Der neue Kulturkampf
11 Seiten | Autor: Jörn Knobloch
Irgendwie hatte man sich an den positiven Habitus der Kultur in den letzten Jahrzehnten gewöhnt. Nach dem Ende des Kalten Krieges erlaubte die Aufwertung der Kultur als positiver Ordnungsbegriff eine neue, flexiblere Strukturierung der Welt jenseits starrer Landesgrenzen, wodurch einer Integration aller Menschen in die Weltkultur nichts mehr im Wege zu stehen schien. Eine solche Weltkultur wäre dann die säkulare Version der uralten Idee der Ökumene (Voegelin 2004). Zwar gab es noch die düstere Prognose Samuel P. Huntingtons vom „Kampf der Kulturen“ (1996), doch schien sich sein antagonistisches Szenario des Kulturkontaktes vorerst nicht zu bewahrheiten. Stattdessen weckte die sich von seinem restriktiv-essenzialistischen Kulturkonzept abgrenzende und daher viel populärere konstruktivistische Variante der Kultur die Hoffnung auf eine finale Verständigung aller Kulturen durch eine produktive, in Begriffen der Hybridisierung und Transdifferenz gedachte Kulturvermischung (Allolio-Näcke u.a. 2005). Kurzum, die Möglichkeit der Kultur versprach ein tatsächliches „Ende der Geschichte“ (Fukuyama 1992), so glaubte man.
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