Berliner Debatte Initial

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Journal

Kodokushi

Einsame Tode in Japan

9 Seiten | Autor: Mika Toyota

Seit Mitte der 1990er Jahre rückte das Phänomen des ‚einsamen Todes‘ oder ‚einsamen Sterbens‘ zunehmend in den Fokus der japanischen Öffentlichkeit. Seit den 2000er Jahren wurde einsames Sterben nicht nur für ältere Menschen, sondern generationenübergreifend zum Problem erklärt. Anhand der Mediendarstellung des einsamen Todes in diesen drei Jahrzehnten zeigt Mika Toyota, wie sich die öffentliche Wahrnehmung verändert hat. In den 1990er Jahren wurde der einsame Tod mit Naturkatastrophen und schlecht konzipierten Hilfsprogrammen in Verbindung gebracht und daher als Ausnahme betrachtet, für welche die Regierung zuständig sein sollte. In den 2000er Jahren stieg die Zahl der Fälle von einsamem Tod rapide an. In der Öffentlichkeit erschien der einsame Tod nun als Folge mangelnder gesellschaftlicher Solidarität und Forderungen an die Kommunen wurden laut, etwas gegen die Ausbreitung des Phänomens zu tun. Unbeabsichtigt verstärkten solche Handlungsaufrufe jedoch die Stigmatisierung des einsamen Sterbens. Seit Mitte der 2010er Jahre wurde schließlich das einsame Sterben als unvermeidlicher Fakt diskutiert und als Teil der gesellschaftlichen Normalität verstanden – als eine Angelegenheit, auf die man sich praktisch vorbereiten muss.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Nicht immer einsam und allein

Obdachlose in Gesellschaft

8 Seiten | Autor: Britta-Marie Schenk

Ein besonders hohes Einsamkeitsrisiko wird häufig Obdachlosen zugeschrieben. Britta-Marie Schenk überprüft diese Annahme. Sie stellt die schmale empirische Basis solcher Einschätzungen heraus und zeigt, dass es sich bei der Vorstellung einer vereinzelnden Wirkung von Obdachlosigkeit um ein Vorurteil handelt.

Schlagworte: Obdachlosigkeit | Einsamkeit | Asyl

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

„Selbstgewählte Isolation“

Chronobiologie in Andechs und die Ethik des Einsamen

11 Seiten | Autor: Jonathan Holst

393 Personen wohnten zwischen 1964 und 1989 zeitweise isoliert in einem in der bayerischen Gemeinde Andechs zur Erforschung der „inneren Uhr“ errichteten „Bunker“ des Max-Planck-Instituts für Verhaltensforschung. Vom Andechser Bunker aus sollte gleichwohl nicht nur Wissen von menschlichen Rhythmen in die Öffentlichkeit dringen; dort arbeitende Forscher:innen und Versuchspersonen wurden bald auch zu gefragten Zeugen einer „gewollten Einsamkeit“. Der Beitrag analysiert ausgehend vom „Bunker“ die experimentelle Konstruktion und gesellschaftliche Zirkulation dieser Einsamkeitsemphase. Sie entwickelte sich im ausgehenden 20. Jahrhundert vom Ideal einer kleinen Elite hin zum universalen Versprechen und changierte zwischen Emanzipation und einer neuen Normativität, die bisweilen partikulare Privilegien zu universalen, aber zugleich exklusiven Idealen der Lebensführung erhob.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Einsamkeit und ihre sozioökonomischen Grundlagen

13 Seiten | Autor: Ulrich Busch

Die gegenwärtige Welt ist eine Welt einsamer Menschen. Einsamkeit ist aber nicht nur ein individual-psychisches, sondern auch ein soziales Phänomen: Nur unter bestimmten Bedingungen ist Alleinsein mit dem Gefühl von Einsamkeit verbunden. Voraussetzung dafür sind Individuation und Säkularisierung, wofür Arbeitsteilung, Privateigentum und Industrialisierung die sozioökonomische Basis bilden. Deren Genesis hängt mit dem Übergang zur kapitalistischen Produktionsweise, zur Markt- und Geldwirtschaft sowie zur bürgerlichen Moderne zusammen. Dieser Prozess erstreckt sich in Europa vom 15. bis ins 19. Jahrhundert. Seitdem ist er widersprüchlich, was teils zur Überwindung, teils zur Verfestigung und Vertiefung von Einsamkeit führt. Breite Resonanz und Rezeption erfuhr das Einsamkeitsgefühl im 18. und 19. Jahrhundert, im Sentimentalismus und in der Romantik. Die Parallelität von Wirtschafts-, Geistes- und Kulturentwicklung wird biographisch anhand repräsentativer „Einsamkeitsvirtuosen“ (Rousseau, Hölderlin, von Arnim, Tieck und Nietzsche) dargestellt. Dabei werden die materiellen und ideellen Ursprünge von Einsamkeit als Zeitphänomen deutlich, aber auch die Analogie und Differenz zur Gegenwart. Zugleich wird sichtbar, dass Einsamkeit als Massenphänomen nicht nur ideengeschichtlichen Ursprungs ist, sondern sozioökonomische Grundlagen hat, die für eine plausible Erklärung ebenso wichtig sind wie psychologische Ansätze.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Emanzipation und Isolationsbedrohung

Zur Genese der Einsamkeitsangst moderner Gesellschaften

16 Seiten | Autor: Janosch Schobin

Dass in modernen Gesellschaften immer mehr Menschen vereinsamen, ist eine beliebte Verfallsdiagnose. Sie wird oft mit dem Verlust traditionaler Bindungen begründet. Viele Faktoren sprechen jedoch gegen die panische Vorstellung von einer „Einsamkeitsepidemie“, zumindest in westeuropäischen Gesellschaften. Besonders die zunehmende Gleichstellung der Frauen dürfte der Zunahme von Vereinsamungserfahrungen entgegengewirkt haben. Im Rahmen des Emanzipationsprozesses steigern moderne Gesellschaften strukturell die Kontrolle der Einzelnen über die Fortführung, aber auch über die Gestaltung von Freundschaften, Partnerschaften und Familienbeziehungen. Der Artikel argumentiert anhand international vergleichender Daten des ISSP 2017, dass diese Zunahme relationaler Autonomie den Anteil der kündbaren Beziehungen am persönlichen Netzwerk der Menschen erhöht. Dadurch kommt es zu einer Dynamisierung der Nahwelt, deren widersprüchliches Ergebnis ist, dass negative Einsamkeitserfahrungen seltener werden, die Bedrohung durch soziale Isolation dagegen zunimmt: Nicht die Einsamkeit selbst verbreitet sich daher in den westeuropäischen Gegenwartsgesellschaften, sondern die Angst vor Vereinsamung.

Schlagworte: Angst | Einsamkeit | Moderne | Isolation | Netzwerke

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Einsamkeit und Freiheit im Elfenbeinturm?

Humboldt, Schelsky und die solitäre Praxis der Geisteswissenschaften

13 Seiten | Autor: Kathrin Wittler

Im Umgang mit akademischer Einsamkeit herrscht heutzutage eine gewisse Verlegenheit. Einerseits als Bildungsideal hochgehalten, gilt sie andererseits als menschlich und politisch suspekte Abkehr von der Gesellschaft. Mit einem kursorischen Rückblick auf die begriffsgeschichtliche Karriere der bildungspolitischen Forderung nach ‚Einsamkeit und Freiheit‘ bei Wilhelm von Humboldt und Helmut Schelsky sowie auf die Gebrauchsgeschichte des politischen Schlagworts ‚Elfenbeinturm‘ geht Kathrin Wittler den Ursachen dieser Verlegenheit nach. Überwinden lässt sie sich nicht auf rhetorisch-begrifflicher Ebene, so das Plädoyer, sondern durch eine praxeologische Selbstreflexion, die das epistemologische Potential einsamer Geistesarbeit anzuerkennen erlaubt. Dieses Potential liegt in der Virtualität einsamer Kommunikation: Sieht man von der emotionalen und politischen Aufladung des Einsamkeitsbegriffs ab, lässt sich geisteswissenschaftliches Lesen, Denken und Schreiben als produktives solitäres Gesellschaftsspiel bestimmen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Gesellschaft im Spiegel der Einsamkeit

10 Seiten | Autor: Angelika Schwarz

Für die intellektuelle Auseinandersetzung mit Einsamkeit in Europa war die Aufklärung ein Kristallisationspunkt neuer Denkimpulse. Philosophen diskutierten Einsamkeit vor dem Hintergrund von Geselligkeitsanforderungen. Zwei zentrale Akteure im deutschsprachigen Raum waren Christian Garve und Johann Georg Zimmermann. Sie stehen im Zentrum des Artikels von Angelika Schwarz. Sie untersucht, wie diese beiden Popularphilosophen auf je eigene Weise das Verhältnis von Geselligkeit und Einsamkeit neu bestimmten und welche Rolle Medien dabei spielten.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Individualisierung und Einsamkeit in Gesellschaftstheorien

11 Seiten | Autor: Alexandra Zierold

In der gegenwärtigen Debatte wird Einsamkeit häufig auf Individualisierungsprozesse zurückgeführt. Die theoretische Basis für solch eine Kausalität bleibt aber meist schwach. Daher untersucht Alexandra Zierold das Verhältnis von Individualisierung und Einsamkeit in den Gesellschaftstheorien von Ulrich Beck, Zygmunt Bauman und Charles Taylor. Der Vergleich verdeutlicht, dass Einsamkeit jeweils eine spezifische Rolle spielt und zu verschiedenen politischen Programmen führt.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Relationale Einsamkeit(en)

13 Seiten | Autor: Marie-Kristin Döbler

Marie-Kristin Döbler unterscheidet in diesem Artikel zwischen Einsamkeit als Gefühl und sozialem Konstrukt und zeichnet aus einer wissenssoziologischen Perspektive ein differenziertes Bild von Einsamkeit(en) als relationalem Phänomen. Sie legt dar, dass und wie Einsamkeit trotz und wegen Beziehungen entstehen kann. Leitend dabei ist die Vermutung, dass das Erleben von Einsamkeit von den (Be-)Deutungen abhängt, die Beziehungen und verschiedenen, darin vorkommenden Formen von Allein- und Zusammensein auf individueller, interindividueller und gesellschaftlicher Ebene zugeschrieben werden. Die Grundlage für die Erörterung dieser Überlegungen sind hermeneutisch ausgewertete narrativ-biographische Einzel- und Paarinterviews mit Personen in Fernbeziehungen, Eltern im Empty Nest und Paaren, die durch Infektionsschutzmaßnahmen mit physischer Nicht-Präsenz konfrontiert sind.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Berliner Debatte Initial 1 | 2022

Einsamkeit

Geschichte sozialer Nichtbeziehungen

ISBN 978-3-947802-95-1 | ISSN 0863-4564 | 166 Seiten

Mit Relativität vertraut, lieferte Albert Einstein nicht nur theoretische Beiträge zur Raumzeit, sondern auch zur Einsamkeits-Semantik: „Ich lebe in jener Einsamkeit, die peinvoll ist in der Jugend, aber köstlich in den Jahren der Reife.“ Damit ist klar: Einsamkeit gleicht keinem Newtonschen Gesetz, das Menschen notwendig zu Boden zwingt. Vielmehr variieren Begriff, Phänomen und damit assoziierte Strukturen historisch, sozial und biografisch. Ob wir in einem präzedenzlosen „Zeitalter der Einsamkeit“ leben, wie die britische Ökonomin Noorena Hertz meint, ob Einsamkeit mit der Corona-Pandemie allgegenwärtig geworden ist und den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht, oder ob ein medialer Einsamkeitsdiskurs Ängste lediglich verstärkt und Einsamkeit dagegen positiv als kreativer Raum der Freiheit gelten kann – der Themenschwerpunkt widmet sich diesen und anderen Fragen in einem, um im Bild zu bleiben, relativen Bezugssystem perspektivisch und disziplinär vielfältiger Beiträge.

Außerhalb des Schwerpunkts stehen zwei Jubiläen im Fokus: Vor 50 Jahren, am 2. März 1972, veröffentlichte der Club of Rome den berühmten Bericht über die „Grenzen des Wachstums“. Petra Dobner und Jasper Finkeldey befassen sich in einer kritischen Würdigung mit der Entstehungsgeschichte, dem Inhalt und der Methode dieser Studie. Vor 100 Jahren, am 15. Januar 1922, wurde der Schriftsteller Franz Fühmann geboren. An seine 1963 erschienene Erzählung „Barlach in Güstrow“ erinnert Kirsten Thietz. Die Novelle handelt nicht zuletzt von der Einsamkeit des großen, von den Nationalsozialisten verfemten Künstlers Ernst Barlach (1870–1938). Ralf Klausnitzer lädt uns ein in Fühmanns Bibliothek, die 1984, als der ebenso produktive wie vielseitige Autor starb, mehr als 18.000 Bände umfasste. Er stellt die zur Bibliothek gehörenden Zettelkästen sowie ausgewählte Werke vor und bringt uns damit Fühmann als Sammler, Leser und Literatenfreund näher.

Hier finden Sie eine Leseprobe dieser Ausgabe: Leseprobe Einsamkeit

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