1990

Ein guter Mensch aus dem Politbüro

Alexander Jakowlew und die linke Alternative in der KPdSU

7 Seiten | Autor: Witali Tretjakow

In der großen Politik gibt es stets Figuren mit Symbolcharakter. Ihr Erscheinen oder ihr Verschwinden zeugt von einer scharfen Kursänderung. Als 1985 Michail Gorbatschow an die Macht kam, sprachen den politisch Gebildeten für die Ernsthaftigkeit seiner Absichten nicht in erster Linie seine Worte, sondern vielmehr die Tatsache, daß zugleich die Figur Alexander Jakowlews auftauchte.

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

History as a Way of Learning

Zum Tode des amerikanischen Historikers William A. Williams

8 Seiten | Autor: Frank Unger

Der akademische Diskurs in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist strukturell überall gleich, er ist, wie u. a. Pierre Bourdieu es gezeigt hat, stets das Resultat von Kompromissen zwischen einem Ausdrucksinteresse und einer Zensur. Wissenschaft als organisiertes soziales System funktioniert in Ost und West auf dieselbe Art und Weise: Die Bruderschaft der bereits Initiierten entscheidet zunächst nach rituellen Kriterien, sodann auf der Grundlage einer Werteskala, deren Maß die „Reputation“ ist, wer in die Ränge von Gelehrten aufzunehmen sei und wer nicht. Die Erkenntnis von Wahrheit ist ein eher seltenes und zufälliges Nebenprodukt gewöhnlicher akademischer Betriebsamkeit, ihr Aussprechen führt in der Regel zu erheblichen Reputationsverlusten des Autors. Ähnlich irritierend wie das Streben nach Wahrheit ist für den akademischen Betrieb das Schreiben für das Volk. Der Adressat des akademischen Diskurses ist nicht die Öffentlichkeit, sondern die Gemeinschaft der Akademiker. Allerdings ist der Verdacht nicht auszuschließen, daß dabei auch ein Rationalisierungsmechanismus am Werk ist. Denn insgeheim träumen wohl die meisten akademischen Autoren – insbesondere die Historiker- davon, einmal durch einen Bestseller das große Geld zu machen oder wenigstens über den Rahmen der alljährlichen Stammeszusammenkünfte hinaus berühmt zu werden - allein scheitert dieser Traum in den meisten Fällen an der akademischen Sozialisation angezüchteten Hemmung, ein bestimmtes Ausdrucksinteresse auch adäquat in Sprache umzusetzen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

Von einem bipolaren zu einem unipolaren Europa in einer multipolaren Welt

Plenarvortrag auf der 11. Generalkonferenz der Föderation für Weltzukunftsstudien

7 Seiten | Autor: Johan Galtung

Europa und das gesamte System des Kalten Krieges (einschließlich UdSSR und USA) haben eine dramatische Periode beschleunigter Geschichte erlebt. Erst künftige Generationen werden in der Lage sein, jenen Prozeß richtig einzuschätzen, der das Leben von mehr als 1 Milliarde Menschen, fast ein Fünftel der Menschheit, direkt betrifft. Offensichtlich hat dies auch Folgen für die übrige Welt, wenn auch vor allem nur mittelbar. Im folgenden soll versucht werden, die Bedeutung dieses Prozesses zu beschreiben.

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

Lebenswelten zwischen Anpassung und Eigensinn

9 Seiten | Autor: Rudolf Woderich

Wenn es um Chancen und Konfliktpotentiale geht, die aus dem deutschen Einigungsprozeß erwachsen, dann können Probleme alter und neuer Identitätsfindung, Bindungen und Brüche im lebensweltlichen Bereich nicht ausgeklammert werden: Welche Wahrnehmungsstrukturen entstanden in der alltagskulturellen Sozialisation der DDR-Bürger? Welche ästhetischen Präferenzen bildeten sich aus welchen Gründen heraus? Und welche identitätsstiftenden Formweiten wurden unter den spezifischen Lebens- und Existenzbedingungen im Osten Deutschlands aufgebaut?

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

Identitäten im Umbruch: Das Subjekt in der „Postmoderne“

13 Seiten | Autor: Heiner Keupp

„ldentitäten im Umbruch“ ist ein Thema, zu dem wir heute weniger in der Fachliteratur nachlesen müssen, die Lektüre der Zeitungen beim Frühstück ist dazu sehr viel ergiebiger. ln der „Neuen Zeit“ konnte man nach der DDR-Wahl lesen, die Wähler hätten „klare Verhältnisse, kein Gejammer über Werte in diesem Land, die ‚den Bach runtergehen‘, keine Gefühlsduselei über Identitätsverlust“ gewollt. Auf dieses Zitat aus der seiner Partei nahestehenden Zeitung vom „Spiegel“ (Nr. 13/26. März 1990) angesprochen, will Lothar de Maiziere dieser Einschätzung nicht zustimmen, auch wenn er die „Sorge um einen Identitätsverlust“ durchaus ernst nimmt, aber das würde nur für eine Minderheit gelten, die letztlich nicht wahlentscheidend gewesen sei. Und dann sagt er, „ich glaube auch nicht, daß wir in der DDR die Identität verlieren oder verloren haben, daß wir, wenn überhaupt, mit einer falschen Identität lebten. (...) Wenn es denn eine Identität gibt, war sie sehr gespalten“.

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

Die kupierte Individualität

Zur Diskussion über Modernisierung, Wertewandel und widersprüchliche Prozesse der Individualisierung

11 Seiten | Autor: Sebastian Herkammer

Die uneingeschränkte Durchsatzung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse der Bundesrepublik im Gebiet der ehemaligen DDR wird nunmehr, nach der Vereinigung der beiden Republiken, nicht mehr lang auf sich warten lassen. Der Charakter einer bloß nachholenden Revolution (Habermas) wird sich vollends als nahtlose Anpassung des schwächeren, im Prozeß der Modernisierung zurückgebliebenen Teils an den stärkeren und entwickelteren erweisen. Von der Perspektive des kapitalistischen Westens aus wird die äußere Landnahme zu einer inneren (Lutz). Solche Vorhersagen sind nach dem Scheitern eines eigenständigen sozialistischen Weges gesellschaftlicher Modernisierung wohlfeil, nachdem ein dritter Entwicklungspfad zwischen autoritärem Staatssozialismus und kapitalistischer Marktwirtschaft auf der Grundlage der Eigenstaatlichkeit keinerlei ausreichende Basis in der Bevölkerung hat finden können.

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

Zwischen moderner Identität und postmoderner Differenz

Sozialphilosophische Recherchen zum Wertewandel

12 Seiten | Autor: Hartwig Schmidt

In hiesigen Publikationen wird über „Postmoderne und Moderne“ häufig wie über ein auswärtiges Geschehen gesprochen, das die großen Erzählungen unserer eigenen Geschichte bestenfalls tangiert. Ich will im folgenden unter einem bestimmten Aspekt versuchen, die Themen ‚Moderne/Postmoderne‘ und ‚Vergangenheitsbewältigung‘ als innerlich verbunden zu fassen. Die Frage, die dazu verpflichtet, und die ich mir vorgelegt habe, lautet: Worin besteht im Kern die Ambivalenz des modernen Wertewandels und inwiefern wird auf sie mit dem Postmoderne-Theorem von der Ursprünglichkeit der Differenz in einer nachvollziehbaren Weise reagiert?

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

Anerkennung und Differenz

Zum Selbstmißverständnis postmoderner Sozialtheorien

6 Seiten | Autor: Axel Honneth

Schon die Entscheidung, die Kategorie der ‚Postmoderne‘ heute sozialphilosophisch ernstzunehmen, bedarf einer gewissen Begründung: der Objektbereich aller Theorien mit diesem Titel ist unklar, ihr konzeptueller Rahmen für eine Analyse sozialer Veränderungsprozesse sicherlich unangemessen und ihr individueller Gestus überdies selbstgefällig, ja unsympathisch. Jede erneute Beschäftigung mit dem modisch gewordenen Konzept macht nur um so drastischer die Unzulänglichkeiten deutlich, die ihm von Beginn an innegewohnt hatten: ob „Postmoderne“ nur eine veränderte Konstellation im kulturellen Bereich oder einen neuen Typus der sozialen Integration kennzeichnen soll, ob mit dem Begriff eher empirische oder eher normative Erklärungsansprüche verknüpft sind und inwiefern die wie auch immer gewandelte Realität auch eine Erneuerung des Theorieverständisses überhaupt erzwingt, sind bislang ungeklärte Fragen. Zunächst im gut überschaubaren Feld der Architektur entstanden, wo sie als Kontrastbegriff zur funktionalistischen Bauweise der Hochmoderne fungierte, hat die Kategorie der „Postmoderne“ auf ihrem Weg durch die Sozial- und Geisteswissenschaften zunehmend an begrifflicher Klarheit verloren, gleichwohl behält sie ihre breitenwirksame, disziplinenübergreifende Suggestivkraft bei, scheint sozialkulturelle Veränderungsprozesse zumindest vage indizieren zu können und einer diffusen Bewußtseinslage zur Sprache zu verhelfen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 7 | 1990
Individualität im Umbruch
106 Seiten

Heutige Entscheidungen und langfristige Visionen

Von der 11. Generalkonferenz der Zukunftsforscher in Budapest

3 Seiten | Autor: Horst G. Strüwing

Die Welt ist unteilbar. Ihre buchstäblich lebenswichtigen Themen - Frieden, Bewahrung der Umwelt, Beseitigung der Armut und soziale Gerechtigkeit für alle - sind eng miteinander verflochten. Die Menschheit durchlebt eine äußerst kritische Zeit der Umgestaltung. Hoffnungsvollen Demokratisierungsprozessen in Mittel- und Osteuropa, ersten echten Abrüstungsverträgen und einer Auflösung des Ost-West-Konflikts stehen dramatisch sich verschlechternde globale Trends gegenüber. Die Mechanismen der internationalen Waren- und Finanzmärkte haben während der letzten Jahrzehnte die Disproportionen zwischen armen und reichen Ländern weiter verschärft. Der kritische Katalog globaler Krisen, die das Oberleben der Menschheit gefährden, ist breit gefächert: Hierzu gehören das sprunghafte Anwachsen der Weltbevölkerung, das die Lösung der ökologischen Probleme erschwert, wenn nicht unmöglich macht, das explosionsartige Wachstum der Städte mit unübersehbaren Folgen für Mensch und Umwelt, die Abholzung der tropischen Regenwälder mit weitreichenden negativen Konsequenzen für das Weltklima und die Weltnahrungsmittelproduktion, die Verknappung der Trinkwasservorräte, die Anreicherung der Atmosphäre mit Kohlendioxid infolge der Verbrennung fossiler Materialien usw. All diese Probleme sprengen den nationalstaatliehen Rahmen und können nur durch international koordinierte sowie interdisziplinäre Anstrengungen gelöst werden.

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Erschienen in
Berliner Debatte 6 | 1990
Globale und Ökonomische Vernunft
109 Seiten

Der Kommunismus des Nehmens und die Erbklage

Streitbare Bemerkungen zum vorstehenden Artikel von Wilhelm Schmidt

4 Seiten | Autor: Ulrich Hedtke

'Ein ganzes kommunistisches Weltwirtschaftssystem geht gegenwärtig an seiner mangelnden Schaffenskraft zugrunde, und da macht uns Wilhelm Schmidt den Vorschlag, den Zusammenhang zwischen der kommunistischen Verfassung und seiner Wirtschaftskraft besser überhaupt erst gar nicht zu diskutieren. Denn das und nichts anderes ist es, was er der Sache nach gegen den Artikel von Peter Ruben geltend macht, der seinerseits im Heft 2 von INITIAL die systeminternen Gründe dafür zu bestimmen sucht, warum wir gescheitert sind. Wilhelm Schmidt dagegen hält es im Grunde nicht für möglich, über diese besondere Frage Erkenntnisse gewinnen zu ''können, und vermittelt uns seinerseits die Konsequenz, die Frage nach den Gründen für das wirtschaftliche Scheitern unseres Systems sei eigentlich ein Scheinthema.'

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Erschienen in
Berliner Debatte 6 | 1990
Globale und Ökonomische Vernunft
109 Seiten