2004

Andreas Arndt: Die Arbeit der Philosophie

5 Seiten | Autor: Christian Luther

Der Begriff „Arbeit“ erfreut sich schon seit geraumer Zeit einer merkwürdigen Konjunktur, die Franz Schandl 1999 von einem „kabarettistischem Stelldichein“ sprechen ließ. „Von der Trauerarbeit bis zur Beziehungsarbeit, von der Pflegearbeit bis zur Erziehungsarbeit, alles hat Arbeit zu sein und sein zu wollen.“ Der Begriff sei wie ein „Krebsgeschwür“, das still vor sich hin wuchert und zur Folge hat, „daß wir unser Tun nur als Arbeit begreifen können“. – Vor diesem Hintergrund muß es erstaunen, wenn sich ein Philosoph in diesen Reigen einreiht und seine Tätigkeit mit eben dieser Kategorie zu beschreiben sucht. Andreas Arndt hat im Rahmen einer 2002 an der Freien Universität Berlin veranstalteten Ringvorlesung zur Frage „Was ist, kann, soll Philosophie?“ diesen Versuch vorgetragen. Die überarbeitete Fassung des Vortrags beschließt einen kleinen Band, in dem Arndt sieben, z.T. schon andernorts erschienene, Studien zum Verhältnis von Arbeit und Philosophie versammelt.

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Erschienen in
Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
208 Seiten

Karl Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit

Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik

4 Seiten | Autor: Christoph Scheuplein

Die Kategorie Raum hat in den Geschichtswissenschaften Konjunktur. Kommunikationsräume, transnationale Netzwerke, Stadtsysteme, Migration, Geschichte der Transportmedien, staatliche Raumpolitik – diese Themenfelder werden aktuell stark bearbeitet, und sie werden auf dem kommenden 45. Historikertag in Kiel die Debatte bestimmen. Karl Schlögel kann für sich in Anspruch nehmen, seit vielen Jahren die Räumlichkeit geschichtlicher Prozesse zu reflektieren. „Mitteleuropa“ als ein Raum kultureller Kontinuitäten, der von der Oberfläche des Systemkonflikts verdeckt wurde, war eines der seit Mitte der 1980er Jahre für ihn bestimmenden Themen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
208 Seiten

Vom korporatistischen Elitenkartell zur lobbyistischen Interessenvertretung

12 Seiten | Autor: Grit Straßenberger

Von Karl Lauterbach, dem zweiten Mann in der Rürup-Kommission, ist der Satz überliefert, man könne gute Gesundheitspolitik machen, wenn es nicht die Lobbyisten gäbe. Auf einer Fachtagung zum Thema „Lobbyismus in Deutschland“ in Berlin Anfang 2003 fügte er hinzu: Alle im Gesundheitssystem haben eine Lobby-Vertretung, nur nicht die größte, eigentlich betroffene und vor allem zah lende Gruppe – die Patienten.1 Gute de mo kratische Politik, so ließen sich beide Aussagen zusammenziehen, ist eine, in der sich der wissenschaftlich informierte und von ausgewiesenen Experten beratene Staat zum Anwalt seiner Bürger und Bürgerinnen macht, anstatt sich von potenten Interessengruppen instrumentalisieren zu lassen. Die Zeiten jedoch, in denen Gemeinwohlrhetorik zur moralischen Disqualifizierung partikularer Interessen wirksam in Einsatz gebracht werden konnte, scheinen wohl vorüber.2 Und die Zeiten, in denen nicht um den privilegierten Status wissenschaftlichen Wissens in politischen Entscheidungsprozessen gestritten wurde, sind noch nicht angebrochen. Angesichts rasanter Inflationierung wissenschaftlicher Expertise als tragendes Merkmal einer sich entwickelnden Wissensgesellschaft ist dies auch nicht zu erwarten. Peter Weingart spricht angesichts der Ubiquität von Experten im politischen und gesellschaftlichen Raum gar von einem Paradox: Die steigende Bedeutung wissenschaftlichen Wissens für politische Entscheidungsprozesse führt zu dessen Verallgemeinerung, Trivialisierung und letztlich Entwertung – mit dem Ergebnis, daß die Wissenschaft in politische Konflikte involviert wird, die erhoffte Legitimierung politischer Entscheidungen gleichwohl ausbleibt.

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Erschienen in
Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
208 Seiten

Was heißt und zu welchem Ende studiert man Geschichte?

11 Seiten | Autor: Fritz Klein

Um ganz simpel zu beginnen, mit einer einfachen Alltagsbeobachtung. Auch ohne den geringsten professionellen Anspruch befaßt sich doch jeder damit, der heute vor einer Entscheidung in einer für ihn wichtigen Angelegenheit steht, und sich, bevor er sie trifft, zu informieren sucht, wie es gestern um diese Angelegenheit stand. Man meint, besser, richtiger und für die Zukunft erfolgverheißender entscheiden zu können, wenn man nicht nur den heutigen Stand der jeweiligen Sache kennt, sondern auch den gestrigen – ihre Geschichte. Heute und gestern sind natürlich nur Metaphern für Gegenwart und Vergangenheit. Denn wer so denkt wie eben angedeutet, verlangt Kenntnis der Vergangenheit, weit über den gestrigen Tag hinaus. Was wir heute gestern nennen, war gestern ja heute, mit den gleichen Impulsen für Fragen nach Vorhergehendem, wie jedermann sie heute stellt. Man braucht den Gedanken nur konsequent auszuziehen und ist beim Interesse für Vorgänge der Urgeschichte.

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Erschienen in
Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
208 Seiten

Krieg als Chamäleon

Über „Revolution in Military Affairs“

10 Seiten | Autor: Sammi Sandawi

Krieg – als der direkteste Gradmesser sich vollziehender militärischer Veränderungen – ist seit jeher kein feststehender Zustand, sondern ein im Fluß befindliches Verhältnis vielfältiger politischer, militärischer, kultureller, rechtlicher, ökonomischer und technischer Variablen.1 Bereits die bei Carl von Clausewitz mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit verfaßte Definition des Krieges, wonach hierunter ein Akt der Gewalt zu verstehen ist, welcher den Gegner zur Erfüllung des eigenen Willens zwingen soll2, verdeutlicht die enorme Spannweite, die der preußische Kriegstheoretiker der Veränderung militärischer Auseinandersetzungen einräumte. Dabei war es keineswegs Clausewitz, der als erster auf den chamäleonhaften Charakter des Krieges verwies, welcher „in jedem konkreten Falle seine Natur etwas ändert“.3 Bereits der 500 v. Chr. lebende chinesische Pilososoph Sunzi verglich den Krieg mit dem Wasser, da auch die militärische Konfliktaustragung „keine unveränderliche Form kennt“ und so „im Krieg keine unveränderlichen Bedingungen“ existieren.4 Verfolgt man diese Analogie weiter, erkennt man, daß ebenso wie das Wasser, welches infolge einer linearen Temperaturveränderung beim Erreichen des Phasenübergangs seinen Aggregatzustand auf radikale Weise zu ändern vermag, sich auch die Wandlungsfähigkeit des Krieges hinsichtlich gradueller Veränderungen bzw. revolutionärer Umbrüche differenzieren läßt. So finden sich in der Geschichte des Krieges spezifische Entwicklungen, in deren Verlauf ein (bisweilen gradueller) technologischer Fortschritt nicht nur zum „moralischen Verschleiß“5 des tradierten technischen Kriegsgeräts führte, sondern auch das Wesen des Krieges derart veränderte, daß die bis dahin gültige militärische Taktik und Strategie ganz oder teilweise über den Haufen geworfen werden mußten.

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Erschienen in
Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
208 Seiten

Die Türkei und der Irakkrieg

Zwielichtige Beteiligung

15 Seiten | Autor: Ece Göztepe, Aykut Çelebi

Man sollte annehmen, daß die BürgerInnen eines Landes keine Schwierigkeiten damit haben, die Frage zu beantworten, ob ihr Land sich an einem Krieg beteiligt (hat) oder nicht. Im Falle der Rolle der Türkei im zweiten Irakkrieg, der mit dem Angriff der USA und ihrer Alliierten auf den Irak am 20. März 2003 begann und am 1. Mai 2003 offiziell zu Ende ging, scheint die Beantwortung dieser Frage für die türkischen BürgerInnen jedoch kein leichtes Unterfangen zu sein. Sowohl in der türkischen als auch in der europäischen Öffentlichkeit herrscht die Meinung vor, daß die Türkei eine Kriegsbeteiligung im Irak mit einem Parlamentsbeschluß vom 1. März 2003 ablehnte und erst am 7. Oktober 2003, nach der Ankündigung des Kriegsendes und der Resolution des UN-Sicherheitsrates 1483, beschloß, für eine Friedensmission ihre Truppen in den Irak zu entsenden. Doch diese Annahme kann mit Hilfe realer Fakten widerlegt werden, was im folgenden geschehen soll. In diesem Zusammenhang stellt sich dann natürlich die Frage, wie es überhaupt zu dieser Diskrepanz zwischen Realität und öffentlicher Meinung kommen konnte, wenn es um eine solch ernste Sache wie den Krieg geht. Die Antwort liegt in der Politik der regierenden Partei AKP (Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei) und der Rolle der türkischen Medien.

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Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
208 Seiten

Tod, Militär und Gesellschaft

Ein Beitrag zur Soziologie des Todes

13 Seiten | Autor: Gerhard Kümmel, Nina Leonhard

In seiner Geschichte des Todes trug Philippe Ariès die These von der Verdrängung des Todes in modernen Gesellschaften vor. Ariès untersuchte die Konzeptionen, Vorstellungen und Einstellungen zum Tod in ihrer geschichtlichen Entwicklung und identifizierte unterschiedliche Konzeptionen vom Sterben und vom Tod, die zu verschiedenen Zeiten vorherrschend waren. Er argumentierte dabei, daß bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts der Tod ein kollektives und öffentliches Ereignis gewesen sei. Seitdem seien Sterben und Tod jedoch individualisiert worden. Tod sei demzufolge nicht mehr sichtbar, sondern verborgen, er sei damit letztlich bedeutungslos für die Gesellschaft geworden. Andere sehen dies ganz ähnlich, wie etwa Norbert Fischer, der anhand einer Analyse von Friedhofsanlagen, Grabsteinen und Sepulkralbauten seit der Zeit der Reformation bis hin zu anonymen Rasengräbern sowie virtuellen Ruhestätten und Gedenkseiten im Internet, also den Trends der Gegenwart, eine zusehends privatere Erinnerungs- und Trauerkultur beschreibt. Und auch einer der Klassiker der Soziologie, Georg Simmel, hat den Tod mit einer „dunkle[n] Prophezeiung“ für den Menschen verglichen, die zwar einem Damokles-Schwert gleich „über ihrem Leben schwebt, aber doch erst in dem Augenblick ihrer Verwirklichung irgend etwas mit dem Leben zu tun haben wird“.

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Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
208 Seiten

Türkisch-niederländische Begegnungen in Friedenseinsätzen

Die Natur der Probleme, für die militärische Hilfe heute angefordert wird, der internationale Charakter dieser militärischen Hilfe und die Notwendigkeit, mit weniger Ressourcen mehr zu tun, bewirken, daß militärische Kooperation Landesgrenzen zunehmend überschreitet. Die Königliche Armee der Niederlande kooperierte in zwei friedenserhaltenden Einsätzen mit türkischen Armeeeinheiten: im Kosovo und in Afghanistan. Bei KFOR bestand die Kooperation in der Eingliederung einer verstärkten türkischen Kompanie in das niederländische Bataillon. Diese Kompanie hatte ihren eigenen Sektor, nämlich das Gebiet in und um Mamusa, ein „türkisches Dorf“ im niederländischen Einsatzgebiet. In Kabul arbeiteten niederländische Armeeangehörige unter türkischem Befehl, als die Türkei von 2002 bis Anfang 2003 die Führungsnation im ISAF-Einsatz war.

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Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
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Institutionentheoretischer Individualismus:

Hume vs. Parsons

9 Seiten | Autor: Tom Seidel

Der mit der Neuzeit einsetzende und sich in der Moderne verstärkende Prozeß der Rationalisierung der Gesellschaft ist nicht nur ein Umformungs- und Ablöseprozeß des Traditionalismus zugunsten des Institutionalismus als normativem Gerüst der Gesellschaft, sondern vor allem auch ein Prozeß der Individualisierung, mit dem er gleichursprünglich verbunden ist. Diesem Befund widerspricht auch nicht der Umstand, daß rationalisierte Gesellschaften ebenfalls Traditionen entwickeln und sich auf diese berufen. Vielmehr ändert sich der Status des Rationalen in rationalisierten Gesellschaften vom bloßen Mittel zu einem Zweck der Gesellschaft.1 Den Traditionalismus kann man als eine Position definieren, deren Begründungsbasis die faktische Autorität der gewohnten Lebensweise einer Gemeinschaft oder die eine Gemeinschaft transzendierende metaphysische Autorität ist.2 Als die wichtigste Grundlage eines nichttraditionellen Verständnisses von Moral, Recht und Politik kann dagegen die Vorstellung einer Gemeinschaft freier, rationaler Individuen angesehen werden, die in begründungstheoretischer Hinsicht vor allem in den Positionen des methodologischen Atomismus und des methodologischen Individualismus3 ihren Niederschlag gefunden hat. Der Sache nach bilden sich diese Theorien seit der Renaissance und in der Reformation als humanistische Gegenbewegungen zum Ordodenken der Scholastik heraus, bevor sie in der europäischen Aufklärung und der Transzendentalphilosophie ihre volle philosophische Entfaltung finden. In diesem Zusammenhang thematisiert die Moderne die Sozialisierung des Individuellen in zweierlei Hinsicht, nämlich einerseits mit Blick auf dessen Uniformierung, andererseits mit Blick auf dessen Liberalisierung.

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Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
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Die Modellierung institutionellen ökonomischen Handelns

Zu den Adressaten einer Wirtschafts- und Unternehmensethik

11 Seiten | Autor: Christoph Hubig

Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Ethik institutionellen Handelns habe ich vorgeschlagen, institutionelles Handeln kategorial von individuellem Handeln zu unterscheiden. Im Ausgang von einer anthropologischen Fassung des Institutionsbegriffs habe ich institutionelles Handeln dahingehend modelliert, daß es ein Handeln ist, welches sich auf die Ermöglichung individuellen Handelns bezieht. Eine Anschlußfähigkeit an ethische Überlegungen war insofern gegeben, als der Rechtfertigungshorizont maßgeblicher ethischer Argumentationslinien diese „Ermöglichungsdimension“ entweder einschließt oder sich gerade auf diese Dimension konzentriert: Klugheitsethiken in der aristotelischen Tradition sehen hier die Spezifik einer politischen Ethik in ihrer Funktion, die Individualethik „zu vervollkommnen“, indem das politische Subjekt als „Architekt“ auftritt, welcher die Spielräume individuellen Handelns eröffnet und begrenzt. Utilitaristische Ethiken sehen des weiteren Gewährleistung des Handelns- und Entscheidenkönnens als wichtige „implizite“ Präferenz und leiten davon den Optionswert bestimmter Güter ab. Deontologische Ethiken schließlich konzentrieren sich in ihrer Orientierung am Prinzip der Autonomie- bzw. Freiheitserhaltung ganz auf diese Dimension einer notwendigen Voraussetzung moralischen Handelns, welches dadurch als solches entsprechend unterbestimmt bleibt. Diesen Ansatz habe ich später weiter ausdifferenziert, im folgenden werde ich die wichtigsten Unterscheidungen wieder aufnehmen.

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Berliner Debatte 5 | 2004
Kultur als Entwicklungsvariable in Osteuropa
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