Hans J. Gießmann
Die Zeit der „Neuvermessung“
9 Seiten | Autor: Hans J. Gießmann
Die Botschaften waren ungewöhnlich konzertiert, Zeitpunkt und Ort der Präsentation waren ebenfalls interessant. Bundespräsident Joachim Gauck nutzte das Podium der Münchner Sicherheitskonferenz, um dort Anfang des Jahres als erster deutscher Bundespräsident eine außenpolitische Grundsatzrede zu halten. Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen teilten seinen Tenor, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der internationalen Politik übernehmen. Dass die Reden vor allem in der deutschen Öffentlichkeit Irritation, um nicht zu sagen Unmut, erregten, hängt u. a. mit der Wahl des Ortes zusammen. Die Internationale Sicherheitskonferenz steht in einem Punkt in der Tradition ihrer Vorgängerin, der früheren Wehrkundetagung: Auch sie verknüpft verteidigungs- und sicherheitspolitische Fragen der deutschen und internationalen Politik. Insofern wundert es nicht, dass den Reden unterstellt wurde, was nicht der Intention der Vortragenden entsprach: die stärkere Betonung militärischer Mittel bei der Durchsetzung deutscher Interessen.
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Kalter Krieg auf Probe?
2 Seiten | Autor: Hans J. Gießmann
Kein Zweifel, die russische Reaktion auf den von der georgischen Regierung angeordneten Überfall auf die Hauptstadt Südossetiens war unverhältnismäßig. Dass Moskau zudem die gebotene Gelegenheit benutzte, um eigene Pläne für die Sezession Südossetiens und Abchasiens aus der Schublade zu holen, scheint ebenso unstrittig. Jedoch verdient die Kritik an Russland eine Betrachtung im Detail, vor allem weil sie dort unter Verweis auf doppelte Maßstäbe zurückgewiesen wurde. Nach Konsequenzen ist zu fragen, wenn die Eskalationsspirale wechselseitiger Anfeindungen ihre Fortsetzung findet.
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Ein Plädoyer für das moderne Völkerrecht
4 Seiten | Autor: Hans J. Gießmann
Zwischen dem in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Gewaltverbot als einer politischen und rechtlichen Norm und seiner Umsetzung in den Beziehungen der Staatenwelt bestehen nicht erst seit der Zeitenwende vor zwanzig Jahren unübersehbare Widersprüche. Die Aporie liegt jedoch weniger in einer mangelnden Verträglichkeit der Norm als in ihrer flagranten Missachtung im politischen Handeln. Dabei liegt die Gefahr für das moderne Völkerrecht als hegender und zähmender Ordnung paradoxerweise nicht so sehr in der Entfesselung größerer Gewaltbereitschaft aufseiten bestimmter Staaten infolge ungleicherer Machtverteilungen als noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Schwerer wiegt die „wohlmeinende“ Kritik, die mit legitimierenden Schlüsselbegriffen wie der „Schutzverantwortung“ oder der „humanitären Intervention“ die moralische Hoheit über das geltende Recht zu erobern sucht, um das „Gewaltverbot“ schließlich mit Gewalt durchsetzen zu dürfen. In der Quintessenz ist das Resultat dasselbe: die Rückverlegung des Rechts, über den Einsatz von Gewalt zu befinden, aus der Obhut einer handlungsunfähigen universellen Rechtsgemeinschaft in die Verfügbarkeit eines handlungswilligen Kartells staatlicher Akteure und politischer Zweckbündnisse.
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