Anlehnung an den großen Bruder
2 Seiten | Autor: Petra Erler
Joe Biden hat den Kern seiner außenpolitischen Agenda offengelegt: Mit ihm seien die USA wieder bereit, „die Welt zu führen“ und ihren Platz „an der Spitze des Tisches“ einzunehmen. Damit unterscheidet sich der außenpolitische Anspruch von Biden nicht von dem seiner Vorgänger. Biden verspricht höflichere Tischherren-Manieren. Wer aber glaubt, demnächst ziehe ein aufgeklärter Fürst ins Weiße Haus; einer, der sich als Gleicher unter Gleichen empfindet, ein wohlwollender Partner und einsichtsvoller Freund, sollte die außenpolitische Vita von Joe Biden studieren und genau hinsehen, wer seinem engsten Führungszirkel angehören soll. Gerade deshalb ist Wolfgang Ischinger zu widersprechen, wenn er fordert, dass die EU endlich die „Sprache der Macht lernen sollte“. Das Gegenteil ist richtig! Das globale Alleinstellungsmerkmal der EU ist der anhaltende Nachweis, dass Frieden zwischen einst tief verfeindeten Völkern möglich ist und dauerhafte Züge trägt und das geht nur, wenn auf die Sprache der Macht verzichtet wird. Dieser friedenspolitische Auftrag der EU, der noch nicht vollständig erfüllt ist, berechtigt sie zu einem selbstbewussten Auftreten als globaler Akteur.
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