Universität

Einsamkeit und Freiheit im Elfenbeinturm?

Humboldt, Schelsky und die solitäre Praxis der Geisteswissenschaften

13 Seiten | Autor: Kathrin Wittler

Im Umgang mit akademischer Einsamkeit herrscht heutzutage eine gewisse Verlegenheit. Einerseits als Bildungsideal hochgehalten, gilt sie andererseits als menschlich und politisch suspekte Abkehr von der Gesellschaft. Mit einem kursorischen Rückblick auf die begriffsgeschichtliche Karriere der bildungspolitischen Forderung nach ‚Einsamkeit und Freiheit‘ bei Wilhelm von Humboldt und Helmut Schelsky sowie auf die Gebrauchsgeschichte des politischen Schlagworts ‚Elfenbeinturm‘ geht Kathrin Wittler den Ursachen dieser Verlegenheit nach. Überwinden lässt sie sich nicht auf rhetorisch-begrifflicher Ebene, so das Plädoyer, sondern durch eine praxeologische Selbstreflexion, die das epistemologische Potential einsamer Geistesarbeit anzuerkennen erlaubt. Dieses Potential liegt in der Virtualität einsamer Kommunikation: Sieht man von der emotionalen und politischen Aufladung des Einsamkeitsbegriffs ab, lässt sich geisteswissenschaftliches Lesen, Denken und Schreiben als produktives solitäres Gesellschaftsspiel bestimmen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2022
Einsamkeit
166 Seiten

Kultur der Empörung

Mikroaggressionen als kommunikative Episode und Signatur politischer Konflikte

10 Seiten | Autor: Il-Tschung Lim

Il Tschung-Lim untersucht in diesem Beitrag die spezifische Signatur einer zeitgenössischen Kultur der Empörung am Beispiel von Konflikten um Mikroaggressionen, die sich in den vergangenen Jahren in zahlreichen Skandalen an unterschiedlichen US-amerikanischen Hochschulstandorten niedergeschlagen haben. Das Konzept der Mikroaggressionen ist aufschlussreich, weil es die Ambiguitäten freilegt, die der gegenwärtigen Entfaltung einer Kultur der Empörung zugrunde liegen. Die sozialen und kulturellen Voraussetzungen des Diskurses um Mikroaggressionen stehen dementsprechend im Mittelpunkt des Beitrags, in dem zunächst kommunikative Mikroprozesse von einer Makrostruktur von Mikroaggressionen unterschieden und im Zuge dessen Veränderungen im expressiven Ausdrucksrepertoire von Statusinszenierungen in kategorialen Personenmerkmalen identifiziert werden. Im Mikroaggressionen-Diskurs wird dieser Prozess als ein Wandel hin zu einer „Kultur des Opferseins“ registriert. Für die pejorative Tönung dieser Diagnose macht der Autor Ambiguitäten im Mikroaggressionen-Konzept selbst mitverantwortlich. Mit einem skizzenhaften Problemaufriss, der nach den Bedingungen der Möglichkeit des Auftauchens von Mikroaggressionen-Konflikten an deutschen Hochschulstandorten fragt, endet der Beitrag.

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Erschienen in
Berliner Debatte 2 | 2020
Skandal und Empörung
172 Seiten

Politiken des Mittelbaus

Die Beiträge des zweiten Schwerpunkts zum Vorzugspreis – Die fünf Beiträge dieses Schwerpunkts behandeln ein hochschul- und wissenschaftspolitisches Thema von großer Aktualität: Die Lage des Mittelbaus an deutschen Hochschulen gilt aufgrund von Zeitverträgen und damit verbundenen ungewissen Zukunftsperspektiven der Beschäftigten als prekär. Angesichts dieser Situation, die in den hier versammelten Artikeln theoretisch wie empirisch untersucht wird, drängt sich die Frage auf, welche politischen Gestaltungsmöglichkeiten sich dem „wissenschaftlichen Nachwuchs“ in einer Hochschullandschaft bieten, in der die Ideologie der unternehmerischen Universität Flurschäden größeren Ausmaßes hinterlassen hat, die nicht ohne Folgen für das Selbstverständnis wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben. Darüber hinaus stellt sich gerade für die Sozial- und Geisteswissenschaften die Frage, wie sie mit ihren eigenen theoretischen „Bordmitteln“ zur Analyse der Lage des Mittelbaus und seinen Beziehungen zu anderen Statusgruppen beitragen können.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2017
„Russland in Blut gewaschen“
178 Seiten

Jenseits der Infantilisierung

Plädoyer für einen Personalstrukturwandel an deutschen Universitäten

Angelika Schenk, Frieder Vogelmann und Arndt Wonka schlagen eine grundlegende beschäftigungspolitische Veränderung an deutschen Universitäten vor. Sie begreifen die Problemlage des Mittelbaus als infantilisierte Position des wissenschaftlichen Nachwuchses und diskutieren zwei unterschiedlich radikale Strategien, ihr zu begegnen. Die Kategorien „Sicherheit“ und „formale Gleichheit“ dienen den Autor_innen dabei als zentrale Bezugspunkte der Argumentation für eine radikale Veränderung der Personalstruktur – denen sie zwecks längerem Atem die politischen Tugenden der Geduld, Beharrlichkeit und Entschlossenheit zur Seite stellen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2017
„Russland in Blut gewaschen“
178 Seiten

Politiken des akademischen Mittelbaus

Einsatzpunkte einer Kritik im Medium der Wissenschaft

Carsten Bünger, Kerstin Jergus und Sabrina Schenk unterstreichen in ihrem Eröffnungsbeitrag die Notwendigkeit beschäftigungspolitischer Initiativen, wissenschaftspolitischer Maßnahmen und hochschulpolitischer Vorschläge für den akademischen Mittelbau. Sie argumentieren dafür, dass die Beteiligten an Studium, Forschung und Lehre innerhalb der Hochschulen die Möglichkeiten der Theoriebildung und der wissenschaftlichen Reflexion auf das Verhältnis von Wissenschaft, Beschäftigung und Qualifikation beziehen. Die sozialwissenschaftlichen Disziplinen verfügen, so der Ausgangspunkt, über Theoriemittel und Begriffsinstrumentarien, um die komplexen Verflechtungsverhältnisse und Wechselwirkungen im universitären wie im gesellschaftlichen Gefüge zu bezeichnen, zu analysieren und in einen Zusammenhang zu stellen. Vor diesem Hintergrund skizzieren die Autor_innen den Beitrag erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung.

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Erschienen in
Berliner Debatte 1 | 2017
„Russland in Blut gewaschen“
178 Seiten