Postmoderne

Zwischen kritischer Innovation und postmoderner Rekonversion

Das „Wörterbuch der ästhetischen Grundbegriffe“

8 Seiten | Autor: Jan Loheit

Das Wörterbuch der ästhetischen Grundbegriffe gehört zu den seltenen Fällen der Wissenschaftsgeschichte, in denen sich in einem einzigen Werk die politischen, sozialen, philosophischen und ästhetisch-theoretischen Reagenzien einer epochalen Umbruchszeit beobachten lassen. Entstanden an der Schwelle zur Perestroika, geriet das am Zentralinstitut für Literaturgeschichte entstandene interdisziplinäre Reformprojekt in den Sog jener postmodernen Diskurse, die infolge der von den neuen Computer- und Medientechnologien erzeugten Umwälzungen in den globalen Produktions- und Lebensverhältnissen kulturelle Hegemonie gewannen, während der Marxismus-Leninismus und mit ihm der politische Block der sozialistischen Staaten in Europa in eine existenzielle Legitimitätskrise gerieten. Die offene epistemologische Situation, die dazu herausforderte, das Inventar der ästhetischen Grundbegriffe einer historisch-kritischen Prüfung zu unterziehen, ging in einen geschichtlichen Bruch über, der alle bisherigen politisch-sozialen Kontexte der wissenschaftlichen Produktion aufzulösen begann. Als eines von wenigen Projekten konnte das Wörterbuch nach 1989 fortgeführt und 2005 zum Abschluss gebracht werden. Die Materialien, die im Zusammenhang des Werks entstanden, geben, konzentriert wie kaum irgend andere, Aufschluss über die Kämpfe und Widersprüche, die sich durch die wissenschaftliche Theoriegeschichte der Wende- und Nachwendezeit ziehen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2021
Vor der Abwicklung
142 Seiten

Verliehene Realitäten

Über Leerstellen des Ästhetischen

11 Seiten | Autor: Christiane Voss

Christiane Voss nimmt die aktuell herrschende Verunsicherung durch das massenmedial verbreitete postfaktische Denken zum Anlass, um philosophisch über heute angemessene Realitätsverständnisse nachzudenken. Diese sollten nicht nur akademisch sterilen Forderungen nach Widerspruchsfreiheit, Rationalität und Kohärenz Genüge tun, wie man voreilig in Reaktion auf das postfaktische Denken allenthalben vernehmen kann. Eine kritische Neubeleuchtung der postmodernen Simulationstheorie unter ästhetischen Gesichtspunkten eröffnet einen anderen Weg. Dass ‚Realität‘ stets nur im Plural zu haben ist und uns je nur ästhetisch – d.h. affektiv und medienspezifisch unterschiedlich formatiert – zugänglich ist, ist die zu plausibilisierende These dieses Aufsatzes.

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Erschienen in
Berliner Debatte 4 | 2018
Krisen der Realität
162 Seiten

Wahrheit, Bullshit und Ignoranz

8 Seiten | Autor: Eva Illouz

Dieser Beitrag diskutiert die Gründe, warum der Begriff der Wahrheit obsolet geworden ist und wie er durch „Bullshit“ – wie es Harry Frankfurt nennt – und durch sozial organisierte Unwissenheit ersetzt wurde. Er entstand als Reaktion auf Armin Nassehis Beitrag über die Krise der Realität und die Realität der Krise, der ebenfalls zu diesem Themenschwerpunkt gehört.

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Erschienen in
Berliner Debatte 4 | 2018
Krisen der Realität
162 Seiten

Krisen der Realität

Zur Einleitung

3 Seiten | Autor: Karen van den Berg, Jan Söffner

Der Themenschwerpunkt versammelt Reflexionen und Ansätze zur Neusituierung des Realitätsbegriffs. Der Titel „Krisen der Realität“ mag dabei irritieren, denn, so könnte man fragen: Kann etwas so Unhintergehbares wie die Realität überhaupt in eine Krise geraten?

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Erschienen in
Berliner Debatte 4 | 2018
Krisen der Realität
162 Seiten

Berliner Debatte Initial 4 | 2018

Krisen der Realität

ISBN 978-3-945878-92-7 | ISSN 0863-4564 | 162 Seiten

Die Realität ist zum Zankapfel geworden. Die Streitereien darüber, was wirklich ist, werden heute nicht (oder nicht primär) in der Philosophie oder den Naturwissenschaften ausgetragen, sondern spielen sich auf verschiedenen öffentlichen Bühnen ab. Streitpunkt sind nicht Zweifel an der Existenz der Welt oder Fragen, die das Wesen der Wirklichkeit und deren Erkenntnis betreffen. In Zeiten „postfaktischer Politik“ ist der Streit zuallererst rhetorischer Natur. Die Realität ist ein Argument in aktuellen gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen, deren Kontrahenten sich gegenseitig Realitätsverlust, -verweigerung, -blindheit, -flucht, -verzerrung u.a.m. vorwerfen. Der jeweilige Gegner lebt demnach in einer Scheinwelt, gibt sich Illusionen hin, ist uneinsichtig, manipuliert oder lügt; man selbst hingegen hat den Durchblick, spricht Klartext und verfolgt nur lautere Zwecke. Die Realität, die man dabei in Anspruch nimmt, ist nicht eine Realität unter anderen, sondern die Realität im Singular – eine eindeutige, feststehende Sache. Die Suche nach Eindeutigkeit kann man als Reaktionen auf die Vertrauenskrisen verstehen, in die demokratische Politik, Massenmedien, Religion oder Wissenschaft geraten sind. Die acht Beiträge des Themenschwerpunkts Krisen der Realität gehen auf diese aktuellen Entwicklungen ein und zugleich über sie hinaus, indem sie sie in größere geistes- und kulturgeschichtliche Zusammenhänge einordnen. Aus unterschiedlichen fachwissenschaftlichen Perspektiven beleuchten die Autorinnen und Autoren Wendepunkte, an denen dominante Wirklichkeitsverständnisse hinterfragt und überwunden wurden. Sie problematisieren vereindeutigende und vereinfachende Sichtweisen auf das, was wir jeweils Realität nennen, und zeigen Al­ter­nativen hierzu auf. In ihrer Einleitung stellen Karen van den Berg und Jan Söffner die einzelnen Artikel vor und erläutern, wieso es an der Zeit ist, über Neufassungen des Realitätsbegriffs nachzudenken. Außerhalb des Schwerpunkts formuliert Loïc Wacquant vier Prinzipien, die man in der theoretischen wie empirischen Arbeit mit dem Werk Pierre Bourdieus beachten sollte, und weist auf die Gefahren hin, die ein leichtfertiger, unreflektierter Einsatz Bourdieuscher Begriffe in der sozialwissenschaftlichen Forschung mit sich bringen kann. Vor einem breiten theoriegeschichtlichen Hintergrund erörtert Athanasios Karafillidis zwei grundlegende Fragen relationaler Soziologie: Wie kann man Relationen erkennen? Und wie entstehen aus Relationen Identitäten? Die erste Frage beantwortet er mit einem operativen Kon­struktivismus, der die Realität nicht von ihrer Konstruktion trennt: „Es ist zwar nicht die, sondern nur eine Realität, aber sie ist echt, materiell und unausweichlich.“

Inhalt

Widerspenstige Kulturkritik

Oder: Das Projekt einer postmarxistischen Gesellschaftskritik

20 Seiten | Autor: Thomas Linpinsel

Im Kontext der um sich greifenden gesellschaftlichen Krisendiagnosen ist auch Gesellschaftskritik wieder en vogue. Der vorliegende Artikel findet seinen Platz in den vielfältigen Kontroversen um ein neues Modell der Gesellschaftskritik. Ich werde den Blick auf die Veränderung der Kritik selbst legen und herausarbeiten, dass der Niedergang des Marxismus im gesellschaftskritischen Diskurs zu einem Bedeutungsgewinn kulturkritischer Denkmotive geführt hat. In einem ersten Schritt werde ich auf die aktuellen Versuche eingehen, die sich gegenwärtig wandelnden Formen der Gesellschaftskritik innerhalb eines Ordnungsmodells zu deuten und anschließend zeigen, dass und wie sich die Kulturkritik diesen Modellen entzieht; Kulturkritik kann hier als eine widerspenstige Form der Gesellschaftskritik ausgeflaggt werden. Von dieser Diagnose ausgehend, lege ich im zweiten Schritt meinen eigenen ideengeschichtlichen Deutungsvorschlag zur Transformation der Kritik vor. Dazu werde ich die sozialhistorische These einer sich unter dem Eindruck der neuen sozialen Bewegungen immer stärker klassischen Kulturphänomenen öffnenden neuen Linken in den 1960er- und 1970er-Jahren in Verbindung mit der ideengeschichtlichen Genese des postmodernen Denkens stellen und zeigen, dass sich aus dieser Verbindung eine Kulturalisierung der Gesellschaftskritik in der Postmoderne ableiten lässt. Im abschließenden dritten Teil werde ich am Beispiel des Theorieentwurfes von Cornelius Castoriadis die Konturen einer postmarxistischen Kulturkritik umreißen.

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Erschienen in
Kultursoziologie 1 | 2017
Kulturkritik
122 Seiten

Zurück in die Zukunft? Wie das Ende der Geschichte im Datenstrom zerrinnt

13 Seiten | Autor: Marcel Rauer, Gregor Ritschel

Sind wir heute in den westlich geprägten Demokratien am Ende der Geschichte angelangt, einem Zustand an dem wir das größtmögliches Maß persönlicher Freiheiten bereits erreicht haben, und ist das wesentliche Motiv geschichtlicher Kämpfe, das Streben nach Anerkennung, heute erloschen? Marcel Rauer und Gregor Ritschel argumentieren mit Bezug auf Hegels Geschichtsphilosophie und Michel Foucaults entpersonalisiertes Machtkonzept dafür, dass sich der politische Liberalismus durch die von ihm selbst hervorgebrachten Produktionsweise des heutigen Daten-Kapitalismus und die damit verbundenen Überwachungsmechanismen wieder zu zersetzen beginnt. Der Datenstrom unserer digitalisierten Welt reißt uns vom Ende der Geschichte zurück in eine zweifelhafte Zukunft.

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„Cyberwar“ – eine postmoderne Technik

16 Seiten | Autor: Kai Denker

Kai Denker geht dem Begriff „Cyberwar“ aus technikphilosophischer Perspektive nach, verfolgt ihn zu seinem Entstehungsort und markiert seine Bruchlinien. Denker zeigt, dass der Begriff stets diskursstrategisch, d. h. in seiner postmodernen Dimension betrachtet werden muss. „Cyberwar“ tritt in dieser Perspektive historisch nur zufällig mit der Ausbreitung von Informationstechnologie auf und ist auf diese keinesfalls beschränkt.

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Demokratischer Radikalismus und radikale Demokratie

Historisch-programmatische Anmerkungen zum Stand politischer Theorie

12 Seiten | Autor: Oliver Marchart

Oliver Marchart stellt ein Programm der „radikalen Demokratie“ vor, die er zur Aufgabe gegenwärtiger politischer Theorie und Praxis erklärt. Er schlüsselt die verschiedenen, mit der Französischen Revolution ins Werk gesetzten demokratischen Strömungen auf und verfolgt sie durch die Ideengeschichte. Dies erlaubt es ihm, die radikale Demokratie, in der Demokratie zum Selbstzweck wird, als Antwort auf die postfundamentalistischen Erschütterungen in der politischen Theorie und die krisenhaften Erschütterungen in der Wirklichkeit herauszuarbeiten.

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Auf brüchigen Fundamenten

Postmodernes Denken als metaphysische Herausforderung für die politische Theorie

16 Seiten | Autor: Johanna Wischner

Johanna Wischner untersucht in ihrem Beitrag die Herausforderungen für die politische Theorie durch das postmoderne Denken. Dabei arbeitet sie anhand der Antagonisten Habermas und Lyotard die metaphysischen Bedingungen heraus, unter denen modernes und postmodernes Denken stehen, und zeigt, dass Fundamentalismuskritik nur um den Preis der postmodernen Absage an jeglichen letzten Grund zu haben ist.

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