Bulgarien in der EU – Europas „Kyrillisierung“?
18 Seiten | Autor: Hilmar Walter
Als die Aufnahme Bulgariens in die EU bevorstand, wurde in der Presse häufig darüber geschrieben, dass neben dem griechischen nun auch das kyrillische Alphabet in die Union Einzug hält. Bei der Vorbereitung auf den Eintritt Bulgariens hatte die bulgarische Regierung eine Erklärung zu dem Vertrag unter der Überschrift »Deklaration der Republik Bulgarien bezüglich der Nutzung des kyrillischen Alphabets in der Europäischen Union« mit folgendem Wortlaut hinzugefügt: „Mit der Anerkennung der bulgarischen Sprache als authentische Vertragssprache und auch als offizielle und Arbeitssprache, die in den Institutionen der Europäischen Union verwendet wird, wird die kyrillische Schrift (Kyrilliza) zu einem der drei Alphabete, die offiziell in der Europäischen Union benutzt werden. Dieser wesentliche Teil des kulturellen Erbes Europas stellt einen spezifischen bulgarischen Beitrag zur sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Union dar.“ Manche Publikationen in den deutschsprachigen Medien zeugen von Objektivität und Toleranz, wie z. B. ein längerer Text des österreichischen Standard („EU bekommt durch Beitritt Bulgariens drittes Alphabet“, 30.12.2006). Es wurde allerdings auch geringere Akzeptanz geäußert. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung las man eine dramatisierend aufbauschende Überschrift: „Die Kyrillisierung Europas“, nach ein paar Tagen gefolgt von „Balkantiger auf dem Sprung“. Aufhänger war der Disput, die der damalige bulgarische Minister Nikolaj Vasilev mit der Europäischen Zentralbank über einen kyrillischen Aufdruck auf den Euronoten führte, der nicht „Euro“ sondern „евро (evro)“ lautet, wie es auch in anderen slawischen Ländern für die Währung der Eurozone üblich ist. Vasilev hat unter Berufung auf die Statuten der EU den Disput gewonnen. Deshalb gibt es nun inzwischen 5- und 10-Euronoten mit dem kyrillischen Aufdruck „евро“.
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