Sozialismus
Marxismus auf eigene Faust?
10 Seiten | Autor: Olaf Briese
Der Aufsatz verortet Friedrich Engels zwischen anarchistischen Affinitäten und marxistischer Orthodoxie. Olaf Briese zeigt, dass Engels durchaus eigenständige und von Marx unabhängige Positionen vertrat. Als Anhänger der ersten Stunde gilt er zwar als erster „Marxist“, aber auch als erster unorthodoxer Marxist und erster „Abweichler“. So zeigte er sich etwa empfänglich für anarchistische Einflüsse: als jugendlicher Rebell, der sich von seinem pietistischen Elternhaus löste; als aktives Mitglied des anarchistischen Kreises der Berliner Freien 1841/42; als „wahrer Sozialist“ in den Jahren 1844/45, in denen er dezidiert die Position „Gesellschaft versus Staat“ verfocht; als „Experimentalkommunist“, der nach Erscheinen von Max Stirners „Der Einzige und sein Eigenthum“ gegenüber Marx davon ausging, dass kommunistische Theorie unbedingt an Stirner anknüpfen müsse. Diese anarchistische Affinität zeigt sich dezidiert auch in Engels Spätwerk. Von Engels stammen die das Marxismus-Bild prägenden Thesen über das kommunistische ‚Absterben des Staats‘. Ausgehend davon wird gefragt: Stehen Engels’ anarchistische Affinitäten im Widerspruch zu Marx? Wären mit Bezug darauf Vermittlungen im traditionellen Antagonismus von Marxismus und Anarchismus denkbar?
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Louis-Auguste Blanqui als Konspirateur von Profession
11 Seiten | Autor: Anna Migliorini
Der Beitrag betrachtet die Beziehung zwischen Karl Marx und Louis-Auguste Blanqui. Ausgehend von Überlegungen Walter Benjamins greift Anna Migliorini die Figur des Berufsverschwörers auf, wie sie Marx und Friedrich Engels in ihrer Rezension zu Adolphe Chenus „Die Verschwörer“ entwickelt hatten. Anhand des Bild des Berufsverschwörers, des „Konspirateur von Profession“, fragt sie im Folgenden, inwieweit der für den Berufsverschwörer charakteristische Widerspruch zwischen Programm und Aktion auch für Blanqui gilt, und was sich aus Marx’ Analyse des Verschwörertums und seiner Sicht auf Blanqui für sein Verhältnis zum Anarchismus ableiten lässt.
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Streit ums Geld
13 Seiten | Autor: Ulrich Busch
Die Auseinandersetzung Karl Marx’s mit dem Anarchismus wird meist an der Rolle des Staates festgemacht. Sie lässt sich aber nicht hierauf reduzieren. So nutzte Marx bei der Ausarbeitung seiner Geldtheorie die Polemik mit Pierre Joseph Proudhon, um den kleinbürgerlichen Charakter der anarchistischen Geldauffassung offen zu legen, u. a. in „Das Elend der Philosophie“ (1847) und „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie“ (1857/58), in welchen Marx insbesondere Proudhon und dessen Geldauffassung heftig attackierte. Ulrich Busch zeichnet diese Kontroverse nach und zeigt ihre Bedeutung für die Ausformung der Marx’schen Geldtheorie bis 1857, welche dann ein Jahrzehnt später im „Kapital“ (1867) fertig vorlag.
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Sparringpartner Proudhon
10 Seiten | Autor: Maurice Schuhmann
Maurice Schuhmann zeichnet Karl Marx’ Rezeption der Schriften Pierre Joseph Proudhon zwischen 1842 und 1847 nach. Er zeigt, wie Marx in Auseinandersetzung mit Proudhon, aber auch mit anderen Repräsentanten aus dessen Umfeld wie z. B. Karl Grün und Wilhelm Weitling, seine Philosophie entwickelte und schärfte. Jene fünf Jahre, so der Befund, stellten die Weichen für die späteren Positionierungen.
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Dialektik und Negation
13 Seiten | Autor: Steffen Wasko
Der Beitrag geht der Frage nach, was Karl Marx und Michael Bakunin in ihrer Sicht auf den Staat verbindet und was sie trennt. Vor dem Hintergrund des bekannten Konfliktes zwischen ihnen diskutiert Steffen Wasko zunächst den gemeinsamen philosophischen Ursprung: Hegels Philosophie, die für beide den Ausgangspunkt ihrer Gesellschaftskritik bildet. Unabhängig voneinander erkennen sie fast zeitgleich das analytische und kritische Potential der Hegelschen Philosophie. Im zweiten Schritt wird der Punkt aufgezeigt, der zum Bruch führte. Beide wenden den Hegelianismus kritisch: Bakunin überformt die idealistische Dialektik negativ, während Marx sie Stück für Stück „vom Kopf auf die Füße stellt“. Gerade in der je spezifischen Wendung der Hegelschen Dialektik liegt eine der grundlegenden Differenzen zwischen Marx und Bakunin. Neben den genuin politischen Differenzen sind es diese spezifischen Figurationen der Dialektik die den Bruch unvermeidlich machten. Denn indem Bakunin 1842 der dialektischen Vermittlung eine Absage erteilt, ist sein Weg in die anti-etatistische Linke geebnet.
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Editorial 2/2018
4 Seiten | Autor: Ulrich Busch, Thomas Möbius
2018 ist ein Karl-Marx-Jahr. Die Jubiläumsmaschinerie läuft auf Hochtouren. Der 200. Geburtstag von Karl Marx hat ein neues Interesse an dem Denker und seinem Werk hervorgerufen, das über den linken und akademischen Bereich hinaus in die Medien und die breite Öffentlichkeit reicht. In der wissenschaftlichen Beschäftigung ist nicht alles neu, was anlässlich des Jubiläums auf den Markt kommt, und auch nicht alles sensationell. Vieles aber ist interessant und erscheint im Kontext der sozialen und ökonomischen Probleme des Jahres 2018 in einem neuen Licht. Dies trifft besonders auch für die Auseinandersetzung von Marx mit dem Anarchismus zu. Anhand dieser erhellen sich markante Aspekte von Marx’ Theorie sowie der Formierung des Marxismus. / Marx galt der Anarchismus als „Kinderkrankheit“ der Arbeiterbewegung und als utopisch-kleinbürgerliche pseudorevolutionäre Ideologie. Die Polemik gegen anarchistische Positionen diente ihm gleichwohl zur theoretischen und politischen Selbstverständigung. Dabei ging es auch um Konkurrenz. Marxismus und Anarchismus gelten als „feindliche Brüder“. In diesem Bild sind Abgrenzung wie Nähe, Verwandtschaft und Konflikt markiert. Die Beziehung zwischen ihnen war ein Verhältnis wechselseitiger Konkurrenz – zum Teil mit blutigen Folgen; aber auch von Annäherungen und theoretischen Berührungspunkten gekennzeichnet. Im Rückblick erscheinen manche Kontroversen als überhitzt und überzogen; mitunter waren sie auch nicht frei von persönlichen Rivalitäten. / Die Beiträge im Themenschwerpunkt gehen diesen ambivalenten, spannungsreichen Beziehungen nach: dem Streit, den Wirkungen, den theoretischen Nähen sowie den Traditionsbezügen in gegenwärtigen Debatten. Sie beschäftigen sich mit der Auseinandersetzung von Marx mit der geistigen und politischen Strömung des Anarchismus und dessen Protagonisten, mit den Streitigkeiten zwischen ihnen, mit prominenten Vertretern des Anarchismus und ihren Beziehungen zum Marxismus, mit den Folgen und Wirkungen der Zurückweisung anarchistischer Ideen und Zukunftskonzepte durch Marx, die Sozialdemokratie und den Marxismus sowie mit der Bedeutung des Anarchismus in linken Bewegungen und für das marxistische Denken in der Gegenwart. Die hier versammelten Aufsätze decken fraglos nicht das gesamte Spektrum dieser politischen und theoretischen Auseinandersetzung ab. Sie geben aber einen Überblick über die diskutierten Fragen und die dabei vertretenen Positionen und Standpunkte. Exemplarisch zeigen sie die historischen und politischen Konstellationen der theoretischen Kontroversen. Nicht zuletzt ist der Themenschwerpunkt ein Versuch, die Aufarbeitung erbitterter theoretischer und ideologischer Konflikte des 19. Jahrhunderts mit Fragen der politischen Orientierungssuche in der Gegenwart zu verbinden.
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„Russland in Blut gewaschen“
96 Seiten | Autor: Christa Ebert, Thomas Grob, Wladislaw Hedeler, Christian Hufen, Michael Leetz, Gabriele Leupold, Christina Links, Fritz Mieraus, Andrej Platonow
Die Beiträge des Schwerpunkts zum Vorzugspreis – Das 100-jährige Jubiläum der Russischen Revolution 1917 ruft vielfältige Formen der Erinnerung hervor. Die zahlreichen, in den letzten Jahren erschienenen Neu- und Widerentdeckungen russischer bzw. sowjetischer Prosa über Revolution und Bürgerkrieg legen es nahe, die historischen und politikwissenschaftlichen Betrachtungen um den Blick der Literatur zu erweitern. Die literarischen Spiegelungen der Revolution und ihrer Folgen eröffnen einen eigenen Zugang, in dem sich subjektive und historische Sicht verschränken. Die Beiträge des Schwerpunkts gehen den Fragen nach: Wie werden die Revolution und ihre Folgen in der Literatur dargestellt und verarbeitet? Welche Sicht auf die Geschichte eröffnen die Texte? Wie zeigt sich in ihnen der „Einbruch der Geschichte“ ins Leben des Einzelnen? Und was erzählen die Rezeption und die Übersetzungen über die jeweilige Sicht auf die Revolution und die Auseinandersetzungen mit ihr? Mit Beiträgen u. a. zu Iwan Bunins Revolutionstagebuch „Verfluchte Tage“, zu Isaak Babels „Reiterarmee“ und deren deutschen Übersetzungen, zu Fedor Stepun und dessen Sicht auf die Bolschewiki, zu Maximilian Woloschin und seiner Künstlerkolonie auf der Krim sowie zu Andrej Platonow.
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Russische Prosa über Revolution und Bürgerkrieg
10 Seiten | Autor:
In den letzten Jahren erschienen zahlreiche Erst- und Neuübersetzungen russischer Romane, Erzählbände und Tagebücher über die Revolution und den Bürgerkrieg. In den Feuilletons wurden diese vielbeachtet. Im Mittelpunkt der Rezensionen steht zumeist die Frage, welches Bild der Revolution, des Bürgerkriegs und des neuen Russlands in den Texten gezeichnet wird. Häufig werden auch die Unterschiede zwischen alten und neuen Übersetzungen diskutiert. Die hier vorgelegte Zusammenstellung dokumentiert, wie jene Literatur gegenwärtig im überregionalen deutschsprachigen Feuilleton rezipiert wird.
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Utopie und Gewalt
5 Seiten | Autor: Wladislaw Hedeler
Obgleich bislang im Deutschen wenig bekannt, gilt Andrej Platonow (1899–1951) mittlerweile als einer der „wichtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts“. Die Zeitschrift „Osteuropa“ widmete ihm und seinem Werk ein dickes Themenheft: „Utopie und Gewalt. Andrej Platonov: Die Moderne schreiben“ (Heft 8-10/2016). Es erschien als Begleitband zu einer wissenschaftlichen Konferenz Anfang Dezember 2016. Parallel erschienen auch die von Gabriele Leupold vorgenommene Neuübersetzung von Platonows Roman „Die Baugrube“ (1930) und eine Platonow-Biographie von Hans Günther. Wladislaw Hedeler resümiert in seinem Beitrag die aktuelle deutsche Rezeption von Platonow.
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Der Geschichte nicht hörig
12 Seiten | Autor: Andreas Tretner
„Die Weltrevolution als Weiberklatsch, erzählt mit der genialen Geduld eines Naturforschers, der die wilden Verwandtenmorde unter Gottesanbeterinnen mitteilt – in der Tat, was für ein Ereignis!“ (Fritz Mierau) – Isaak Babels „Reiterarmee“ ist einer der legendären Texte über den Bürgerkrieg, der bei seinem Erscheinen sofort auf größtes Interesse stieß und immer wieder heftige Kontroversen hervorrief. Noch vor der russischen Originalausgabe erschien im Berliner Malik-Verlag 1926 die erste deutsche Übersetzung – eine kuriose Folge des Urheberrechts. Andreas Tretner, Übersetzer, vergleicht die deutschen Übersetzungen von Babels „Reiterarmee“ und rekonstruiert die Umstände ihrer jeweiligen Entstehung und Veröffentlichung. Die Editionsgeschichte der „Reiterarmee“ in der DDR zeigt dabei, wie das DDR-Literatursystem funktionierte und wie darum gerungen wurde, in der DDR Autoren wie Babel veröffentlichen zu können.
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