Streitkräftereform und neue bürgerliche Regierung in Ungarn
ISSN 1436-6010 | 44 Seiten
Mit den tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen seit Ende der 80er Jahre, der Proklamation der Ungarischen Republik und der Auflösung des Warschauer Vertrages erhob sich vor den tragenden politischen Kräften des Landes sofort auch die Frage nach den Wegen zur Gewährleistung der äußeren Sicherheit des Staates, seiner Souveränität und Unabhängigkeit. Zuvor waren – sieht man von kurzen Unterbrechungen (1848-1849, 1918- 1941) ab – Verteidigungsplanung und Streitkräfteentwicklung stets vom Ausland dominiert worden. Nun ergab sich, faktisch erstmals, die Möglichkeit und zugleich die drängende Notwendigkeit, ausgehend von den echten nationalen Interessen Ungarns eine eigenständige Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu konzipieren und zu verwirklichen und eine dafür angemessene Armee zu formen. Bereits seit dem Jahre 1987 konnte man im Bereich der Landesverteidigung Ungarns auf theoretische Erwägungen und erste Ansätze praktischer Veränderungen treffen, die sich dann mit der Realisierung der gesellschaftspolitischen Umwälzung und dem Abzug der sowjetischen Truppen vom ungarischen Territorium stetig vertieften. Zwar gab es während einer kurzen Periode beim Übergang in die 90er Jahre vor allem in Kreisen der Bevölkerung, aber auch in bestimmten politischen Gruppierungen, mehr oder weniger ausgeprägte Hoffnungen auf Neutralität und eine vollständige Demilitarisierung sowie die gänzliche Abschaffung der Streitkräfte. Diese Vorstellungen erwiesen sich aber angesichts der realen internationalen, nicht zuletzt der regionalen (!) Lage sehr schnell als illusionär. Die gegebenen Tatsachen machten die militärische Abstützung der äußeren Sicherheit auch weiterhin unverzichtbar, sie übten zudem einen sachlichen Zwang zu deren Neuorientierung und Neugestaltung aus.
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