1990 in der Charta von Paris. Die Charta erklärt das „Zeitalter der Konfrontation und der Teilung Europas“ für beendet.
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