Kulturkritik
11 Seiten | Autor: Wolfgang Geier
Mit der Verwendung des Kompositums Kulturkritik entstehen Schwierigkeiten – nicht mit dem Bestandteil Kritik, wohl aber mit jenem der Kultur, und mit der Klärung, was Kultur ist und was hier durch wen, wie und warum kritisiert werden soll. Auf welche Gebiete der Kultur erstreckt sich die Kritik? Geht es um gesellschaftliche Sachverhalte, die aus kultureller Sicht einer kritischen Betrachtung unterzogen werden? Sind Bildung und Anwendung eines solchen Kompositums überhaupt sinnvoll? Welche sind seine kategorialen und methodischen Kriterien? Gerät eine Kulturkritik, durch wen woran auch immer geübt, nicht in die Nähe ideologischer Vor- und Nachurteile, subjektiver Dikta ohne objektivierbare Relevanz und Validität? Die Schwierigkeiten beginnen mit dem Kulturbegriff. In keiner anderen europäischen Sprache erscheint er, wenn er überhaupt mehr oder weniger eineindeutig vorkommt, in derartigen Unschärfen wie im Deutschen, verstärkt durch Kompositabildungen, die in andere Sprachen nicht übersetzbar sind. Oder wie sollte man Absonderlichkeiten wie Anpassungs-, Streit-, Verweigerungs- und Wutkultur ins Englische oder Finnische übersetzen? Außer solchen Unsinnigkeiten gibt es solche, die sich anspruchsvoller gebärden: Im Januar 2010 fand in Leipzig eine wissenschaftliche Diskussion zu kuratorischer Kultur – so die Ankündigung der Veranstalter – statt. Das Ergebnis bestand darin, dass sich die Teilnehmer darin bestätigten, noch nicht genau zu wissen, wovon hier eigentlich die Rede sein sollte – obwohl über kuratorische Kultur stundenlang geredet worden war.
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