Nicht davor zurückschrecken, für den Frieden Krieg zu führen
ISSN 1436-6010 | 35 Seiten
Seitdem es den Warschauer Vertrag und das von der Sowjetunion geführte sozialistische Weltsystem nicht mehr gibt, ist die Welt anders, aber nicht friedlicher geworden. Nach Angaben des Internationalen Konfliktforschungszentrums in Atlanta (USA) wurden Anfang 1993 weltweit nicht weniger als 34 Kriege geführt und gab es 112 Krisengebiete, die sich sehr schnell in Kriegsschauplätze verwandeln könnten. Tatsächlich ist mit dem Ende des Ost-West-Systemkonflikts eine globale Situation entstanden, die vor allem durch eine historisch beispiellose allgemeine Unsicherheit charakterisiert ist. Nichts ist mehr sicher und stabil, was noch vor kurzem so schien: immer mehr Staatsgrenzen, die seit dem zweiten Weltkrieg und dem Untergang des ursprünglichen kapitalistischen Kolonialsystems endgültig anerkannt schienen, werden in Frage gestellt; selbst die Bündnis- und Vertragssysteme, die aus dem jahrzehntelangen Kampf gegen das sozialistische System siegreich hervorgegangen sind, werden nun instabil und erweisen sich zunehmend als strukturell unfähig, den gegenwärtigen regionalen und erst recht den existentiellen globalen Herausforderungen überzeugend zu begegnen. Immer deutlicher wird, daß der Sieg des Kapitalismus über den bisher bedeutsamsten Versuch einer sozialistischen Alternative nicht unbedingt auch eine Stärkung des Kapitalismus als Weltsystem bedeutet. Im Gegenteil: zwischen den kapitalistischen Hauptmächten ist der Kampf um die Neuverteilung der Ressourcen und regionaler wie globaler Einflußsphären wieder entbrannt.
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