Zwischen dignitas hominis und Kabbala
16 Seiten | Autor: Gian Franco Frigo
Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts stellt in Italien eine Epoche dar, in der die studia humanitatis einen kritischen Blick auf die scholastische Tradition erlauben. Die „Studien der Humanität“ werten die logischheuristische Bedeutung der klassischen Rhetorik gegenüber dem Formalismus der quaestio und der controversia der scholastischen Methode wieder auf. Wenn anfänglich der von der philologischen Kritik bevorzugte Bereich der sprachlich-literarische gewesen war, erkennt man nun, dass die Sprache nicht nur eine grammatische oder rhetorische Bedeutung hat, sondern auch das politische und ethische Moment mitbringt, das die menschliche Kommunikation in sich trägt. Nur wenn man diesen Aspekt im Auge behält, kann man verstehen, warum die humanistische Hermeneutik ein wichtiges Moment einer kulturellen renovatio wird, die das moralische, zivile und politische Leben umfasst. Nicht nur gewinnt man die symbolisch-erkennende Bedeutung der poetischen Bilder der antiken Mythologie wieder, sondern man nimmt die Vorbildlichkeit der Vergangenheit zum Ansporn, um mit neuen Instrumenten die eigene Zeit zu deuten oder utopische Gesellschaftsmodelle zu entwerfen.
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