Staat und Transformation in Russland

19 Seiten | Autor: Klaus Müller

Mehr als zwanzig Jahre nach der Auflösung der Sowjetunion ist ihr Nachfolger ein nicht weniger suspektes Objekt geblieben. Die gängigen Beschreibungen des russischen Staats bewegen sich in historischen Analogien, unterscheiden kaum zwischen Staat, Politik und Regime, sind hochgradig personalisiert und von politischen Wertungen durchzogen. In der politischen Öffentlichkeit und in außenpolitischen Statements westlicher Regierungen, aber auch in der wissenschaftlichen Literatur, begegnet man pauschalisierten Stellungnahmen, die nicht nur begrifflich unbefriedigend sind, sondern auch fatale politische Perspektiven transportieren. Das vorherrschende Bild zeigt einen Rückfall vom demokratischen Aufbruch der 1990er Jahre in eine erneuerte „Autokratie“, in der Vladimir Putin mithilfe seines Geheimdienstes nicht nur den Staat übernommen, sondern auch weite Bereiche der Wirtschaft unter seine Kontrolle gebracht hat. Innenpolitisch eine Autokratie, wirtschaftlich ein ‚Petro-Staat’, außenpolitisch auf imperiale Restauration programmiert, wurde Russland vom Republikanischen Präsidentschaftskandidaten der USA als „geopolitischer Gegner No 1“ identifiziert. Wie kommt es, dass Russland zwei Jahrzehnte nach Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Pakts, nach dem Rückzug seiner Truppen aus Ostdeutschland, Mittelosteuropa, Vietnam und Cuba, wiederum in der Sprache des Kalten Kriegs beschrieben wird?

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Erschienen in
Berliner Debatte 3 | 2013
Auf der Jagd nach Gefühlen
168 Seiten

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