1968 – eine Nachlese 2008

10 Seiten | Autor: Manfred Lauermann

Nach je zehn Jahren – zuerst allerdings 1977 – wird ein Dienstjubiläum zu/über „1968“ gefeiert. Die 68er als Generation sind eine Erfindung der 1990er Jahre in Deutschland, weil nach 1989 und 16 Jahren Helmut Kohl eine Generation die politische Macht quasi in letzter Minute erreichte, die von den Medien als „68er“ identifiziert wurden. 68 wurde als Mythos analysiert, der zum 20. Jahrestag erfunden wurde, und galt als Chiffre für die Demokratisierung der Bundesrepublik, als Ausgangspunkt einer „Fundamentalliberalisierung“ (Habermas). Unangenehme Züge wurden verdrängt, die noch 1988 beliebte Frage, woran die 68er alles schuld seien – von Kindererziehungskatastrophen über schlechte Tischmanieren bis zum RAF-Terror –, verblasste. So war zu erwarten, dass zum 40. Jubiläum, nachdem das rot-grüne Projekt ebenso plötzlich endete, wie es begonnen hatte, das Pendel erneut umschlagen würde. Sicherlich, die Massenmedien gaben sie alle erdenkliche Mühe: Am 30. Januar platzierte die Frankfurter Rundschau, die ansonsten in den folgenden Monaten am eifrigsten Archivmaterial zu 68 abdrucken sollte, ein Pamphlet, welches wortmagisch die 68er Bewegung mit der nationalsozialistische Bewegung wild zu assoziieren versuchte, das war, als hätte jemand den Kampfbegriff „Systemzeit“ für die 1920er Jahre mit Luhmanns Soziale Systeme identifizieren wollen.

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Erschienen in
Berliner Debatte 5 | 2008
Neunzehnhundertachtundsechzig
109 Seiten

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