Küf Kaufmann

„Ich habe immer Glück gehabt“

Küf Kaufmann im Gespräch mit Claudia Koch

427 Seiten | Autor: Küf Kaufmann, Claudia Koch

Ich wurde am 6. Mai 1947 in Marx geboren – einer Stadt in Russland an der Wolga. Ja, die hieß wirklich so. Die Stadt auf der anderen Seite der Wolga hieß übrigens Engels. Mein Vater war Ingenieur, meine Mutter, die aus Odessa stammte, kam aus einer Künstlerfamilie. Mein Großvater war Dirigent, meine Großmutter Pianistin. Die ganze Familie meiner Mutter ist im Krieg umgekommen. Als ich zwei Jahre alt war, hat mein Vater eine neue Aufgabe in einer ukrainischen Stadt bekommen, in Melitopol. Ich, mein älterer Bruder Vitali und meine Mutter sind mit ihm gegangen. Mit jüdischem Leben hatte ich in meiner Kindheit nicht viel Berührung. Mein Großvater lud mich einmal ein, mit ihm eine Synagoge zu besuchen. Ich lehnte ab mit der Begründung, dass ich Pionier sei und als Pionier nicht in eine Synagoge gehen könne. Er akzeptierte das voll und ganz. Mein Vater hatte als Kind eine religiöse Schule besucht, sprach Jiddisch und Hebräisch. Obwohl er zusammen mit dem ganzen Land in die vermeintlich heile Zukunft des Kommunismus gegangen ist, hat er trotzdem weiterhin immer vor und nach dem Essen ein Gebet gesprochen. Das ist in meinem Herzen geblieben. Meine erste praktische Erfahrung mit dem Judentum machte ich dann erst in meinem Berufsleben.

Schlagworte: Jüdische Kultur | Kabarett | Leipzig

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Erschienen in
Kultursoziologie 1 | 2016
Jüdisches Leben in Deutschland
100 Seiten