Chaos Europa
ISBN 978-3-929666-81-6 | ISSN 0944-8101 | 192 Seiten
Europas Ordnung ist von einem stagnativen in einen eher chaotischen Zustand übergegangen. Kann die Chaosdebatte, die in wissenschaftlichen Publikationen und in den Feuilletons deutscher Zeitungen geführt wird, für die Analyse internationaler Beziehungen produktiv genutzt werden? Es sind aus unserer Sicht zwei Aspekte, die der geistigen Annäherung an den krummen Gang der europäischen Entwicklung dienen sollen. Zum einen wird der Versuch unternommen, dem Denken über Europa chaostheoretische Ansätze anzubieten. Bisher sind diese aus den Naturwissenschaften kommenden Überlegungen von der Politikwissenschaft, speziell von der Disziplin der Internationalen Beziehungen, mehr als zurückhaltend angenommen worden. Wenn wir diese Ansätze hier zu Wort kommen lassen, so in der Hoffnung, daß in der kritischen Auseinandersetzung jene intellektuelle Produktivität erzeugt wird, die beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Disziplinen an ihren Schnittstellen entstehen kann. Das ist sicherlich gewagt und Widerspruch ist zu erwarten. Immerhin trifft die Chaostheorie auf gut befestigte Erklärungsversuche etablierter politikwissenschaftlicher Schulen. Realisten bleiben bei ihren Kategorien Staat, Macht, Hegemonie und Gleichgewicht. Funktionalisten verweisen auf Interdependenz, transnationale Prozesse und Globalisierung. Die Postmodernen sehen Fragmentierung, Enthierarchisierung und Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Ordnungen. Geopolitisches Denken vertraut in die „unsichtbare Hand“ des Raumes. Wenn der Zweifel alles neu ermöglicht (Michel de Montaigne), so kann zweifelndes Denken, das unser bisheriges Verständnis verunsichert, auch unsere Sicht auf die europäischen Prozesse schärfen.
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